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Mr. Shivers

Mr. Shivers

Titel: Mr. Shivers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jackson Bennett
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Sheriff sah ihn eine lange Weile an, dann bückte er sich, hob den Revolver auf und hielt ihn Connelly an den Kopf. Die Mündung bohrte sich in die Haut hinter seinem Ohr; er fühlte, wie sie an seinem Schädelknochen schabte, fühlte die Hand des Sheriffs vor Wut zittern, fühlte Pikes und Roosevelts ungläubige Blicke. Er schloss die Augen und wartete darauf, dass der verstandlose Metallklumpen in seinen Kopf eindrang und alles, was ihn ausmachte, auf der anderen Seite auf den Zementboden hinausspritzen ließ, um es dann den Abfluss hinunterzuspülen, zusammen mit all dem, was in diesem Raum noch sein Ende gefunden hatte.
    »Sag das noch einmal, mein Junge«, befahl der Sheriff leise. »Sag das bloß noch einmal.«
    Connelly schwieg.
    »Sag es!«
    Er rührte sich trotzdem nicht. Der Sheriff ließ den Revolver nach unten sacken, dann ging er um Connelly herum und drückte die Mündung von unten gegen sein Kinn, damit er gezwungen war, ihm ins Gesicht zu sehen. »Er sagt, dass ich dich nicht töten kann«, meinte der Sheriff. »Weißt du das? Ich sagte, weißt du das?«
    »Nein«, erwiderte Connelly.
    »Was hältst du davon?«
    »Ich … ich würde sagen, das ist sehr freundlich von ihm«, antwortete er verwirrt.
    »Nein!«, brüllte der Sheriff und schlug ihn mit dem Kolben, hielt ihm dann wieder die Mündung unter das Kinn. »Das ist es nicht. Der Mithrasmann sagt … er sagt, dich könne man nicht töten, mein Junge. Als würde es nicht funktionieren, selbst wenn ich es versuche. Glaubst du, das stimmt?«
    »Nein«, sagte Connelly ehrlich.
    »Nein«, wiederholte der Sheriff. »Nein. Ich auch nicht. Ich glaube nichts davon, mein Junge.« Er nahm die Waffe zurück, musterte sie. Wischte ein paar Blutstropfen ab. »Nicht das Geringste. Reynolds?«
    »Ja?«, sagte der junge Mann.
    »Schaff diese Männer hier weg. Sorg dafür, dass die Zelle des großen Burschen ordentlich vorbereitet wird.« Seine Konzentration blieb auf den Revolver gerichtet, er putzte ihn immer wieder. »Ordentlich vorbereiten, hast du gehört? Macht es ja richtig.«
    »Jawohl, Sheriff«, sagte der junge Mann und öffnete die Tür.

NEUNZEHN
    Keine zehn Minuten später warf man Connelly wieder in seine Zelle. Er kontrollierte Wände, Decke und Boden. Was hatten sie nur damit gemeint, seine Zelle ordentlich vorzubereiten? Sie erschien ihm genauso feucht und unbequem wie zuvor. Sein Erbrochenes lag noch immer in der Ecke.
    Allerdings war sie doch irgendwie anders. Das Licht fühlte sich anders an, als hätte sich die Lichtquelle verändert, aber Connelly konnte sehen, dass das Sonnenlicht noch immer durch das Fenster strömte. Dennoch erschien es fettiger und öliger, wie durch Unrat verdrecktes Wasser. Er verwarf den Gedanken. Sicherlich stand einem Mann, der in den vergangenen Tagen so oft geschlagen worden war wie er, eine gewisse Desorientierung zu. Davon abgesehen war ihm übel. Ein ständiges Klingeln dröhnte in seinen Ohren, das nicht aufhören wollte. Vielleicht hatte er einen bleibenden Schaden davongetragen.
    »Connelly?«, fragte Peachys Stimme durch die Lücke in der Wand.
    »Ja?«
    »Haben Sie dich verprügelt?«
    »Ja.«
    »Oh«, sagte Peachy. »Ich wurde auch manchmal verprügelt. Aber nicht sehr oft.«
    »Wann lassen sie dich hier raus?«
    »Das haben sie nicht gesagt. Ich glaube nicht, dass jemand weiß, dass ich hier drinnen bin. Ausgenommen vielleicht ein paar der anderen Deputies, und ich glaube nicht, dass die das interessiert.«
    »Mein Gott«, sagte Connelly. Noch nie zuvor in seinem Leben hatte er sich so elend und allein gefühlt. Bis jetzt hatte er alles ertragen, was nötig war, aber in diesem Augenblick stürzten all die einsamen Tage und die Nächte voller Angst auf einmal auf ihn ein. Er krümmte sich zusammen und drückte sich in die Ecke.
    »Was hältst du von dem Sheriff?«, fragte Peachy.
    »Nicht viel.«
    »Vor dir war ein Mann in dieser Zelle. Wusstest du das? Er hat die Holzsplitter weggerissen, damit er mit mir reden konnte. Kannst du sehen, ob er irgendwelche Schnitzereien hinterlassen hat? Egal was!«
    »Nein.« Zum ersten Mal wünschte sich Connelly, Peachy würde die Klappe halten. Aus dem Klingeln in seinen Ohren war ein schrilles Jaulen geworden.
    »Er war alt und völlig verrückt. Ich weiß nicht, wie lange er dort eingesperrt war. Manchmal wünschte ich mir beinahe, er hätte diesen Spalt nicht geöffnet. Nachts saß er einfach davor und flüsterte mir zu. Er sagte die schrecklichsten Dinge. Dinge

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