Mrs. Alis unpassende Leidenschaft
verkaufen, können wir wesentlich mehr herausholen.«
»Vielleicht mache ich selbst euch ein angemessenes Angebot«, sagte der Major. Er war nicht sicher, dass es überzeugend klang. In seinem Kopf kreisten bereits die Zahlen, und er hätte im Augenblick nicht gewusst, wie er eine beträchtliche Summe Bargeld erübrigen könnte. Er lebte zwar sehr gut von seinem Ruhegehalt, von ein paar Geldanlagen und der Jahresrente, die seine Großmutter väterlicherseits ihm vererbt hatte und die, wie er zugeben musste, nicht als Teil des elterlichen Vermögens behandelt worden war. Dennoch würde er das Risiko, seine Ersparnisse anzugreifen, nur im äußersten Notfall eingehen. Sollte er eine kleine Hypothek auf das Haus erwägen? Schon allein der Gedanke ließ ihn erschaudern.
»Ich kann unmöglich Geld von dir annehmen«, erklärte Marjorie. »Niemals.«
»Nun, wenn das so ist …«
»Wir müssen einfach clever sein und den höchsten Preis erzielen, den wir kriegen können«, sagte Marjorie.
»Ich finde, wir sollten Auktionshäuser anrufen und das Gewehr schätzen lassen«, fügte Jemima hinzu.
»Hört mir doch bitte …«, sagte der Major.
»Deine Großmutter hat mal bei Sotheby’s eine Teekanne verkauft«, berichtete Marjorie ihrer Tochter. »Sie hatte das Ding immer gehasst – sie war sehr wählerisch –, und dann stellte sich heraus, dass es Meißen war, und sie bekam einen ganz schönen Batzen dafür.«
»Allerdings muss man dann natürlich noch die Kommission und das alles zahlen«, wandte Jemima ein.
»Die Churchills meines Vaters werden nicht bei einer öffentlichen Versteigerung zum Verkauf angeboten wie irgendwelche Maschinen aus einer bankrotten Farm«, erklärte der Major bestimmt. »Der Name Pettigrew wird nicht in einem Verkaufskatalog stehen.«
Lord Dagenham ließ hin und wieder in aller Seelenruhe Teile seines väterlichen Erbes versteigern. Im vergangenen Jahr war ein Schreibtisch aus der Zeit Georges II . mit Eibenintarsien zu Christie’s gebracht worden. Der Major hatte im Club höflich zugehört, als Lord Dagenham mit dem Rekordpreis prahlte, den ein russischer Sammler gezahlt hatte, aber insgeheim hatte ihn die Vorstellung, wie der breite Schreibtisch mit den dünnen, geschwungenen Beinen, in eine mit Klebeband zusammengehaltene alte Filzdecke gehüllt, hochkant in einem gemieteten Möbelwagen stand, tief erschüttert.
»Was schlägst du dann vor?«, wollte Marjorie wissen.
Am liebsten hätte der Major vorgeschlagen, die beiden sollten sich zum Teufel scheren, aber er unterdrückte das Verlangen, ihnen das zu sagen. Er dämpfte die Stimme, bis sie jenen Klang annahm, der sich zur Besänftigung von großen Hunden und kleinen, wütenden Kindern eignete.
»Ich würde vorschlagen, dass ihr mir Gelegenheit gebt, mich ein bisschen umzuhören«, sagte er aufs Geratewohl. »Ich habe nämlich vor kurzem einen sehr wohlhabenden amerikanischen Waffensammler kennengelernt. Vielleicht lasse ich ihn einen Blick auf die Gewehre werfen.«
»Einen Amerikaner?«, fragte Marjorie. »Wie heißt er?«
»Ich glaube kaum, dass dir der Name etwas sagt. Er ist … Industrieller.« Das klang eindrucksvoller als ›Bauunternehmer‹.
»Hört sich an, als könnte das was werden.«
»Ich müsste mir Berties Gewehr natürlich vorher ansehen. Es wird wohl einiges daran zu machen sein, befürchte ich.«
»Wir sollen dir das Gewehr jetzt also einfach so geben, ja?«, fragte Jemima.
»Das wäre wohl das Beste«, antwortete der Major, ohne auf ihren Sarkasmus einzugehen. »Ihr könnt es natürlich auch einschicken und vom Hersteller instand setzen lassen, aber die haben gepfefferte Preise. Ich dagegen bin in der Lage, eigenhändig eine völlig kostenlose Restaurierung vorzunehmen.«
»Das ist sehr lieb von dir, Ernest«, sagte Marjorie.
»Es ist das mindeste, was ich für dich tun kann. Bertie hätte nichts anderes erwartet.«
»Wie lange würde das dauern?«, fragte Jemima. »Bei Christie’s findet nächste Woche eine Waffenauktion statt.«
»Tja, wenn ihr über fünfzehn Prozent Kommission zahlen wollt und euch mit dem zufriedengebt, was der Auktionssaal an diesem Tag zu bieten hat … Ich persönlich könnte mein Gewehr nicht den Launen des Markts aussetzen.«
»Ich finde, Ernest sollte das erledigen«, sagte Marjorie.
»Zufälligerweise nehme ich nächsten Monat an einer Jagd bei Lord Dagenham teil«, fuhr der Major fort. »Bei dieser Gelegenheit könnte ich meinem amerikanischen Freund die beiden
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