Mrs. Alis unpassende Leidenschaft
Flinten vorführen.«
»Wie viel will er denn zahlen?«, fragte Jemima und bewies damit, dass der Hang ihrer Mutter, Gelddinge öffentlich zu bereden, generationenübergreifend war. Garantiert würde der kleine Gregory als Erwachsener nie das Preisschild von seinen Kleidungsstücken abschneiden und den Aufkleber des Herstellers an der Windschutzscheibe seines deutschen Sportwagens kleben lassen.
»Das, meine liebe Jemima, ist ein heikles Thema, mit dem wir uns am besten erst beschäftigen, nachdem die Gewehre so vorteilhaft wie möglich präsentiert wurden.«
»Es soll für uns also mehr rausspringen, nur weil du den ganzen Tag im Schlamm Moorhühner schießt?«
»Enten, liebe Jemima, Enten.« Der Major schmunzelte kurz, um nur ja nicht zu erwartungsvoll zu wirken. Er war sich schon fast sicher, den Kampf zu gewinnen. In den beiden Augenpaaren funkelte eine gewaltige Gier. Einen Moment lang verstand er den Nervenkitzel, den ein guter Trickbetrüger verspüren musste. Vielleicht hatte er ja das Zeug dazu, alten Damen weiszumachen, sie hätten in der australischen Lotterie gewonnen, oder sie dazu zu bringen, dass sie zur Freigabe nigerianischer Bankkonten Geld überwiesen. Die Zeitungen waren voll von solchen Berichten, und er hatte sich oft über die Leichtgläubigkeit der Menschen gewundert. Aber hier und jetzt – so nah, dass er schon das Waffenöl roch – bestand die Chance, Berties Gewehr ins Auto zu laden und wegzufahren.
»Es ist einzig und allein eure Entscheidung, meine Damen«, sagte er und zupfte in Vorbereitung auf seinen Abgang am Jackensaum herum. »Ich kann keinerlei Nachteile für euch erkennen, wenn ich das Gewehr restauriere und es dann einem der reichsten Waffensammler der Vereinigten Staaten ermögliche, die beiden Flinten in der passenden Kulisse einer formellen Jagdgesellschaft zu erleben.« Er sah es schon vor sich: die anderen Männer, die ihn beglückwünschten, während er bescheiden abstritt, die größte Beute des Tages gemacht zu haben. »Ich glaube, der Hund hat sich geirrt und Ihren wunderschönen Wilderpel für meinen gehalten, Lord Dagenham«, würde er sagen, und Dagenham würde den Erpel natürlich nehmen, obwohl er genau wüsste, dass er auf das Konto von Pettigrews überragenden beiden Churchills ging.
»Glaubst du, er würde bar bezahlen?«, fragte Jemima und forderte damit wieder seine ganze Aufmerksamkeit.
»Ich könnte mir vorstellen, dass ihn das Gepränge dieser Veranstaltung so überwältigt, dass er uns jede Summe zahlt, die wir nennen – in bar oder in Goldbarren. Es könnte aber auch anders kommen. Ich kann da nichts versprechen.«
»Gut, dann versuchen wir’s«, sagte Marjorie. »Ich will so viel wie möglich dafür. Ich möchte im nächsten Winter eine Kreuzfahrt unternehmen.«
»Ich rate dir, nichts zu übereilen, Marjorie«, erwiderte der Major. Jetzt zockte er – riskierte allein aus Lust am Spiel den Preis, den er eigentlich schon in der Tasche hatte.
»Nein, nein, du musst das Gewehr mitnehmen und es dir ansehen, für den Fall, dass es doch eingeschickt werden muss«, entgegnete Marjorie. »Wir dürfen keine Zeit verschwenden.«
»Es steht im Stiefelschrank bei den Cricketschlägern«, sagte Jemima. »Ich hole es schnell.«
Der Major beteuerte sich selbst, dass er im Großen und Ganzen die Wahrheit gesagt hatte. Er würde Ferguson die Gewehre zeigen, obgleich er nicht die geringste Absicht hatte, sie ihm zu verkaufen. Überdies war wohl kaum von ihm zu erwarten, dass er bei Leuten, die ein edles Jagdgewehr im hintersten Eck eines Schuhschranks aufbewahrten, moralisch einwandfrei vorging. Er entschied sich, es so zu sehen, als hätte er einen jungen Hund vor einem brutalen Schrotthändler gerettet.
»Bitte schön.« Jemima hielt das in eine Bettdecke gewickelte Gewehr auf ihn gerichtet. Er nahm es ihr ab, tastete nach dem dicken Schaft und senkte das Laufende zu Boden.
»Danke«, sagte er, als hätten ihm die beiden Frauen ein Geschenk überreicht. »Vielen, vielen Dank.«
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Achtes Kapitel
E in Plausch bei einer Tasse Tee – mehr würde es nicht sein. Während der Major auf den Tritthocker stieg, um das oberste Fach des Geschirrschranks besser überblicken zu können, tadelte er sich dafür, dass er um die Gestaltung des Nachmittags ein Getue machte wie eine alte Jungfer. Er war entschlossen, Mrs. Alis Besuch locker zu nehmen. Ganz direkt hatte sie ihn am Telefon gefragt, ob er am Sonntag Zeit habe, um ihr seine Ansichten über das
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