Mrs Murphy 01: Schade, dass du nicht tot bist
Steine, Schutt, Beton. Armer Claudius. Ich würde mir um ihn mehr Sorgen machen, wenn er zurückkehrte, als um Thomas Jefferson. Stellen Sie sich vor, Sie kommen zurück und sehen Ihr Lebenswerk, ein Meisterwerk der Ingenieurskunst, versiegelt und vergessen.«
»Lassen Sie uns nach der Arbeit hingehen.«
»Gut. Machen wir.«
In diesem Augenblick betraten Mim, Little Marilyn und ihre ständige Begleiterin das Gebäude. Josiah folgte ihnen, wie ein gut gepflegter Terrier, auf dem Fuße.
Mutter und Tochter, zwischen denen offensichtlich dicke Luft herrschte, verbreiteten ihre gedrückte Stimmung im ganzen Raum. Josiah sortierte unauffällig seine Post am Schalter, während die Frauen in leisem Ton miteinander sprachen.
Der leise Ton explodierte jäh, als Mim Little Marilyn die Post aus der Hand riss. »Die nehme ich.«
»Ich kann die Post genauso gut sortieren wie du.«
»Du bist zu langsam.« Mim blätterte hektisch die Post durch. Die Postkarte drang kaum in ihr Bewusstsein. Sie hielt nach etwas anderem Ausschau.
»Mutter, gib mir meine Post!«
Josiah las seine Postkarte. Dolley Madisons Grabmal. Er lächelte Harry an. »Ist das ein Scherz von dir?«
»Ich geb dir gleich deine Post.« Die Sehnen an Mims Hals traten hervor.
Little Marilyn, das Gesicht purpurrot, schlug ihrer Mutter mit dem Handrücken auf die Hände, und die Post flog durch die Gegend. Mrs Murphy sprang auf den Schalter, um zuzusehen, Pewter desgleichen. Tucker bettelte hinter dem Schalter, nach vorne gelassen zu werden, und Harry öffnete ihr die Tür. Sie setzte sich neben die Frankiermaschine und sah zu.
»Ich weiß, wonach du suchst, Mutter, und du wirst es nicht finden.«
Mim heuchelte Selbstbeherrschung und bückte sich, um die Antworten auf die Hochzeitseinladungen aufzuheben. Josiah ließ seine Post auf dem Schalter liegen und trat zu ihr. »Möchtest du nicht ein wenig frische Luft schnappen, Mim? Ich heb das auf.«
»Ich brauche keine frische Luft. Ich brauche eine neue Tochter.«
»Schön. Dann hättest du gar kein Kind mehr«, schrie Little Marilyn sie an. »Du suchst nach einem Brief von Stafford. Du wirst keinen finden, Mutter, weil ich ihm nicht geschrieben habe.« Little Marilyn machte eine Pause, um Atem zu holen und um der dramatischen Wirkung willen. »Ich habe ihn angerufen.«
»Was hast du?« Mim sprang so schnell auf, dass ihr das Blut aus dem Kopf wich.
»Mim, Liebling -« Josiah suchte sie zu beruhigen. Sie stieß ihn weg.
»Du hast richtig gehört. Ich habe ihn angerufen. Er ist mein Bruder, und ich liebe ihn, und wenn er nicht zu meiner Hochzeit kommt, dann kommst du auch nicht. Ich bin diejenige, die heiratet, nicht du.«
»Wag es ja nicht, so mit mir zu sprechen.«
»Ich spreche mit dir, wie’s mir passt. Ich habe immer alles getan, was du von mir verlangt hast. Ich habe die richtigen Schulen besucht. Ich habe die geeigneten femininen Sportarten getrieben, du weißt schon, Mutter, die, bei denen man nicht schwitzt. Entschuldige – glüht. Ich habe die richtigen Freundinnen gehabt. Ich kann sie nicht ausstehen! Sie sind langweilig. Aber sie sind, comme il faut. Ich heirate den richtigen Mann. Wir werden zwei blonde Kinder haben, und sie werden die richtigen Schulen besuchen, den richtigen Sport betreiben bis zum Überdruss. Ich steige runter von dem Karussell. Jetzt. Wenn du draufbleiben willst, schön. Du wirst nicht merken, dass du dich im Kreis drehst, bis du tot bist.« Little Marilyn zitterte vor Wut, die allmählich in Erleichterung und sogar in Glück überging. Sie tat es, endlich. Sie wehrte sich.
Harry, die kaum zu atmen wagte, hätte am liebsten applaudiert. Officer Cooper sprangen fast die Augen aus dem Kopf. So also benahm man sich in der oberen Mittelklasse? Die öffentliche Bloßstellung würde Mim am Ende mehr zusetzen als die bloßgestellten Gefühle.
»Liebling, lass uns das woanders besprechen, bitte.« Josiah nahm sachte Mims Arm. Diesmal ließ sie sich von ihm führen.
»Little Marilyn, wir reden später darüber.«
»Nein. Es gibt nichts zu reden. Ich heirate Fitz-Gilbert Hamilton. Er ist nicht gerade aufregend, aber er ist ein guter Mensch, und ich hoffe von ganzem Herzen, dass wir unsere Sache miteinander gut machen, Mutter! Ich möchte glücklich sein, und sei es nur für einen Tag in meinem Leben. Du bist zu meiner Hochzeit eingeladen. Die Frau meines Bruders wird meine Brautführerin sein.«
»Oh mein Gott.« Mim wurde ohnmächtig.
45
Erst in den Stunden des
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