Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
starrte auf den hellen Schopf über seinem freundlichen Gesicht und hielt es für das Beste, eine entsprechende Bemerkung zu machen.
»Haben Sie beschlossen, als Blondine zu leben, Fitz? Big Marilyn scheint auf Sie abzufärben.«
Mim flog alle sechs Wochen nach New York City, um sich die Haare und Gott weiß was noch machen zu lassen.
»Gestern Abend hat meine Frau nach Durchsicht meiner Jahresalben gefunden, dass ich blond besser aussehe. Was meinen Sie? Haben Blonde mehr Spaß?«
Harry begutachtete den Effekt. »Sie sehen aus wie ein richtiger Schuljunge. Ich glaube, Sie haben Ihren Spaß, egal, welche Haarfarbe Sie haben.«
»In Richmond hätte ich das nicht machen können. In dieser Anwaltskanzlei.« Er legte sich die Hände im Würgegriff um den Hals. »Seit ich meine eigene Kanzlei habe, kann ich tun und lassen, was ich will. Großartiges Gefühl. Ganz abgesehen davon, dass ich jetzt bessere Arbeit leiste.«
»Ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich mich zur Arbeit in Schale werfen müsste.«
»Es wäre noch schlimmer, wenn Sie die Katze und den Hund nicht mit zur Arbeit nehmen könnten«, bemerkte Fitz-Gilbert. »Wissen Sie, ich glaube, der Mensch ist nicht dazu geschaffen, in großen Firmen zu arbeiten. Schauen Sie sich Cabell Hall an, der vor Jahren von der Chase Manhattan Bank zur Allied National gewechselt ist. Nach einer Weile zermürbt die ewige Mühle einer riesigen Firma selbst die fähigsten Leute. Das gefällt mir so an Crozet: Die Stadt ist klein, die Betriebe sind klein, die Leute sind freundlich. Am Anfang wusste ich nicht, wie ich den Umzug von Richmond nach hier verkraften würde. Ich dachte, es könnte langweilig werden.« Er lächelte. »Aber im Umkreis der Sanburnes wird es dem Leben wohl kaum gelingen, langweilig zu sein.«
Harry lächelte zurück, hielt aber wohlweislich den Mund. Fitz-Gilbert ging hinaus, quetschte sein großes Gestell in seinen Mercedes 560 SL und brauste davon. Fitz und Little Marilyn hatten den SL in Perlschwarz, einen weißen Range Rover, einen silbernen Mercedes 420 SL und einen funkelnden Chevy-Halbtonner mit Allradantrieb.
Im Laufe des Tages sank die Temperatur um gut neun auf knapp sieben Grad. Dräuende schwarze Wolken ballten sich auf den Gipfeln der Blue Ridge Mountains zusammen. Es fing an zu regnen, bevor Harry Dienstschluss hatte. Mrs Hogendobber fuhr Harry liebenswürdigerweise nach Hause, obwohl sie sich über Mrs Murphy und Tucker in ihrem Wagen beklagte, einem alten Ford Falcon. Sie beklagte sich auch über den Wagen. Dieses vertraute Thema – Mrs Hogendobber hatte über ihren Wagen gejammert, seit George ihn 1963 gekauft hatte – lullte Harry in einen tranceartigen Halbschlaf.
»… brauche bald vier neue Reifen, und ich frag mich, Miranda, lohnt es sich? Ich denke mir, ich gebe die Karre in Zahlung, und dann gehe ich zum Fordhändler Brady-Bushy und erkundige mich nach den Preisen, und Harry, ich kann Ihnen sagen, mein Herz fängt regelrecht zu rasen an. Wer kann sich ein neues Auto leisten? Also heißt es flicken, flicken und nochmals flicken. Nanu, sieh mal einer an!«, rief sie aus. »Harry, sind Sie wach? Hab ich mit mir selbst gesprochen? Da, gucken Sie mal.«
»Hah?« Harrys Augen folgten Mrs Hogendobbers Zeigefinger.
Ein großes Schild hing an einem neuen Pfosten. Der Hintergrund war jägergrün, das Schild selbst war in Gold eingefasst, und auch die Beschriftung war golden. Ein Fuchs lugte aus seinem Bau. Über diesem realistischen Gemälde stand zu lesen: FOXDEN. Fuchsbau.
»Das muss eine hübsche Stange gekostet haben«, sagte Mrs Hogendobber in missbilligendem Ton.
»Heute Morgen war es noch nicht da.«
»Dieser Bainbridge muss stinkreich sein, wenn er so ein Schild aufstellen kann. Als Nächstes setzt er vielleicht noch Steinwälle, und die billigsten, ich meine die allerbilligsten, die man kriegen kann, kosten dreihundert Dollar pro viertel Kubikmeter.«
»Geben Sie nicht vorschnell sein Geld für ihn aus. Ein hübsches Schild heißt noch lange nicht, dass er überschnappt und sozusagen seine sämtlichen Waren in die Auslage stellt.«
Als sie in die lange Zufahrt einbogen, die zu Harrys Schindelhaus führte, bat Harry Miranda Hogendobber auf eine Tasse Tee herein. Mrs Hogendobber lehnte ab. Sie müsse zu einer Kirchenversammlung, und außerdem wisse sie, dass Harry zu tun habe. Angesichts des steten Temperaturabfalls und der finsteren Wolken, die den Berg hinunterschlitterten wie auf einer pechschwarzen Rodelbahn,
Weitere Kostenlose Bücher