Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
huup, huup, huhh«. Er konnte mit den Lauten nichts anfangen, aber die Hunde wussten, was sie zu tun hatten. Sie schwärmten aus, die Nasen am Boden, die Schwänze gen Himmel gestreckt. Bald schlug eine Hündin namens Streisand tiefkehlig an. Ein weiterer Hund stimmte ein, dann noch einer. Blair lief es kalt über den Rücken, als er den Chor hörte. Das Tier in ihm setzte sich gegenüber seinem hoch entwickelten Verstand durch. Er wollte auch jagen.
Das wollte auch Mrs Hogendobber, die ihn durch ein Handzeichen aufforderte, zu Fuß zu folgen. Mrs H. kannte jeden Zentimeter des westlichen Bezirks. Als begeisterte Anhängerin der Niederjagd konnte sie vorausahnen, wohin es die Hunde treiben würde, und oft fand sie den besten Platz zum Zuschauen. Mrs H. erklärte Blair, die Niederjagd sei der Fuchsjagd sehr ähnlich, nur dass das Jagdwild Kaninchen seien und das Feld zu Fuß folge. Blair gewann einen ganz neuen Respekt vor Mrs Hogendobber, für die selbst die größten Unebenheiten im Boden kein Hindernis darstellten.
Sie erreichten einen großen Hügel, von wo sie ein langes, flaches Tal überblicken konnten. Die Hunde, die der Fuchsspur folgten, rasten über die Wiese. Der Jagdführer, derjenige unter den Treibern, dem es oblag, für Ordnung zu sorgen und das Feld zu dirigieren, führte die Jagd über die erste von einer Reihe Hürden – eine zweiseitige, schräge Palisade, die von beiden Seiten übersprungen werden konnte. Sie war beachtliche 1,70m hoch. Blair deutete auf eine Gestalt, die mühelos über die Palisade setzte. »Ist das Harry?«
»Ja. Susan ist direkt hinter ihr, und Mim liegt nicht weit zurück.«
»Kaum zu glauben, dass Mim die Strapazen der Fuchsjagd auf sich nimmt.«
»Bei ihrem ganzen Getue hat die Frau eine eiserne Kondition. Reiten kann sie.« Mrs Hogendobber verschränkte die Arme. Big Marilyns brauner Wallach schien über die Palisade zu schweben. Er nahm die Hürde ohne jede Anstrengung.
Harry lächelte, als das Tempo sich steigerte. Sie liebte ein zügiges Rennen, trotzdem freute sie sich über das erste Hindernis. Sie hielten an, der Hundeführer leinte die Hunde wieder an, damit sie die Spur neu aufnehmen konnten. Mit Harry im ersten Pulk waren Reverend Herbert Jones, prächtig anzusehen in seinem scharlachroten Jagdrock, Carol, die in ihrer schwarzen Jacke mit dem belgischblauen Kragen und der Reitkappe wie eine Zauberin aussah, Big Marilyn und Little Marilyn, beide in Reitfrack und Zylinder, die Kragen ihrer Fräcke mit ihren Jagdfarben garniert, und Fitz-Gilbert in seinem schwarzen Rock mit Melone. Fitz hatte sich seine Farben noch nicht verdient, deswegen stand es ihm nicht zu, sich mit dem roten Reitrock zu schmücken. Die Gruppe hinter ihnen holte auf, jemand brüllte »Halt!«, und die Nachfolgenden hielten an. Harry sah sich um, und sie verspürte plötzlich eine große Zuneigung für diese Menschen. Wenn sie beide auf dem Boden standen, hätte sie Mim ohrfeigen können, aber zu Pferde blieb der Gesellschaftstyrannin keine Zeit, allen Leuten zu sagen, was sie zu tun hatten.
Nach wenigen Augenblicken hatten die Hunde die Spur wieder aufgenommen; sie gaben Laut und liefen bald darauf auf das zerklüftete Land zu, das einst den ersten Jones gehörte, die sich in dieser Gegend angesiedelt hatten.
An einem wilden Flüsschen entlang verlief eine steile Böschung. Harry hörte die Hunde durchs Wasser platschen. Der Jagdführer machte die beste Stelle zum Durchwaten aus, die zwar tief war, aber guten Halt bot. Andernfalls müsste man Felsen hinunterrutschen, oder man blieb im Morast stecken. Die Pferde bahnten sich einen Weg hinunter zum Fluss. Harry, die als eine der Ersten am Fluss anlangte, sah, wie das Pferd eines Treibers plötzlich bis zum Bauch versank. Rasch zog sie die Beine über den Sattel, gerade im richtigen Augenblick. Hinter ihr fluchte Fitz-Gilbert, der nicht so fix gewesen war und nun nasse Füße hatte.
Zum Ärgern war keine Zeit, denn am anderen Ufer angekommen, stürmte das Feld den Hunden nach. Susan, die unmittelbar hinter Harry ritt, rief: »Da vorne, der Zaun. Scharf nach rechts, Harry!«
Harry hatte vergessen, wie tückisch dieser Zaun war. Es war wie bei einer zu kurz geratenen behelfsmäßigen Landebahn für Flugzeuge. Man musste nach der Landung sofort wenden, andernfalls krachte man in die Bäume. Tomahawk glitt mühelos über den Zaun. In der Luft und beim Aufsetzen gab Harry Druck mit dem linken Schenkel und ließ den rechten Zügel locker, indem
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