Mrs Murphy 02: Ruhe in Fetzen
irgendwo eine Kreditkarte benutzt, werden wir’s erfahren. Versuchen Sie, ruhig zu bleiben, und glauben Sie mir, wir werden alles tun, was in unserer Macht steht.«
Vor der Haustür ließ Rick eine Zigarette fallen; sie zischte im Schnee.
Cooper sah zu, wie der Schnee um die heiße Glut schmolz. »Tja, sieht so aus, als wüssten wir, wer Ben Seifert umgebracht hat. Weshalb wäre er sonst getürmt?«
»Verdammt noch mal, wir werden es rauskriegen.« Er trat auf die erloschene Zigarette. »Coop, nichts passt zusammen. Gar nichts!«
51
Harry wunderte sich, wo Mrs Hogendobber blieb, die sonst immer übertrieben pünktlich war. Sich eine halbe Stunde zu verspäten, das passte einfach nicht zu ihr. Die Postsäcke verstopften das Postamt, und Harry geriet in Rückstand. Normalerweise wäre Harry zu Miranda nach Hause gegangen. Weil aber Weihnachtszeit war, telefonierte sie herum. Niemand hatte Miranda gesehen.
Als die Hintertür aufging, überkam Harry eine Welle der Erleichterung. Der Emotionsstrom kam augenblicklich zum Erliegen, als Mrs Hogendobber ihr die Neuigkeit mitteilte.
Fünfzehn Minuten nach Mirandas Ankunft – eine halbe Stunde bevor die Türen für den Publikumsverkehr geöffnet wurden – klopfte Rick Shaw an die Hintertür.
Er ging zwischen den Postsäcken hindurch zum Schalter, warf einen Blick auf das Bild von dem rekonstruierten Kopf. »Von wegen, hilfreich. Kein Pieps! Kein Hinweis! Null!« Er schlug mit der Hand auf den Schalter, worauf Mrs Murphy aufsprang und Tucker zu bellen anfing.
»Schscht, Tucker«, gebot Harry dem Hund.
Rick schlug sein Notizbuch auf. »Mrs Hogendobber, ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen. Nicht nötig, Mrs Hall noch mehr aufzuregen.«
»Ich bin gerne behilflich.«
Rick sah Harry an. »Sie können ruhig dableiben. Sie wird Ihnen sowieso alles erzählen, sobald ich draußen bin.« Er zückte seinen Bleistift. »Ist Ihnen an Cabell Halls Verhalten irgendetwas Ungewöhnliches aufgefallen?«
»Nein. Ich glaube, er ist überanstrengt, aber er war nicht gereizt oder so was.«
»Haben Sie eheliche Spannungen bemerkt?«
»Hören Sie mal, Rick, Sie wissen genau, dass Florence und Cabby eine vorbildliche Ehe führen. Kommen Sie mir nicht mit solchen Fragen.«
Rick klappte sein Notizbuch zu. Verärgerung, Enttäuschung und Erschöpfung prägten seine Gesichtszüge. Er sah alt aus heute Morgen. »Verdammt, Miranda, ich tu, was ich kann!« Er riss sich zusammen. »Verzeihung. Ich bin völlig aufgelöst. Ich hab noch kein einziges Weihnachtsgeschenk für meine Frau und meine Kinder gekauft.«
»Kommen Sie, setzen Sie sich.« Harry lotste den genervten Mann an einen kleinen Tisch im Hintergrund. »Wir haben Kaffee von Miranda und ein paar Muffins.«
Er zögerte, dann zog er sich einen Stuhl heran. Mrs Hogendobber schenkte ihm Kaffee ein, mit Milch und zwei Stück Zucker. Nach ein paar Schlucken ging es ihm etwas besser. »Ich möchte nicht unverschämt sein, aber ich muss alle Aspekte prüfen, das wissen Sie.«
»Ja, das wissen wir.«
»Schön, dann sagen Sie mir, woher eine Ehefrau weiß, was ihr Mann tut, wenn sie schläft.«
Miranda leerte ebenfalls eine Tasse Kaffee. »Sie weiß es nicht. Mein George hätte nachts nach Richmond und zurück fahren können, ich habe so einen festen Schlaf, aber man weiß nun mal bestimmte Dinge über seinen Partner und über andere Leute. Cabell war Taxi treu. Sein Verschwinden hat nichts mit einer Affäre zu tun. Und woher sollen wir wissen, dass er den Brief aus freien Stücken geschrieben hat?«
»Wissen wir nicht«, bestätigte Rick. Danach blieb es lange still.
»Ich muss Ihnen was gestehen.« Harry schluckte und erzählte Rick von dem verbogenen Ohrring.
»Harry, ich könnte Ihnen den Hals umdrehen! Ich muss sofort los.«
»Wohin wollen Sie?«, fragte Harry unschuldig.
»Was glauben Sie denn, Sie Schwachkopf? Zu Little Marilyn. Hoffentlich komme ich noch rechtzeitig, bevor sie den Ohrring nach New York schickt. Wenn Sie noch mal so einen Murks machen, zieh ich Ihnen das Fell über die Ohren! Verstanden?«
»Ja«, sagte eine kleinlaute Stimme.
Rick stürmte aus dem Postamt.
»Mannomann, ich glaube, bei dem bin ich unten durch«, flüsterte Harry.
Rick öffnete die Tür und brüllte den beiden zu: »Ach ja, und dass Sie mir keine fremden Geschenke auspacken.« Er knallte die Tür wieder zu.
»Was soll das denn heißen?« Mrs Hogendobber trat gegen einen Postsack. Sie bereute es im selben Augenblick; denn
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