Mrs Murphy 03: Mord in Monticello
haben.«
»Wieso Nacht?«, fragte Cynthia.
»Dies waren Sklavenquartiere. Die Bewohner dürften tagsüber gearbeitet haben, oder?«
»Nicht schlecht, Harry.« Rick stand auf, seine Knie knackten. »Kimball, wer hat hier gewohnt?«
»Vor dem Brand war es Medley Orion«, lautete die prompte Antwort. »Wir wissen nicht viel über sie, nur dass sie zur Zeit des Brandes etwa zwanzig Jahre alt war.«
»Und nach dem Brand?«, fragte Rick weiter.
»Wir wissen nicht, ob Medley danach wieder in dieses Quartier gezogen ist. Aber wir wissen, dass sie noch hier … beschäftigt war, weil ihr Name in den Aufzeichnungen auftaucht«, sagte Kimball.
»Wissen Sie, welche Art von Arbeit sie gemacht hat?«, fragte Cynthia.
»Sie war offenbar eine ziemlich talentierte Näherin.« Kimball trat zu ihnen in die Grube, aber erst, nachdem Tucker ihn um einen Leckerbissen erleichtert hatte. »Besucherinnen ließen oft Stoffe da, um sich von Medley etwas schneidern zu lassen. Medleys Fähigkeiten sind in den Briefen erwähnt, die verschiedene Damen an Mr Jefferson geschrieben haben.«
»Hat Jefferson Geld dafür bekommen?«, fragte Rick unschuldig.
»Du lieber Himmel, nein!«, rief Oliver von den Verpflegungskörben herüber. »Medley wurde direkt bezahlt, entweder mit Geld oder mit Naturalien.«
»Konnten Sklaven denn unabhängig von ihren Herren Geld verdienen?«, fragte Cynthia. Diese Vorstellung warf ein neues Licht auf die Zustände auf einer Plantage.
»Ja, das konnten sie, und solche Nebenverdienste waren sehr begehrt. Einige sehr fleißige oder vom Glück begünstigte Sklaven haben sich so den Weg in die Freiheit erkauft. Medley leider nicht«, sagte Oliver. »Aber sie scheint ein ganz gutes Leben gehabt zu haben«, fügte er beschwichtigend hinzu.
»Haben Sie eine Ahnung, wann dieser Mann in die Grube gefahren ist – im wahrsten Sinne des Wortes?« Harry konnte sich die Frage nicht verkneifen.
Kimball bückte sich und hob ein paar Münzen auf. »Keine Sorge, wir haben alles fotografiert, aus diversen Winkeln und Höhen, und die ursprüngliche Lage in unser Raster eingezeichnet – es ist alles in Ordnung.« Kimball beteuerte allen, dass die Untersuchungen den Fortschritt seiner archäologischen Arbeit nicht gefährdeten. »Wir können nur mit Bestimmtheit sagen, dass es nicht vor 1803 gewesen sein kann. Das ist die Jahreszahl, die auf einer Münze in der Tasche des Toten eingraviert ist.«
»Der Erwerb von Louisiana«, verkündete Mrs Hogendobber laut.
»Vielleicht war dieser Mann gegen den Erwerb. Ein politischer Feind Thomas Jeffersons«, scherzte Rick.
»Das dürfen Sie nicht mal denken. Nicht einen Augenblick. Und schon gar nicht auf so heiligem Boden.« Oliver holte tief Luft. »Egal, was hier passiert ist, ich bin überzeugt, dass Jefferson nicht die leiseste Ahnung davon hatte. Warum hätte sich der Mörder sonst solche Mühe gemacht, die Leiche loszuwerden?«
»Das tun die meisten Mörder«, erklärte Cynthia.
Rick entschuldigte sich: »Verzeihung, Oliver. Es lag nicht in meiner Absicht anzudeuten, dass …«
»Schon gut, schon gut.« Oliver lächelte wieder. »Wir sind einfach überdreht, Sie wissen ja, am 13. April ist Jeffersons 250. Geburtstag, und wir wollen nicht, dass die Feiern durch irgendwas verdorben werden, dass irgendwas die Aufmerksamkeit von Jeffersons Leistungen und seinem Weitblick ablenkt. Etwas wie das hier könnte die Feierlichkeiten, nun ja, sagen wir, aus dem Gleichgewicht bringen, nicht?«
»Ich verstehe.« Rick meinte es ehrlich. »Aber ich wurde zum Sheriff gewählt, um den Frieden zu bewahren, wie Sie wissen, und der Frieden ist hier gestört worden, vielleicht um 1803 herum. Wir werden das Alter der Leiche natürlich mit der Radiokarbonmethode bestimmen. Oliver, es liegt in meiner Verantwortung, dieses Verbrechen aufzuklären. Wann es begangen wurde, ist für mich unerheblich.«
»Heute ist bestimmt keiner mehr in Gefahr. Sie sind alle« – er beschrieb mit der Hand einen Bogen – »tot.«
»Ich möchte nicht, dass der Erbauer dieses Anwesens sagen könnte, ich vernachlässigte meine Pflichten.« Rick biss fest die Zähne zusammen.
Harry lief es kalt den Rücken hinunter. Sie kannte den Sheriff als einen starken Mann, einen ergebenen Staatsdiener, aber als er das sagte, als er seine Schuld gegenüber dem Mann bekannte, der die Unabhängigkeitserklärung verfasst hatte, dem Mann, der den Sinn der Amerikaner für Architektur und bildende Kunst geschärft hatte, dem Mann, der
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