Mrs Murphy 03: Mord in Monticello
ist. In seltenen Momenten ergeben sich Meditationen über geistige Themen. Aber das Rückgrat, der Pulsschlag, die Antriebskraft jeglichen Austausches, das war und ist der Klatsch und wird es immer bleiben.
Heute schwoll der Klatsch mächtig an.
Mrs Hogendobber holte sich ihre Zeitung, kaum dass der Zeitungsjunge sie in die dafür vorgesehene Plastikröhre gesteckt hatte. Das war morgens um sechs. Sie wusste, dass Harrys verblasster roter Briefkasten 800 Meter von ihrem Haus entfernt an einen Zaunpfosten genagelt war. Meistens nahm Harry die Zeitung auf dem Weg zur Arbeit heraus, also würde sie sie jetzt noch nicht gelesen haben.
Mrs H. griff nach dem schwarzen Telefon, das ihr seit 1954 gute Dienste leistete. Als besonders hellhöriger Mensch konnte man vom Klick, Klick, Klick der sich zurückdrehenden Wählscheibe die Nummern ableiten.
»Harry, Wesley Randolph ist heute Nacht gestorben.«
»Was? Ich dachte, Wesley ginge es viel besser.«
»Es war ein Herzanfall.« Sie klang gelassen. Sie hatte mittlerweile so viele Menschen aus diesem Leben scheiden sehen, dass sie es mit Fassung tragen konnte. Wesley hatte seit Jahren gegen seine Leukämie angekämpft. Er hatte keinen langsamen, qualvollen Tod sterben wollen. Wenigstens der war ihm erspart geblieben. »Jemand auf dem Gestüt muss, unmittelbar nachdem es passiert ist, die Presse informiert haben.«
»Ich hab Warren erst Sonntagnachmittag gesehen. Danke, dass Sie mir Bescheid gesagt haben. Ich muss nach der Arbeit meinen Beileidsbesuch abstatten. Bis später.«
Nun fällt es zwar nicht unter die Kategorie Klatsch, wenn man einer Freundin vom Tod eines Freundes erzählt, doch während der Arbeit an diesem Tag watete Harry förmlich im Klatsch.
Die Erste, die Harry und Mrs Hogendobber über die wahre Geschichte aufklärte, war Lucinda Coles. Es traf sich gut, dass Mim Sanburne gerade ihre Post abholte, sodass sie sich gegenseitig ergänzen konnten.
»- überall.« Lucinda holte mitten in ihrer Geschichte über Ansley Randolph tief Luft. »Warren blieb in seiner Verzweiflung schließlich nichts anderes übrig, als die Ladenbesitzer anzurufen und zu fragen, ob Ansley auf ihrer Runde zufällig vorbeigekommen war. Er konnte sie nirgends finden. Er hat mich angerufen, und ich sagte ihm, ich wüsste nicht, wo sie ist. Ich hatte natürlich keine Ahnung, dass der Vater von dem Ärmsten in der Bibliothek tot umgefallen war.«
Mim legte eine Trumpfkarte auf den Tisch. »Ja, mich hat er auch angerufen, und wie du, Lulu, hatte ich keine Ahnung, aber ich hatte Ansley gegen fünf Uhr nachmittags bei ›Aus aller Herren Länder‹ getroffen. Sie kaufte gerade eine Flasche teuren Rotwein, einen 1970er Medoc Château le Trelion. Sie wirkte erschrocken, als sie mich sah, fast so, als hätte ich sie bei etwas ertappt … ihr wisst schon.«
»Ah-ha!« Lucinda nickte, so wie alle Frauen nicken, die grundsätzlich bekräftigen, was eine andere Frau sagt. Natürlich musste die entsprechende Bemerkung der anderen mit Gefühlen zu tun haben, die sich bekanntlich nie genau messen oder charakterisieren lassen – das macht Gefühle ja so interessant. Beide Frauen beugten sich der Tyrannei der erwarteten Gefühle.
»Sie betrügt Warren.«
»Ah-ha!« Lucindas Stimme nahm an Volumen zu, da sie, ein Opfer der Untreue, von deren Nachwirkungen ein Lied singen konnte. »Da kommt nichts Gutes heraus. Da kommt nie etwas Gutes heraus.«
Als die zwei gegangen waren, kam Boom Boom Crayford hereingestürmt. Nach einer eingehenden Diskussion über ihren leichten Schienbeinbruch sagte sie, dass doch jeder mal vom Pfad der Tugend abkomme, da sei doch nichts dabei.
Die Männer packten das Thema anders an. Mark führte Mr Randolphs Ableben auf seine finanzielle Lage und seine Leukämie zurück. Harry mochte kaum glauben, dass ein Mensch einen Herzanfall erlitt, weil sich sein Vermögen aufgrund eigener Machenschaften von 250 Millionen auf 100 Millionen Dollar verringert hatte. Aber alles war möglich. Vielleicht kam er sich ja arm vor.
Fair Haristeen beugte sich über den Schalter. Er war der Meinung, dass das lebenslange Bemühen, alles und jeden zu beherrschen, Wesleys Gesundheit ruiniert habe. Was natürlich traurig sei, denn Randolph sei ein sympathischer Mensch gewesen. In erster Linie aber war Fair daran gelegen, Harry den Film aussuchen zu lassen, den sie sich Freitagabend ansehen wollten.
Ned Tucker, Susans Mann, vertrat die Ansicht, dass wir sterben, wann wir wollen; Papa Randolph sei
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