Mrs Murphy 03: Mord in Monticello
zum Abtreten bereit gewesen, und niemand sollte sich deswegen zu sehr grämen.
Am Ende des Arbeitstages war die Palette von Mutmaßungen komplett. Der letzte Kommentar zu Wesley Randolphs Dahinscheiden, von Rob Collier abgegeben, als er die Nachmittagspost abholte, lautete, der alte Herr habe es mit der Frau seines Sohnes getrieben. Das neue Medikament, das Larry Johnson ihm gegen seine Krankheit verschrieben hatte, habe seine Potenz zu neuem Leben erweckt. Warren habe die beiden beim Stelldichein erwischt, und sein Vater sei an dem durch den Schock ausgelösten Herzanfall gestorben.
Als Harry und Mrs Hogendobber abschlossen, ließen sie den Klatsch des Tages Revue passieren. Mrs Hogendobber warf den Schlüssel in ihre Tasche, atmete tief ein und sagte zu Harry: »Was mögen die wohl über uns sagen?«
Harry feixte. »Klatsch verleiht dem Tod einen neuen Schrecken.«
19
»Weißt du was, wenn ich’s zu Hause nicht mehr aushalte, zieh ich zu dir in den Stall«, verkündete Paddy.
»Nein, das wirst du nicht tun«, rief Simon, das Opossum, vom Heuboden herunter. »Du stiehlst mir meine Schätze. Du taugst nichts. Du bist als Taugenichts geboren und wirst als Taugenichts sterben.«
»Red nicht solchen Quatsch, du zu groß geratene Ratte. Wenn ich deine Meinung hören will, frag ich dich danach.« Paddy putzte eine seiner weißen Gamaschen.
Paddy, ein großer schwarzer Kater, der stets Frack und Gamaschen trug, sah gut aus, und das wusste er auch. Sein weißer Latz glänzte, und so streitsüchtig er war, nach jedem Kampf putzte er sich picobello.
Mrs Murphy saß in der Sattelkammer auf einem Regiestuhl. Paddy saß auf dem Stuhl gegenüber, und Tucker hatte sich auf dem Fußboden ausgestreckt. Simon mochte nicht herunterkommen. Er konnte fremde Tiere nicht ausstehen.
Das letzte Tageslicht warf einen pfirsichrosa Schimmer durch das Fenster. Die Pferde plauderten in ihren Boxen miteinander.
»Ich wünschte, Mom würde nach Hause kommen«, sagte Tucker.
»Sie wird lange in Eagle’s Rest bleiben.« Mrs Murphy wusste, dass dieser Beileidsbesuch sich hinziehen würde, zumal ganz Crozet dort versammelt sein würde.
»Komisch, wie der alte Mann zusammengebrochen ist.« Paddy begann, seine andere Vorderpfote zu putzen. »Sie heben schon sein Grab aus. Ich bin auf meiner Runde über den Friedhof gegangen. Wesleys Platz ist zwischen den Berrymans und den Craigs.«
Tucker ging bis ans Ende des Stalls, dann kam sie zurück. »Der Himmel über den Bergen ist blutrot.«
»Es wird wieder Frost geben heute Nacht«, stellte Paddy fest. »Immer, wenn man denkt, es wird Frühling.«
»Die Tage werden schon wärmer«, bemerkte Mrs Murphy. »Dr. Craig. War das nicht Larry Johnsons Partner?«
Paddy erwiderte: »Lange bevor einer von uns geboren war.«
»Lass mich überlegen.«
»Murph.« Tucker stellte sich nachdenklich auf die Hinterbeine und legte die Vorderpfoten auf den Stuhl. »Frag Herbie Jones, der erinnert sich an alles.«
»Wenn die Menschen uns bloß verstehen könnten.« Mrs Murphy machte ein finsteres Gesicht, dann hellte ihre Miene sich auf. »Dr. Jim Craig. 1948 ermordet. Er hat Larry in seine Praxis genommen, genau wie Larry Hayden McIntire hereingenommen hat.«
Paddy starrte seine Exfrau an. Wenn sie sich in eine Idee verrannte, ließ man sie am besten gewähren. Sie zeigte mehr Interesse für Menschen als er.
»Worauf willst du hinaus?«
Die Tigerkatze sah auf ihre Hundegefährtin hinunter. »Paddy sagte, er ist über den Friedhof gegangen. Das Familiengrab der Randolphs liegt zwischen den Berrymans und den Craigs.«
Tucker wanderte unruhig umher. »Noch so ein ungelöster Mordfall.«
»Ach, das ist eine von diesen Spukgeschichten, die sie dir als junges Kätzchen erzählen, um dir Angst einzujagen«, sagte Paddy geringschätzig. »Der alte Dr. Craig wurde in seinem Pontiac gefunden, bei laufendem Motor. Am Friedhofstor haben sie ihn entdeckt. Ja, ja, jetzt erinnere ich mich. Sein Enkel, Jim Craig II., hat vor Jahren versucht, den Fall wieder aufzurollen, aber es ist nichts dabei herausgekommen.«
»Ein Schuss zwischen die Augen«, sagte Mrs Murphy. »Seine Arzttasche wurde gestohlen, aber kein Geld.«
»Diese Stadt ist voll von irren Typen. Da wollte einer allen Ernstes Doktor spielen«, sagte Paddy kichernd.
»1948.« Mrs Murphy besann sich stolz auf die Einzelheiten, die ihre Mutter ihr vor langer Zeit erzählt hatte. »Die ganze Stadt war erschüttert, denn Dr. Craig war bei allen
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