Mrs Murphy 05: Herz-Dame sticht
anfangen, selbst Pferde zu trainieren. Er sagte, er könnte nicht ewig Jockey bleiben.«
»Hm, aber man kann nicht so mir nichts, dir nichts von Jockey auf Trainer umsatteln.« Mickey verschränkte die Arme. »Glaubst du, er war drogensüchtig?«
»Nein.«
»Hast du das dem Sheriff erzählt?«
»Am Ende, ja. Ich sitz ziemlich in der Patsche, weil ich das Kilo in meinem Banksafe deponiert hab.«
»Addie -«
»Na ja, das hab ich ihnen auch erzählt. Sie haben es sichergestellt.«
Mickey kaute auf der Innenseite seiner Lippe. »Was hast du ihnen sonst noch erzählt?«
»Nicht mehr, als ich musste. Hör zu, bloß weil du ein Glücksspieler bist, heißt das noch lange nicht, dass du jemanden umgebracht hast. Es war nicht genug Geld, um jemanden dafür umzubringen.«
»Und was glaubst du?«
»Nie und nimmer.« Sie grinste.
»Ich will dir was sagen, meine Hübsche.« Er hegte fürsorgliche Gefühle für Addie, die ihn stark an Marylou erinnerte. »Wir bräuchten einen Wahrsager, der uns hilft.«
»Wahrsager hat den Eclipse Award gewonnen. Herrje, wenn wir einen Wahrsager hätten, wäre das Leben vollkommen.«
Er lachte. »Du bist zu jung, um dich an das Pferd zu erinnern.«
Ihre Miene verfinsterte sich einen Moment. »Aber in einer Sache habe ich gelogen.«
»Hm?« Alle seine Sinne waren hellwach.
»Nigel hat das Kokain nicht bezahlt. Er sagte, er würde es bezahlen, sobald er es verkauft hätte. Er hat nur ungefähr ein Viertel der Summe bezahlt. Ich hab Sheriff Shaw erzählt, dass Nigel es bezahlt hätte.« Sie hob hilflos die Hände. »Ich weiß nicht, warum ich gelogen habe.«
Er wurde bleich. »Addie!«
»Ich will nicht, dass Linda hinter mir her ist.« Sie wurde rot im Gesicht. »Wenn Linda denkt, dass ich sie verpfiffen hab, he, dann …« Sie brauchte den Gedanken nicht zu Ende zu führen.
Mickey rollte die Schultern vor und zurück. Das tat er immer, um seine Muskeln zu entspannen. »Sie steckt bis obenhin in der Scheiße. Mein Gott, sie wissen, dass sie das Zeug verkauft. Sie ist eine Verdächtige, mit oder ohne deine Hilfe.«
»Verkaufen ist nicht töten. Kommst du zu meiner Geburtstagsparty?« Sie verfiel in Gleichschritt mit ihm.
»Nein.«
»Ich spreche mit Chark.«
»Tu das nicht. Lass es auf sich beruhen, Adelia. Ich wäre bloß ein Spielverderber.«
»Ach bitte, komm doch. Du würdest mir eine Freude machen.« Sie seufzte. »Wäre eine noch größere Freude, wenn Nigel noch bei uns wäre.«
Er klopfte sie auf den Rücken. »Ob du’s glaubst oder nicht, mein Herz, ich weiß, wie dir zumute ist. Es vergeht kein Tag, an dem ich deine Mutter nicht vermisse.« Er machte eine Pause, räusperte sich. »Addie, du bist nicht die Einzige, die dem Sheriff Informationen vorenthalten hat.« Er griff in seine Tasche und legte Adelia das schöne Christopherusmedaillon in die Hand.
Sie starrte darauf, blinzelte, dann strömten ihr die Tränen über die Wangen. Sie hielt das Medaillon an ihre Lippen und küsste es. »Oh nein. Oh nein.« Sie wusste, dass ihre Mutter tot sein musste, doch das Medaillon brachte ihr die ganze Wucht ihres Verlustes wieder zu Bewusstsein; ihr blieb nicht ein Fünkchen Hoffnung.
»Woher hast du das?«, flüsterte sie.
Mickey, der ebenfalls weinte, sagte: »Aus Nigel Danforth’ Daunenjacke.« Er schilderte ihr den ganzen Ablauf der Ereignisse. »Dies wird uns zu dem Mörder führen. Ich spüre es in meinem Innern, dass es nicht Nigel war. Aber wie ist er an das Medaillon gekommen?«
»Mickey, gib es mir.«
»Nachdem wir die Ratte aufgescheucht haben.«
»Nein, gib es mir jetzt. Ich will es tragen, wie Mom es getragen hat.«
»Addie, das ist zu gefährlich.«
»Bitte. Du kannst in meiner Nähe bleiben. Ich will Moms Medaillon, und ich will, dass es alle sehen.«
40
Obwohl sie angeleint war, zappelte Tucker vor Aufregung. Allein die Gerüche ließen sie außer Rand und Band geraten: der Duft von gebackenem Schinken, geräuchertem Truthahn, Roastbeef und Brathähnchen, vermischt mit dem Aroma von Hotdogs, Hamburgern und Senf. Salat aus dreierlei Bohnen, Schichtsalat aus sieben verschiedenen Zutaten, schlichter Krautsalat und nahrhafter deutscher Kartoffelsalat verströmten einen Duft, der zwar nicht so verlockend war wie die Fleischgerüche, aber Essen war Essen, und Tucker war nicht wählerisch. Die Schokoladenschnitten, Biskuitkuchen, Früchtekuchen, mit Honig beträufelt, und Kürbispasteten dufteten ebenfalls verführerisch. Von Whiskey, kräftigendem
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