Mrs Murphy 05: Herz-Dame sticht
Scotch, Sherry, Portwein, Gin und Wodka musste sie sich abwenden, denn diese Gerüche brannten ihr in Nase und Augen.
Für Tucker war der Colonial Cup ein Kaleidoskop von Gerüchen und mehr Menschen, als sie begrüßen konnte. Tucker kannte ihre gesellschaftlichen Verpflichtungen. Sie musste sich auf jeden Menschen stürzen, der sich ihrer Mutter näherte, und ihn beschnüffeln. Kannte sie ihn, wedelte sie mit ihrem nicht vorhandenen Schwanz. Wenn nicht, wollte sie sich die Lunge aus dem Leib bellen, das billigste und wirksamste Alarmsystem, das bislang entwickelt wurde. Aber wenn die Menschen zu Tausenden umherschwärmten, konnte sie nicht jeden anbellen. Stattdessen bediente sie sich ihrer Strategie des stählernen Blicks. Wenn jemand sich Harry näherte, sammelte sie sich und ließ das Gesicht der betreffenden Person nicht aus den Augen. Sobald sie sicher war, dass die Person sich nicht auf Harry oder Mrs Hogendobber stürzen würde, entspannte sie sich.
Obwohl zum Hüten gezüchtet, passen Corgis auch auf »ihren« Menschen auf und verteidigen ihn, so gut sie können. Nach Tee Tuckers Meinung war und blieb ein Chow-Chow der beste Hund für die Verteidigung von Menschen. Herrchen oder Frauchen fanatisch ergeben, knurrten Chow-Chows zuerst eine Warnung, und wurde diese ignoriert, schnappte der Hund nach dem potenziellen Angreifer, sei es ein anderer Hund, ein Mensch oder was auch immer. Tucker war nicht so bissig, aber sie hing an Harry. Manchmal wünschte sie, Harry hätte noch einen Hund. Mrs Murphy konnte zuweilen so überheblich sein, und Tucker hasste es, wenn die Katze von einem Tisch oder einer Anrichte auf sie herabsah. Sie liebte Murphy, aber sie konnte nicht wirklich Tacheles mit ihr reden, weil ihr die Katze sonst die empfindliche Nase zerfetzen würde.
»Mutter, diese Heckklappen-Picknicks führen mich in Versuchung. Wenn ich schon bei Fuß gehen muss, solltest du für mich um was zu essen bitten.«
Der Tag hatte sich erwärmt, und die Zeit zwischen den Rennen war strapaziöser als die Rennen selbst. Miranda, ausgedörrt von Staub und Sonne, zog Harry zu einem Getränkestand.
Harry beäugte sehnsüchtig die Bar, die auf der Heckklappe eines Kombis aufgebaut war, aber da sie die fröhlichen Menschen nicht kannte, die den Sonnenschein, die Pferde, den Tag und sich gegenseitig feierten, ging sie weiter zu dem Stand.
»Ich dachte, Fair würde bei diesem Rennen nicht arbeiten«, sagte Miranda.
»Sie wissen ja, wie das so geht.« Harry kaufte eine Cola, sah auf ihren keuchenden Hund herunter und bat um einen leeren Pappbecher. Sie ging zum Wasserhahn, füllte den Becher, und Tucker schlappte zufrieden.
»Ich nehme an, mit einem Tierarzt verheiratet zu sein ist, wie mit einem Arzt verheiratet zu sein.«
»Ich bin nicht mit ihm verheiratet.«
»Ach, hören Sie auf.«
»Ja, es ist wie mit einem Arzt verheiratet zu sein, und Fair ist so gewissenhaft. Er behandelt die Tiere, ob die Menschen zahlen oder nicht. Sicher, sie sagen ihm immer, sie werden bezahlen, aber dann tun sie’s nicht. Wenn einem Tier etwas fehlt, ist er dort.«
»Haben Sie ihn nicht gerade deswegen geliebt?«
»Ja.« Harry trank ihre Cola aus.
»Mmm.« Miranda beobachtete die drei Jockeys, die in ihren glänzenden Seidendressen im Führring standen.
Harry folgte ihrem Blick, und besonders fiel ihr ein drahtiger Bursche ins Auge, die Hand auf der Hüfte, die Peitsche in der Hand. »Komisch, nicht? Die Kolosse von Footballspielern kriegen ein Vermögen bezahlt, und wir verehren sie wegen ihrer Kraft, aber diese Burschen hier haben mehr Courage. Auch die Frauen. Nichts auf den Rippen, aber Mumm in Reinkultur.«
»Hm, ich habe nie begriffen, wie -« Miranda hielt inne. »Harry, ist es unhöflich, mit Jockeys zu sprechen, bevor sie reiten? Ist es wohl, oder?«
»Sie sind noch nicht an der Reihe. Ich erkenne die Farben.«
Miranda ging entschlossen auf die drei Männer zu. Einer sah viel jünger aus als die anderen – um die sechzehn. »Entschuldigen Sie bitte«, sagte sie.
Tucker sprang vorwärts und zog Harry, die nicht darauf gefasst war, fast aus dem Gleichgewicht.
»Ma’am.« Der Älteste von den dreien, ein Mann Mitte vierzig, nahm seine Kappe ab.
»Haben Sie Nigel Danforth gekannt?«, erkundigte sich Miranda.
»Ich kannte ihn«, meldete sich der Teenager.
»Die Frage klingt vielleicht komisch, aber haben Sie ihn gemocht?«
»Ich hab ihn nicht richtig gekannt«, sagte der Ältere rasch.
Der Jüngste, in flammend
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