Mrs. Murphy 19: Mausetot
Verdienst. Wer hätte denn je davon gehört, dass ein Corgi Mäuse fing?
»Ihr gehtâs gut« , rief Pewter über die Schulter.
Tucker hörte nicht auf sie. Sie schlüpfte durch das Tiertürchen in der geschlossenen Sattelkammertür.
»Hallo.« Harry, die eine Kandare von einem Zügel abmontierte, lächelte.
»Mutter, du musst eine Jacke über deinen Pullover anziehen. Es ist kalt.«
Harry ahnte nichts von der Besorgnis ihrer Hündin, aber sie kraulte ihr die seidigen Ohren.
Eine kleine elektrische Wandheizung hielt die Sattelkammer warm. Bevor Harry sich abends ins Haus zurückzog, stellte sie die Temperatur auf sechzehn Grad ein. Mit dem Pullover war ihr warm genug. Der Frost hatte sich um den fünfzehnten April herum verabschiedet, genau wie jedermanns Geld â am fünfzehnten April war Steuertermin. Mitte Mai hielt die Nachttemperatur sich bei acht bis elf Grad, aber gelegentlich konnte es nachts noch frieren. Morgens überzog Raureif die Westseite der Berge und die nördlichen Weiden, doch er verdunstete, wenn die Sonne endlich dorthin kam.
Heute würde das Thermometer auf achtzehn Grad klettern, ideal zum Arbeiten im Freien. Mit oder ohne Fäden, Harry war entschlossen, einiges zu schaffen. Eine Farmerin verdient nichts, wenn sie auf ihrem Hintern sitzt.
Harry hatte nicht geahnt, dass sie so müde sein würde, und das schon am Tagesanfang. Sie zwang sich, weiterzumachen, und war schon seit halb sechs auf. Fair war zu einem frühmorgendlichen Notfall gerufen worden: Ein Pferd war durch einen Zaun gestürmt und hatte sich das Bein aufgerissen. Viele Pferdeverletzungen wurden durch Zäune verursacht.
Sie nahm eine Coca-Cola aus dem kleinen Kühlschrank und stürzte sie hinunter.
»Ich weià nicht, was mit mir los ist.«
Tucker bemerkte weise: »Dein Körper ist angegriffen. Schlaf macht gesund. Warum gehst du nicht wieder ins Bett?«
Das Telefon klingelte.
»Hallo.«
»Harry.« Big Mims Stimme war erstaunlich klar. »Wie gehtâs Ihnen?«
»Ganz gut. Lieb von Ihnen, dass Sie anrufen.«
»Ich habe das ja auch hinter mir. Sobald Jim und ich zurück sind, komme ich Sie besuchen, aber passen Sie auf sich auf, versuchen Sie, nicht zu viel zu tun, sonst geht es Ihnen schlechter.« Big Mim, Mitte siebzig, hinter ihrem Rücken die »Queen von Crozet« genannt, kannte Harry von klein auf.
»Ach, ich langweile mich jetzt schon, aber ich bin ja nicht blöd. Wenn ich nicht aufpasse, dauert der Heilungsprozess viel länger.«
»Was ist mit Chemo und Bestrahlung?«
»Ein kurzer Bestrahlungszyklus. Fange in zwei Wochen an.«
»Bringen Sieâs einfach hinter sich, und wundern Sie sich nicht, wenn Sie Verbrennungen kriegen. Das ist bei Bestrahlung so.«
»Wie ist es in Ãsterreich?«
»Schön wie immer. Wir sind jetzt in den Alpen. Wir waren eine Woche in Wien. Das ist eine sehr kultivierte Stadt, und jedes Mal, wenn ich wieder hinkomme, frage ich mich, warum ich so lange weg war. Allerdings habe ich gemerkt, dass ich mit meinem Deutsch nicht so viel anfangen kann, wie ich gehofft hatte. Das habe ich jetzt davon, dass ich keinen Auffrischungskurs gemacht habe. Wenn Sie wieder ganz auf dem Damm sind, gucken Sie mal nach meinen Pferden. Ich weiÃ, meine Leute machen ihre Arbeit fabelhaft, einfach fabelhaft, aber Sie sind so gut auf dem Gebiet.«
»Danke. Fair war vorige Woche drüben.«
»Es gab doch hoffentlich kein Problem?«
»Nein. Er wollte nach Mind Games Fohlen sehen«, sagte Harry. Mind Game war eine von Big Mims besten Flachrennen-Stuten, die Ende Januar gefohlt hatte. Tapit, der Deckhengst, stand auf dem Gainesway-Gestüt in Kentucky. Wer seine Stute von ihm decken lassen wollte, musste fünfzigtausend Dollar hinblättern. Eine solche Deckgebühr war für Harry undenkbar, aber Big Mim konnte sie mühelos aufbringen. Als kluge Züchterin wusste sie, dass Tapit ein gutes Geschäft war. Sie wusste zudem, dass bei dem Prozentverhältnis von Siegern zu Läufern die Deckgebühr für Tapit in die Höhe klettern würde, sobald die Wirtschaftskrise vorbei war. »Wächst und gedeiht, und ganz untadelig, Big Mim. Atemberaubend.«
»Wenn sie das Gemüt ihrer Mutter und die Anlagen ihres Vaters hat, dann habe ich alles erreicht. Wenn jemals ein Pferd passend getauft wurde, dann Mind Game â Denkspiel.
Weitere Kostenlose Bücher