Mrs. Pollifax macht Urlaub
erscheinende Ereignisse zu einem deutlich erkennbaren und gefährlichen Muster. Der Geheimdienst wußte beispielsweise bereits seit Tagen von dem tödlichen Überfall auf Brahim Zayyad am 7. Oktober in Washington, D. C., war sich jedoch nicht darüber im klaren gewesen, ob es sich um einen eher zufälligen oder vorsätzlichen Mord gehandelt hatte. Seine Brieftasche und gewisse andere Gegenstände waren dabei gestohlen worden, doch es hatte eine Zeitlang gedauert, bis sie in Erfahrung bringen konnten, was außer dem Geld noch vermißt wurde. Als die Amerikaner dann meldeten, daß sich Suhair Sla man am 7. in den Vereinigten Staaten aufgehalten und sie am 8. verlassen hatte, bekam diese Sache eine neue, bedrohliche Dimension. Jafer hatte diese Information von Hugh Rawlings aus dem CIA-Büro in Amman erhalten. Vom jordanischen Geheimdienst wiederum hatte er erfahren, daß Brahim Zayyad nicht nur ein hoher Offizier des PalastSicherheitsdienstes gewesen war, sondern auch immer zumindest in Jordanien - gewisse Schlüssel bei sich gehabt hatte. Und da diese Schlüssel fehlten, befürchtete man, daß er sie während seines zehntägigen USA-Aufenthalts als Berater des Sicherheitsdienstes der Botschaft aus Nachlässigkeit, Zerstreutheit oder vielleicht sogar Naivität bei sich getragen hatte. Offensichtlich hatte jemand davon gewußt und Suhair Slamans Gruppe informiert. Es war inzwischen bereits eine rigorose Untersuchung nach Mitwissern im Gange, und wer aus dem Palast ein heimliches Mitglied von Slamans Terroristengruppe sein könnte. Jafer hoffte, daß in dieser Sache bald Köpfe rollen würden. Bis achtzehn Uhr war der Schlüssel, den Mrs. Pollifax ihm ausgehändigt hatte, identifiziert worden, doch das war alles, was der Palast-Sicherheitsdienst darüber verlauten ließ. Kurz vor zwanzig Uhr erhielt Jafer einen Anruf von Tuhami. Er und Nasiri hatten abwechselnd den Empfang und besonders die Fächer, in denen sich die Schlüssel für die Zimmer 308 und 310 befanden, überwacht. Als der Speisesaal um halb acht öffnete, war Tuhami wieder zum Empfang gegangen, um noch einmal mit dem Empfangschef zu reden.
»Für mich ist jetzt Feierabend«, hatte der Mann gesagt. »Und Sie sind immer noch da?«
»Natürlich sind wir noch da! Wir warten auf die Rückkehr der Gäste von Zimmer 308 und 310. Sie hatten mir doch gesagt, daß sie hier zu Abend essen.«
Der Portier hatte genickt und die Achseln gezuckt. »Ja, aber Sie sehen ja selbst, daß die Gäste noch nic ht zurückgekommen sind.«
Der Kassierer, der etwa zwei Meter entfernt unter einem Schild mit der Aufschrift ›KASSE‹ stand, hatte gefragt: »Gibt es irgendwelche Probleme?«
»Die beiden Polizisten warten auf die Rückkehr der Gäste von 308 und 310, Pollifax und Farrell.«
Der Kassierer hatte erstaunt geblinzelt. »Aber die sind schon lange weg. Sie haben mir die Schlüssel gegeben, und die Frau Pollifax war der Name, nicht? -, sagte mir, daß sie über Nacht wegbleiben würden, aber ihre Zimmer behalten wollten.«
Es war dann zu einer längeren Streiterei gekommen, wieso der Kassierer die Schlüssel überhaupt entgegengenommen hatte, statt die beiden Gäste an den Empfangschef zu verweisen, und ob dieser wirklich gerade zu beschäftigt gewesen war. Tuhami steckte mitten in seiner Schilderung, als Jafer ihn unterbrach: »Warten Sie, da ist ein Anruf auf der anderen Leitung. Es könnte wichtig sein.«
Er war nicht wichtig. Es war wieder Hugh Rawlings aus dem CIA-Büro in Amman, der sich nach Neuigkeiten erkundigte. Beharrlicher Bursche, dachte Jafer müde und bat auch ihn, kurz zu warten, während er sein Gespräch mit Tuhami fortsetzte.
»Konnten Sie sonst etwas erfahren?« erkundigte er sich brüsk. »Wir haben danach die Hausdiener befragt. Nur einer hatte am nachmittag Dienst gehabt. Er erinnert sich an die zwei, weil sie immer ein so gutes Trinkgeld geben, sagte er. Sie sind beide in ein wartendes Taxi gestiegen und weggefahren.«
»Und danach? Sonst noch irgend etwas?«
Tuhami seufzte. »Danach haben wir eine Münze geworfen, ein 5-Fil-Stück, wer von uns Ihnen die schlechte Neuigkeit mitteilen mußte.«
»Und das haben Sie getan«, sagte Jafer grimmig. »Suchen Sie jetzt diesen Fremdenführer! Er heißt Juseff Jidoor, seine Adresse steht in dem Bericht von der Karaker Polizei. Finden Sie das amtliche Kennzeichen seines Taxis heraus und fahren Sie zu seiner Familie, vielleicht weiß die, wohin er mit den beiden Amerikanern über Nacht unterwegs ist, nach
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