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Muckefuck

Muckefuck

Titel: Muckefuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lentz
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die große Hornbrille ansah.
    Weil nun im weiten Umkreis um das Dorf kein Wald wuchs, der für Spukgeschichten hätte herhalten können, musste das Dorf selbst dran glauben, und in zweiter Linie der See.
    Die Dorfbewohner rechneten verkalbende Kühe und was an Unheimlichem sonst noch vorkam der Fuckruschen aufs Konto. Sie behaupteten einfach, es sei die Fuckruschen, die ihre Kühe, Onkel, Großväter und Hofhunde verhexe. Die lächelte nur und glotzte, wenn ihr so was zu Ohren kam, bis ihre roten Augen aus dem Kopf hervortraten. Dann rannten alle Kinder, so schnell sie konnten, hinter die nächste Hausecke, um sie von dort aus zu beobachten. Die Fuckruschen wusste das und ging schnurstracks durch die eiserne Pforte in der Feldsteinmauer auf den Friedhof. Da stoben die Kinder auseinander. Sie wussten, dass die Fuckruschen jetzt in der Ecke saß, wo Knochen und Schädel angehäuft waren. Man hatte die Gebeine kürzlich gefunden, als der Kirchturm neu fundamentiert worden war, und bisher hatten sie hier, zwischen Brennnesseln und einem blauen Emailleeimer, der über Rhabarberpflanzen gestülpt war, ihren vorläufigen Platz gefunden. Nicht, dass die Fuckruschen an diesen alten Knochen besonders interessiert gewesen wäre. Sie wusste nur, dass es ihren Ruf untermauerte, wenn sie vorgab, mit den Schädeln früherer Dorfbewohner Zwiesprache zu halten.
    Der schöne See also war zweites Gespenstergebiet der Fuckruschen. Da sie immer zu Onkel Willi und Tante Anna kam, wenn es Streuselkuchen gab (sie kannte die Geburtstage aller Familienmitglieder auswendig), bekamen wir reichlich Gelegenheit, ihre Theorien über das Geisterleben am See zu vernehmen. So spukten dort nachts einige Dorfbewohner, die auf irgendeine Weise im See umgekommen waren. Aber noch nicht genug damit. Wenn man Glückhatte, konnte man in bestimmten Nächten, nämlich jeweils sechs Tage nach Vollmond, ein Schiff in rasender Eile über den See fahren sehen, bemannt mit einer Besatzung, die im Dreißigjährigen Krieg nach der Zerstörung einer Kirche geflohen und mit diesem Schiff versunken war.
    Wenn die Fuckruschen ihren Hausschlüssel schwang und mit glotzenden Augen solche Geschichten erzählte, so war der Abend, der auf diese Erzählstunden folgte, nie ein üblicher Abend. Uns gruselte. Darum überredeten wir die Söhne mit den Heerführerspitznamen zu einem nächtlichen Ausflug an den See. Ziethen und Blücher hatten nichts dagegen. Sie wollten Enten schießen. Auch Ingeborg und Johanna machten mit, und noch ein Mädchen mit schwarzen Haaren und Schnecken über den Ohren, Margot, die sich bald mit Ziethen verloben wollte. Das Schwierige für Werner und mich war nur, dass Onkel Willi und Tante Anna sich für uns verantwortlich fühlten. Sie hatten uns verboten, spätabends noch das Haus zu verlassen.
    Die Treppe von unserer Mansardenstube nach unten führte an Onkel Willis und Tante Annas Schlafzimmer vorbei, und die Stufen knarrten. Doch weil wir wussten, dass Ingeborg mitkam, fiel uns auch ein, wie wir uns aus dem Zimmer schmuggeln konnten. Brav gingen wir zu Bett und lagen wach, bis unter unserem Fenster ein Pfiff ertönte. Die Brüder waren bereit. Wir stiegen aus dem Fenster und kletterten die Birke hinunter. Die Mädchen lachten. Da stand Ingeborg im Dunkeln des Parks, zwischen den anderen. Die Brüder hatten die Schrotflinten aus dem Flur umgehängt, die Mädchen hielten die Jagdhunde an der Leine. Wir brachen auf. Der Weg war genügend beleuchtet, wir hatten auf den sechsten Tag nach dem Vollmond gewartet, wegen der Geschichte von der alten Fuckruschen. Wir wollten das Schiff sehen. Die Brüder, auchheute untenherum feldgrau, oben in alten Jacken, lachten. »Dat Schiff jibt es gar nicht«, sagten sie. Werner und ich hörten nicht auf sie. Wir wollten, dass uns gruselte. Noch mehr wollten wir eigentlich, dass es Ingeborg gruselte. Obwohl wir da unsere Zweifel hatten. Aber eine Errettung aus Gruselnot wäre doch ein schöner Ersatz für Errettung aus Feuersnot gewesen.
    Vor uns gingen die Brüder mit dem Mädchen mit den Schnecken über den Ohren. Rabumm hielt sich dicht an Ingeborg, die zuweilen, mitten im Flüstern und Tuscheln, hell auflachte. Das wurmte mich, denn ich war so weit hinter ihnen, dass ich nicht hören konnte, was sie miteinander redeten. Das hatte ich mir selbst eingebrockt. Denn anstandshalber glaubte ich, neben Johanna gehen zu müssen. Die hatte mittelblonde Haare mit starren Löckchen. Sie war etwas älter als Ingeborg, und soff

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