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Muckefuck

Muckefuck

Titel: Muckefuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lentz
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immer mit der Fuckruschen zusammen in der Küche Kartoffelschnaps. Davon war ihre Nase rot. Ein bisschen blätterte die gerötete Haut ab. Als wir zum See kamen, übernahm Ziethen das Kommando. Das Unternehmen begann schnell unromantisch zu werden. Vor uns lag der See, gut übersehbar in hellem Mondlicht. Es war so gar keine Stimmung für den planmäßigen Verkehr von Geisterschiffen. Ob die Fuckruschen nicht mit ihrer Terminangabe einen Fehler gemacht hatte? Sechs Tage nach Vollmond war es einfach noch zu hell.
    Den Abhang zum Wasser hinunter standen vereinzelt alte Linden. Unten, am Rand des Sees, wuchsen Weiden, deren Wurzeln vom Wasser benetzt wurden. Ebenso tauchten sie die äußersten Spitzen ihrer Zweige in den See. Es war schwierig, bis zu ihnen vorzudringen, denn der Schilfgürtel begann ziemlich weit oben, und bei jedem Schritt scheuchten wir Schwärme von Mücken auf, die sich gierig auf uns stürzten.
    Ziethen bahnte uns den Weg. Das Schilfrohr raschelte. Ein Entenschwarm stob mit rauschendem Flügelschlag auf und ging in sicherem Abstand auf dem See nieder. Wenn die Vögel das Wasser berührten, schimmerte es silbern im Mondlicht.
    Ziethen schimpfte leise vor sich hin. »Wie eine Herde Elefanten«, sagte er und meinte uns. »Hätte ich euch bloß zu Hause gelassen.«
    Wir machten es uns im Schilf so bequem wie möglich und hielten uns ganz ruhig. Das freute die Mücken. Sie mussten lange gehungert haben. Ingeborg war so nahe, dass ich den Geruch, der von ihr ausging, wie Wellen zu mir dringen fühlte. Es war kein verführerisches Parfüm, das ihn verursachte. Aber dieser Geruch löste sich deutlich von dem Geruch nach Wasser und Schilf und Bäumen, der um uns war.
    Nach einer Weile kamen die Enten wieder näher ans Ufer. Ziethen und sein Bruder machten die Flinten bereit, luden mit fünfundsechziger Patronen, Dreieinhalb-Millimeter-Schrot, wie auf dem roten Verschlussdeckel gedruckt stand, zudem rauchendes Schwarzpulver für Damastläufe. Es knackte, als sie die Sicherungsgürtel umlegten. Die Hunde machten lange Hälse. Schnuppernd bewegten sie ihre braunen lackblanken Nasen. Ziethen scheuchte den Schwarm durch einen Pfiff auf. Dann knallte es zweimal kurz hintereineinander, und die Gerüche, die bisher um uns waren, wurden jäh zerstört durch den scharfen Pulvergeruch der Treibladungen.
    Weit draußen stürzte eine Ente ins Wasser. Der Schwarm zog weiter. Wir sahen nicht, wo er niederging, denn nun rasten die Hunde ins seichte Wasser, das hoch aufspritzte. Sie bellten laut. Bald mussten sie schwimmen. Dann kamen sie zurück. Einer hatte eine Ente im Maul und brachte sie Ziethen.
    Wieder mussten wir warten. Der Mond stand endlich hoch über dem Ende des Sees. Ein anderer Entenschwarm näherte sich dem Schilf, wurde durch den Pfiff aufgescheucht, wieder knallten die Gewehre, die inzwischen nachgeladen waren. Zwei Enten stürzten und wurden von den Hunden apportiert.
    Unsere Haut war inzwischen von den Mückenstichen so angeschwollen, dass die übrigen Mücken die Lust verloren und von uns abließen. Auch die Enten wurden so vorsichtig, dass sie nicht mehr in unsere Nähe kamen. Ein dürres Wasserhuhn schossen die Jungen noch, aus Versehen. Sie hatten es für eine Ente gehalten. Dann gingen wir durch das Schilf zurück und das Ufer hinauf. Werner und ich kratzten uns mit einer Hand. In der anderen trugen wir je eine vom Schrot getroffene Ente. Leblos, nass und schwer zerrten die Vögel am Handgelenk. Die Hunde versuchten, sie uns zu entreißen. Ziethen trug in der linken Hand auch eine Ente, den rechten Arm hatte er angewinkelt, und da hatte sich das Mädchen mit den Schnecken eingehängt, von der wir inzwischen wussten, dass sie Margot hieß. Margot war munter und gesprächig, nachdem sie so lange schweigsam im Schilf hatte hocken müssen. Sie war die Erste, die wieder ans Geisterschiff dachte. Wir hatten es vollkommen vergessen.
    »Was ist damit, Ziethen?«, fragte sie. Ziethen lachte.
    »Da glaubt nur die Fuckruschen dran«, sagte er. »Allein die Fuckruschen. Vielleicht hätten wir sie mitnehmen sollen?« Er lachte wieder, denn er hielt das für einen guten Witz. Ich sagte: »Wir sind gar nicht enttäuscht. Die Entenjagd war so schön.« Ziethen brummte. Er dachte wohl daran, dass wir uns wie Elefanten benommen hatten. Aber wer geht auch schon mit Stadtbesuch, Schwestern und zukünftigen Bräuten jagen?
    Plötzlich blieb Ziethen stehen. »Moment mal«, sagte er, reichte mir die tote Ente und knöpfte

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