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Muckefuck

Muckefuck

Titel: Muckefuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lentz
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gebratene Schinkenstückchen durch einen Rülpser wieder aus dem Magen nach oben befördern, um genüsslich daran herumzukauen. »Gibt dein Bauer dir Schinken zu fressen?«, fragte ich erstaunt. Rabumm grinste. »Die Bäuerin …«
    Sonntags hatten wir frei. Manchmal gingen wir ans Meer. Danach besuchten wir das Dorfkaffee und aßen gelbes Kriegsersatzspeiseeis mit Süßstoff. Das Kaffeehaus lag im Oberdorf, am Fuß eines Berges mit Aussichtsturm, Revekol genannt. Zur Jugendherberge ging es über einen grünen Fluss, die Herberge lag im Unterdorf. Auf der Brücke sagten wir: »Rabumm, spuck mal gelb!« Rabumm beugte sich übers Geländer, rülpste, und spuckte einen knallgelben Kunsteisfladen in das grüne Wasser. »Aaaahh …«, riefen wir. – - -
    Wulle Schnief arbeitete beim Verwalter des dörflichen Backofens, der hinter unserer Herberge stand. Jeden Donnerstag wurde der Ofen mit Reisig geheizt. Dann brachten die Bäuerinnen die blassen, in karierte Handtücher gewickelten Teiglaibe und backten Brot für die Woche. Weil Wulle Schniefs Chef dauernd zwischen dem heißen Backofen und seinem Hof hin- und herrannte, hatte er sich einen chronischen Schnupfen zugezogen. Wulle behauptete, dass dem Bauern beim Mittagessen alle drei Sekundenein Tropfen von der Nase in die Suppe fiele. Wir glaubten es nicht. So kam es, dass der Bauer in der nächsten Zeit mittags ziemlich viel Besuch bekam. Jeden Tag saßen ein paar von uns herum und schauten zu, wie die Tropfen wirklich in regelmäßigen Intervallen in die Suppe kleckerten. Wulle verdarb das den Appetit nicht.
    Eines Nachts wachten wir auf, weil draußen jemand ein Feuerhorn blies. Das Backhaus hinter unserer Herberge brannte.
    »Los, löschen!«, schrie Werner, der nun schon gar nicht mehr abwartete, was etwa der Lamafü befehlen würde. Wir zogen im Gänsemarsch zum brennenden Backhaus. Werner Pethmann sang: Das ganze Scheißhaus steht in Flammen – der nackte Arsch ist in Gefahr. Da komm’n die Männer mit den Schläuchen – hurra! Die Feuerwehr ist da!
    Die Dorfbewohner stürzten herbei, die meisten rangen die Hände, aber Struchen Johann und Wulles Schweinchenfreundin standen in der Eimerkette, die wir bildeten. Rabumm hockte oben auf dem Strohdach, aus dem Flammen schossen, und kübelte ins Feuer, was wir ihm hinaufreichten, das Werk mit kernigen Sprüchen begleitend wie: »Einen Eimer für den Führer – einen für den Reichsmarschall.« Dann sah Rabumm Struchen Johann unter sich stehen. Ihm fielen meine Kronensohngeschichten ein, und flugs leerte Rabumm, wahrer Freund, einen Eimer über meinen Arbeitgeber.
    »Oll’n Döskopp«, rief Struchen Johann wütend, aber Rabumm schwang schon den nächsten Eimer, rief: »Ruhe im Puff! Hier wird gelöscht!« und Struchen Johann musste ihm den Wasserbehälter hinaufreichen. Alle wurden abgelenkt, weil Wulles Schweinchenfreundin sich beim schwungvollen Eimerreichen in eine Schubkarre mit Mist setzte. Rabumm sahs und rief: »Wulle, polier ihr denArsch. Sie sitzt im Mist!« Wulle scherte tatsächlich aus der Kette aus und putzte seiner Freundin mit einem reinlichen städtischen Taschentuch die Hinterpartie ab.
    Die Flammen erstickten, das dörfliche Backhaus war gerettet. Oben stand Rabumm, in Dampfwolken gehüllt, neben ihm der Backhausverwalter, dessen Nase nun ausgetrocknet war. Werner stocherte im verbrannten Stroh, kippte noch hier und da einen Eimer Wasser in die schwelenden Lagen, hatte aber Zeit, die zweite Strophe seines Liedes zum Himmel zu singen: Das ganze Scheißhaus ist gerettet …
    Die Leute aus dem Dorf dankten uns. Nur Struchen Johann brummte Plattdeutsches und schwenkte sein nasses Hemd.
    »Kann doch vorkommen. Entschuldigung«, sagte Rabumm. »Düwel ock, ick war di …«, murmelte Struchen Johann und kehrte heim zu Goldzahnweib und Kronensohn.
    Während das Auge des Führers sicherlich auf unserer nützlichen Arbeit ruhte, zogen wir wieder in die Felder, Othmar und ich, im Gänsemarsch hinter Struchen Johann und Schwager. Wir befreiten die Rübenfelder von Unkraut, wir rechten das Heu von den Moorwiesen, wir lauerten den Wildschweinen auf, die am Waldrand die Kartoffeln auf den Feldern ausgruben. Auf dem Bauernhof gab es immer wieder die Brote mit Heidelbeermarmelade.
    Nur sonntags war es anders. Da fuhren Bauer und Bäuerin mit dem Leiterwagen zu Verwandten. Schwager holte uns in seine Kammer neben dem Kornboden. Unter dem Bett hatte er einen Margarinekarton stehen, Rama im Blauband. Darin bewahrte er

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