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Muckefuck

Muckefuck

Titel: Muckefuck Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lentz
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Keller versteifen. Mit Balken.«
    »Dann machen Sie man«, sagte Ede.
    »Entschuldigung«, sagte Kutschke. »Nach der Reichsluftschutzordnung sind sie als Hausbesitzer verpflichtet, den Keller sachgemäß auszubauen. Ich bin bereit, das Holz zu organisieren.«
    Kutschke organisierte, Balken wurden angefahren, und wir zimmerten die Abstützung. Der Keller sah bald aus wie der Grunewald nach starkem Borkenkäferbefall, machte aber einen soliden Eindruck.
    Auf den Flugplätzen Südenglands verlud britisches Bodenpersonal blank schimmernde Luftminen, Phosphorkanister und gebündelte Stabbrandbomben mit Sprengsatz in die Bäuche der viermotorigen B 17, Flying Fortress. Diese amerikanischen Bomber besaßen eine wesentlich größere Reichweite als die alten Lancaster, Vickers Wellington und Bristol Blenheim, die uns bisher mit Metall aus der Luft beregnet hatten.
    Liebe Grüße malten englische Sergeanten mit Kreide auf die blanken Metalleiber der Luftminen AP 13500 LB, bevor der Stapellader sie in die Bombenschächte hob. Grüße an uns alle: »With love from Winston.«
    Die Keller wurden wohnlicher, die Zimmer immer leerer.
    Kutschke hockte am Drahtfunkgerät und notierte Feindanflug von Gustav Emil sechs nach Gustav Gustav zwei, und wenn Gustav Gustav zwei von den Bomberstaffeln erreicht war, so krachte es auch. Es krachte, dass die schwarze Katze unter das Behelfsbett im Luftschutzkeller floh, und dass meine Mutter, im Bunker, wieder einmal sagen musste: »Meingottmeingott, wie soll das nur alles werden!«
    Das wusste anscheinend weder der Führer, der nun Operationen aus seinem Tiefbunker lenkte und sich um dasBenzin für einzelne Tigerpanzer zu kümmern begann, noch wussten wir es, wenn wir nach den Angriffen die fehlenden Ziegel auf dem Dach ersetzten und Zelluloiddrahtglas über die scheibenlosen Fenster spannten.
    Selbst Kutschke, im grauen Overall verschnürt und drahtfunkgekrümmt, gingen die Parolen aus, und er begann nur noch halbe Sätze zu sprechen. »Der Führer wird schon …«, murmelte er, mit einem ängstlichen Blick auf Großmutter, die nun von ihrer Lieblingsvokabel, Schifferscheiße, auch Kutschke gegenüber fröhlich und ausgiebig Gebrauch machte, im Übrigen Kirschenschnaps ausschenkte und in rußigen Töpfen warme Kraftnahrung bereithielt.
    »Gustav Gustav zwei«, hämmerte uns der Drahtfunk in die Ohren.
    »Gustav Gustav zwei.« Kutschke, grau und gebeugt, murmelte: »Es wird schon nicht – diesmal nicht -« Und wenn es dann krachte, neue Ziegelflickarbeit verheißend, vergaß Großmutter nie zu sagen: »Ich glaube, unsere Flak schießt wieder.«
    Alle Liebe der US-Piloten schien Gustav Gustav zwei zu gelten. So viele blank polierte Luftminen lauerten hinter den Bombenklappen der B-17-Geschwader, über diesem kleinen Planquadrat abgeladen zu werden, dass sich notgedrungen unser Schicksal erfüllen musste.
    Meine Mutter, hochrot durchs Haus dampfend, ergriff letzte Schutzmaßnahmen, befahl Einigelung. »Karl, du bringst den Husarenkrug in den Keller. Und die Pekingente. Hinter die Weckgläser.«
    Zu Großmutter: »Wir kochen in der Waschküche. Alle Töpfe herunter! Und nimm die Hühner aus dem Stall. Sie können in den Heizkeller!«
    Ede war herübergeradelt, um mit Hand anzulegen. Ertrug Müllers Kolossalgrafik mit dem nackten Reiter in den Heizkeller, hängte den forschen Unbekleideten hier zur Freude der umquartierten Leghorns auf.
    »Was machst du da?«, fragte meine Mutter gereizt. »Jetzt ist keine Zeit für Witze!«
    Ede lächelte. »Wir sind bereits im Eimer, Frau Kaiser«, sagte er fast genussvoll. Noch einmal betrachtete er den Husarenkrug, dessen Inschrift Auskunft gab, dass auch Ede das Vaterland schütze, wenn es blitzte und krachte. Dann stellte er ihn zurück ins Kellerregal, das sich im Zentrum von Planquadrat Gustav Gustav zwei befand, stellte ihn neben die Pekingente aus Porzellan und neben den nie benutzten Rauchverzehrer. Auf die Bretter, die eingemachten Erntesegen bargen.
    »Ede, versündige dich nicht!«, rief meine Mutter von der Treppe her. »Im Eimer! Wie kannst du nur!« Und, indem sie ihren Vorsatz aufgab, treppan zu steigen und neue Gegenstände in den Keller zu retten, schritt sie auf Ede zu, wie er da am Regal lehnte und berührte seinen Arm. »Ede, du weißt doch. Am ersten Tag, als wir einzogen, in unser Haus hier. Denke, wie glücklich wir waren. Sollen wir das verlieren?«
    Ede zuckte mit den Schultern. »Mitgefangen, mitgehangen«, sagte er. Aber auch er, das

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