Mueller, Carin
Salone del Mobile in Mailand. Auf der Rückbank lagerten gut verpackt die beiden Lampen-Prototypen, die Antonella auf der Möbelmesse einigen Herstellern präsentieren wollte – in der Hoffnung, einen Produzenten zu finden, der sie auf den Markt bringen wollte.
»Was?« Antonella hatte gerade ihren iPod ans Autoradio gestöpselt und war auf der Suche nach der passenden Musik für die Reise.
»Na ja, dass wir das Prinzesschen alleine lassen …«
»Wieso denn alleine?« Sie sah ihren Mann fragend an. »Sie hat einen ganzen Stab an hingebungsvollen Betreuern, die sie vermutlich nach allen Regeln der Kunst verwöhnen werden.«
»Genau das meine ich. Wir lassen unser Kind in der Obhut deiner schusseligen fünfundachtzigjährigen Großmutter, deines Bruders, dessen Kernkompetenz auch nicht gerade in der Kindererziehung liegt, und einer verwitweten Egozentrikerin, die kaum dazu imstande ist, ihr eigenes Leben irgendwie zu bewältigen!« Adrian starrte mit düsterer Miene und schmalen Lippen auf die Fahrbahn.
»Was ist denn mit dir plötzlich los? Es ist doch nicht so, dass wir Elisa in einer Nacht-und-Nebel-Aktion irgendwelchen Fremden auf die Türschwelle gelegt hätten. Und was hast du plötzlich gegen Oma Rosi? Sie ist superfit für ihr Alter und wird das alles bestens im Griff haben.«
»Sie sagt immer Andi zu mir!«
»Oh, das ist natürlich ein schwerer Charakterfehler …« Antonella schüttelte den Kopf. »Ich finde, mit Andi kommst du noch ganz gut weg. Gianluca nennt sie immer Luki, Giovanni ist Hansi, und ich bin abwechselnd Toni oder ›das Mädel‹.«
»Und aus Elisa wird dann vermutlich Lissi.«
»Nein, da hat sie sich schon auf Elli festgelegt.« Antonella grinste. Sie hatte nicht vor, sich den Spaß an der Reise verderben zu lassen. »Giovanni betet seine Nichte an und hat seinen Babysitterjob schon öfter prima erledigt. Und dass Katia ebenfalls mitmachen darf, war ja wohl auch deine Idee. Außerdem standen deine Eltern ja mal wieder nicht zur Verfügung.«
»Ja, ja, ja«, murmelte er.
»Jetzt sei nicht so muffelig, Hase!«, sie streichelte seinen graumelierten Nacken. »Unser Sternchen hat ein so sonniges Gemüt, die wird mit denen schon fertig!«
Adrian aber wollte sich nicht besänftigen lassen. Er hatte kein gutes Gefühl bei der Sache und war ernsthaft irritiert, dass Antonella seine Bedenken so leichtfertig abtat. Übermäßiges mütterliches Geglucke konnte man ihr wahrhaftig nicht vorwerfen. »Das Ganze ist sowieso eine Schnapsidee«, grummelte er, »du glaubst doch nicht ernsthaft, dass du einfach mit deinen Lampen unterm Arm über die Messe schlenderst und sich die Aussteller darum prügeln, wer sie produzieren darf?«
»Sag mal, spinnst du jetzt völlig?« So langsam kam nun auch Antonella die gute Stimmung abhanden. »Ich habe bereits vor zwei Wochen mit drei verschiedenen Herstellern Termine vereinbart. Die haben Fotos, Skizzen und Konstruktionspläne von meinen Lampen und wollen sich gerne mit mir treffen. Ansonsten will ich mich umsehen und Kontakte mit Textil- und Möbelproduzenten machen, mit denen ich bei zukünftigen Projekten zusammenarbeiten möchte. Für wie naiv hältst du mich eigentlich?« Sie sah ihn angriffslustig an, und als er nicht sofort antwortete, fuhr sie fort: »Und außerdem wollten wir die Tage in Italien doch auch ein bisschen für uns nutzen. Es ist schließlich das erste Mal, dass wir beide alleine verreisen.«
»Allerdings, aber ich brauche dich wohl auch nicht daran zu erinnern, dass das nicht an mir lag!«
»Wie lange willst du mir die alte Geschichte eigentlich noch vorhalten?« Adrians wenig subtile Anspielungen auf ihren eher holprigen Beziehungsstart machten sie nun erst richtig wütend. Antonella war damals quasi nach der ersten Nacht schwanger geworden, aber diverse Missverständnisse hatten die fragile Liebe zunächst nachhaltig auf Eis gelegt. Richtig zusammengekommen waren sie dann erst kurz vor Elisas Geburt, und da gab es keine Chance mehr auf einen gemeinsamen Urlaub. Und ihren Mini-Honeymoon letztes Jahr im September hatten sie zu dritt auf dem Weingut von Adrians Schwester im Piemont verbracht.
Er sagte nichts.
»Weißt du, darauf habe ich wirklich nicht die geringste Lust! Wenn du lieber zuhause deine Midlifecrisis, oder was auch immer das jetzt sein soll, ausleben möchtest, dann dreh jetzt um, und ich fahre alleine nach Mailand. Für mich ist diese Reise nämlich wichtig. Falls du aber doch mitkommen möchtest, verschone mich
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