Mueller, Carin
mich überlegen, damit ich die Reihenfolge richtig hinbekomme –, weil es erstens mit Elisa schon kompliziert genug sei, weil zweitens Hugo’s Affairs ohne Georgia kaum unter Kontrolle zu kriegen sei und du drittens endlich mal wieder mehr Sport treiben wolltest.«
»Du hast vergessen, dass ich auch mehr Zeit mit dir verbringen wollte! Und nein, ich bin nicht schwanger!! Aber ich habe über all das nachgedacht, übrigens auch über deine Argumente: Also erstens ist es mit Elisa eigentlich gar nicht schwierig, und ein zweites Kind könnte genauso gut in die Krippe gehen wie sie. Und zweitens läuft Hugo’s Affairs dank dem großartigen Christian inzwischen besser denn je. Der Junge kümmert sich um den ganzen langweiligen Kram, und ich kann mich voll aufs Design konzentrieren.«
»Du hast dein brennendes Verlangen nach mehr Sport und einer Triathlon- oder wenigstens Marathon-Teilnahme in diesem Jahr unterschlagen.« Langsam machte sich ein leichtes Grinsen auf Adrians Gesicht bemerkbar.
»Ach, das habe ich doch immer noch vor. Wer sagt denn, dass es so schnell klappt?«
»Na ja, das letzte Mal musste ich dich nur intensiv anschauen, und schon warst du schwanger.« Das Grinsen wurde breiter.
»Jetzt übertreib mal nicht. Ganz so einfach war’s auch wieder nicht. Erst war eine Gehirnerschütterung nötig und eine offene Schnittwunde, die mit Antibiotika behandelt werden musste. Dieses Mal würde ich, ehrlich gesagt, die konventionellere Methode vorziehen und einfach die Pille absetzen. Bist du dabei?«
»Jederzeit, aber vielleicht können wir heute ausnahmsweise in Ruhe unser Essen beenden und nicht wieder überhastet nach der Vorspeise das Lokal verlassen …«
Währenddessen lief es in Frankfurt auch ziemlich rund – allerdings nicht so, wie Katia sich das gewünscht hätte. Elisa fühlte sich wie die Made im Speck und war quietschfidel. Katia dagegen sah aus wie die Made im Speck und war darüber alles andere als glücklich. Sie hatte, seit sie letzten Winter nach Deutschland gekommen war und nicht mehr von ihrer Köchin in London makrobiotisch versorgt wurde, schon gute sechs Kilo zugenommen und litt langsam an einem ernstzunehmenden Klamottenproblem. Zwar war sie, dank ihrer Pelz- und Schmuckverkäufe, wieder ein bisschen flüssig, aber an eine wirklich adäquate Garderobe war natürlich nicht zu denken. Sie brauchte ihr Geld für die Miete und die alltäglichen Haushaltsausgaben – unfassbar, wie teuer allein Lebensmittel waren! – und konnte sich Besuche in den Goethestraße-Boutiquen schlicht nicht erlauben. Und dass sie bei Zara oder gar H&M einkaufen ging, war absolut undenkbar. Sie mochte ja tief gesunken sein, aber es hatte alles Grenzen. Dass Antonella das nicht nachvollziehen konnte, war natürlich typisch. Aber Antonella hatte ja auch gut reden. Die war eins achtzig groß, hatte eine perfekte Figur und konnte anziehen, was sie wollte. Sie sah selbst in den billigen Fähnchen, die sie so gerne trug, noch cool und schick aus. Katia dagegen war mit ihren eins fünfundsechzig schon von Natur aus eher kurvig gebaut und ging in ihrer aktuellen Selbsteinschätzung gerade dramatisch in Richtung Barock.
Jetzt jedoch schien sie eine Lösung für ihr Problem gefunden zu haben. Vorhin hatte sie, um Rosemarie Huber – oder Oma Rosi, wie sie sich auch von Katia nennen ließ – aus dem Weg zu gehen, ausführlich im Speicher gestöbert. So wie es dort oben aussah, war da ewig keiner mehr gewesen. Sie hatte dort neben reichlich Krimskrams auch zwei große alte Schrankkoffer gefunden, die wohl der verstorbenen Tante Elsa gehört hatten und die sich als wahre Schatztruhen erwiesen. Antonella hatte ihr in den schillerndsten Farben die Wohnung beschrieben, die sie vor drei Jahren von ihrer Großtante geerbt hatte, und auch Rosi hatte bestätigt, dass ihre Schwester ein recht exzentrischer Mensch gewesen war. In den Koffern fand Katia jedenfalls traumhafte Kleider aus den fünfziger und sechziger Jahren – perfekt erhalten und ausschließlich von akzeptablen Modeschöpfern. Und das Beste: Sie passten! Sie suchte sich ein zartlila Kleid, einen hellbeigen Rock und drei Blusen heraus und klingelte mit Olga im Schlepptau in der Erdgeschosswohnung. Rosi öffnete mit der vergnügten und sehr pausbäckig aussehenden Elisa auf dem Arm die Tür. »Kathi, mein Schatz, komm rein. Hast du Hunger? Ich habe gerade einen Apfelkuchen gebacken, und den kann ich ja schlecht alleine essen. Ich wollte dich sowieso schon holen,
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