Mueller, Carin
bitte mit deiner miesen Laune und den idiotischen Vorhaltungen.« Mit diesen Worten setzte Antonella ihre Sonnenbrille auf und drehte die Musik lauter.
So ärgerlich die Reise auch begonnen hatte, so überaus erfreulich gestaltete sich der weitere Verlauf. Adrian war natürlich nicht umgekehrt. Allerdings waren die gut sechshundert Kilometer bis Mailand eher schweigsam verlaufen. Zeit genug für beide, über einiges nachzudenken. Als sie am Abend in ihrem Hotel angekommen waren, hatte sich Antonellas Ärger schon wieder komplett verzogen. Sie hatte ein kleines, schnuckeliges Hotel mitten in der City gebucht und Adrian damit überrascht, dass sie in einem nahe gelegenen winzigen Restaurant ein romantisches Candle-Light-Dinner arrangiert hatte und in ihrem Zimmer eine Flasche Champagner auf Eis bereitstand. Diverse Anrufe zuhause in Frankfurt – bei Oma Rosi und Giovanni – hatten weiter zur Beruhigung beigetragen. »Ich war ein ziemlicher Idiot«, stellte Adrian während des Abendessens zerknirscht fest.
»Kann schon mal vorkommen.« Antonella winkte großzügig ab.
»Kannst du mir verzeihen?«
»Natürlich verzeihe ich dir!« Sie musterte ihn lächelnd. Er hatte heute auf seine übliche Anwaltskluft verzichtet und trug ein weißes Hemd zu Jeans und einem lässigen Sakko. Morgen würde er bestimmt wieder völlig akkurat im Anzug auftreten, aber unrasiert, wie er war, mit seinen leicht verstrubbelten grauen Haaren und dem aufmerksamen Blick aus den blauen Augen fand sie ihn unwiderstehlich.
Er strahlte sie an, was hinreißende Lachfältchen in sein Gesicht zauberte. Dann sagte er ernst: »Es tut mir leid, dass ich dich immer wieder unterschätze. Ich müsste es langsam wirklich besser wissen. Nur fürs Protokoll: Ich halte dich für eine wirklich gute Mutter und eine tolle Geschäftsfrau!«
»Danke.« Sie sah ihn ein wenig überrascht an, so feierlich kannte sie ihn sonst gar nicht. Dann fing sie sich jedoch schnell und fügte augenzwinkernd hinzu: »Und wenn du jetzt endlich mal aufisst, kann ich dir auch beweisen, was für eine großartige Geliebte ich bin!«
Auch die nächsten Tage verliefen außerordentlich erhebend. Antonella hatte sich mit allen drei interessierten Lampenherstellern getroffen und ihre Prototypen präsentiert. Sie hatte zwei Modelle dabei, eine Tisch- und eine Deckenleuchte, filigrane Metall-Holz-Gebilde, die sich ohne weiteres auch in verschiedenen Größen produzieren lassen würden. Adrian war sehr beeindruckt von Antonellas Verhandlungsgeschick und vor allem von ihren überraschenden Sprachkenntnissen. Er erinnerte sich wie gestern an den Tag vor drei Jahren, als sie nach Frankfurt in seine Kanzlei gekommen war, um ihr Erbe anzutreten. Sie hatte sich um Kopf und Kragen geredet, weil sie nicht zugeben wollte, dass sie, obwohl Halbitalienerin, die Sprache ihres Vaters nur äußerst rudimentär beherrschte. Jetzt parlierte sie gewandt, charmant und vor allem italienisch mit den Vertriebsleuten der Designfirmen. Dass der Sprachunterricht, den sie seit einem guten Jahr nahm, so durchschlagenden Erfolg haben würde, damit hatte er nicht gerechnet. Vielmehr hatte er angenommen, dass er sich als Dolmetscher würde nützlich machen müssen. Aber auch seine Rolle als staunend-stolzer Begleiter gefiel ihm von Tag zu Tag mehr. Als sie sich am dritten Abend zum Essen trafen – Adrian hatte den Nachmittag mit einem ehemaligen Studienkollegen verbracht –, erzählte sie mit glühenden Wangen von ihren jüngsten Triumphen. »Vorhin hat mich Carlo Tozzi von Balducci Design angerufen. Übermorgen sind der Chefdesigner und der Inhaber auf der Messe, und die wollen mich kennenlernen!«
»Wow, ich freu mich für dich! Balducci, das sind doch die aus Florenz, oder? Die haben auf mich auch den besten Eindruck gemacht. Meine Frau wird noch zur international gefeierten Lampen-Designerin.« Er lächelte sie schelmisch an. »Dann kann ich mich ja zur Ruhe setzen.«
»Genau, und hauptamtlicher Hausmann werden, der sich um die Kinder, den Hund und den Haushalt kümmert.«
»Wieso Kinder? Gibt es da vielleicht etwas, das du mir sagen möchtest?«, fragte er mit leichtem Stirnrunzeln.
»Schon erstaunlich, dass dich die Aussicht, dein Leben als Hausmann zu fristen, weniger beunruhigt als weiterer Nachwuchs …« Antonella sah ihn herausfordernd an.
»Bist du etwa schwanger? Du hast mir doch noch an Weihnachten erklärt, dass ein zweites Kind für dich im Moment nicht in Frage käme. Die Gründe waren – lass
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