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Mueller hoch Drei

Mueller hoch Drei

Titel: Mueller hoch Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Spinnen
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vollgeklimpert wurde, fingen wir uns einen der sattsam bekannten Ab-achtzehn-Blicke ein. Doch als ich dem Barkeeper sagte, wir warteten hier auf Rüdiger Pototschnik, zog er seinen Blick unter lebhaftem Bedauern zurück.
    »Mir ist ein bisschen mulmig«, sagte Paula, als wir uns in zwei riesige Ledersessel warfen.
    »Mir auch.« Aber, um meine Mutter zu zitieren: Da mussten wir jetzt durch.
    Zum Glück dauerte es nicht lange, Pototschnik war pünktlich. Ich kannte ihn nur aus den Beschreibungen meines Vaters, aber als er zur Bar hereinkam, wusste ich sofort, dass er es war. Pototschnik hatte die Figur eines Langstreckenschwimmers, sein Kopf war auffallend stromlinienförmig und absolut haarlos. Hier und da glänzte ein bisschen Gold an seinem Körper. Sein Anzug sah aus, als sei er vom Flohmarkt. Wahrscheinlich hatte er ein Vermögen gekostet.
    Pototschnik schaute sich kurz um, dann zog er eine seiner aalglatten Augenbrauen ein paar Millimeter nach oben, deutete eine knappe Verbeugung an und setzte sich zu uns. »Der kleine Müller?«, sagte er dabei. Auch seine Stimme war glatt und schlank.
    »Si, certo.« Von meinem Vater wusste ich, dass Pototschnik italienischer Abstammung war. Und das hier neben mir sei eine gute Bekannte, »una amica vera«, vor der ich keine Geheimnisse hätte.
    »Warum schickt dein Vater dich?«
    »Aus Gründen der Geheimhaltung.« Mit einem Seitenblick sah ich, dass Paula daran arbeitete, möglichst routiniert und unbeteiligt auszusehen. Ich fuhr fort: »Er hatte Angst, abgefangen und seiner Idee beraubt zu werden. Deshalb verhandele ich jetzt in seinem Auftrag.«
    »Aha.« Pototschnik schlug mit vollendeter Eleganz ein Bein über das andere. »Und worum handelt es sich? Eine neue Serie vielleicht?«
    Ich nickte verschwörerisch, nachdem ich mich ausgiebig nach allen Seiten umgesehen hatte.
    »Worum geht es diesmal?«
    Ich beugte mich vor, und er tat dasselbe. So saßen wir einander gegenüber, dass unsere Nasen sich beinahe berührten. »Tiere«, sagte ich leise. »Um genau zu sein: Hunde.«
    »Kaufe ich nicht«, sagte Pototschnik ebenso leise. »Hunde sind vollkommen abgegrast. Alles durchgenudelt, von Lassie bis Rex. Nichts für Rüdiger Pototschnik.«
    »Ich weiß«, sagte ich, immer noch knapp vor seiner Nase. »Aber ich biete katastrophale Hunde.«
    »Brauche ich auch nicht.« Pototschnik lehnte sich wieder zurück. »Wenn ich Katastrophen will, gehe ich ins Trickstudio.«
    Ich richtete mich auf. »Mir bekannt. Aber in Trickstudios sitzen Menschen. Und denen gehen nach meinem Dafürhalten allmählich die Ideen aus. Im Gegensatz zu meinem Hund. Wollen Sie vielleicht eine Demonstration? Damit könnte ich auf der Stelle dienen.«
    Ich zeigte auf Piet Montag. Den hatte Pototschnik offenbar noch gar nicht bemerkt, was aber auch kein Wunder war, da der Hund bislang mit Erfolg versucht hatte, den schwarzen Porzellanhunden, die in der Bar herumstanden, zum Verwechseln ähnlich zu sehen. Jetzt ließ er die Zunge heraushängen, um dem Produzenten den Unterschied zu zeigen.
    »Dieses halbstarke Fellbündel?« Pototschnik redete jetzt in einer Lautstärke, die nicht mehr verschwörungsgeeignet war. »Das ist nicht dein Ernst!«
    »Allerdings ist er das.« Ich sprach jetzt ebenfalls laut und in die Richtung von Piet Montag. »Das da ist der definitiv katastrophenverliebteste Hund der Welt. Der mischt so einen Laden wie den hier besser auf als jedes Trickstudio. Und vor allem: preiswerter.«
    Pototschnik sonderte daraufhin ein ziemlich brutales Lachen ab, das wenig zu seiner eleganten Erscheinung passte. Derweil verfrachtete Piet Montag seine Zunge wieder ins Maul und schickte mir einen Blick, der sagte: »Ich habe verstanden. Du kannst mir vertrauen.«
    Worauf ich bloß nickte.
    »Dein Vater hat eine Meise«, sagte Pototschnik.
    »Mag sein. Aber die fliegt verdammt tief.« Und ich schnippte mit den Fingern.
    In diesem Moment sprang Piet Montag ansatzlos auf die Lehne eines Sessels, in dem ein Herr im schwarzen Anzug saß, an seinem Drink nippte und seine tief dekolletierte Begleiterin verträumt angrinste.
    »Na, du Kleiner«, sagte der Mann. Darauf schnappte Piet Montag ihm die Perücke vom Kopf und stopfte sie in den Ausschnitt der Begleiterin. Dann nieste er mit aller Kraft in den Drink, so dass der kahle Mann und die blonde Frau mit dem haarigen Dekolleté ordentlich geduscht wurden.
    Noch bevor die beiden sich beschweren konnten, war Piet Montag schon bei einem anderen Mann, der gerade

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