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Mueller hoch Drei

Mueller hoch Drei

Titel: Mueller hoch Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Spinnen
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vor sich auf den Boden warf. Die leichte Strömung aus Whisky und Gin trieb sie in Richtung des Angestellten, der sie aufnahm, ansah und sich dann so tief verbeugte, dass seine Nase beinahe im Alkohol verschwand.

Verschnaufpause
    D ie allermeisten Menschen auf der Welt sehen ein Zimmer im Hotel Adlon bestenfalls auf Fotos, und selbst der Anblick dieser Fotos macht, dass sie sich klein, unbedeutend und vor allem grenzenlos arm vorkommen. Um wie viel stärker dieser Eindruck ist, wenn man selbst und lebendig in einem solchen Zimmer steht, durfte ich jetzt erfahren. Auch Paula war beeindruckt, aber das hinderte sie nicht daran, umgehend von dem angebotenen Luxus Gebrauch zu machen.
    Zuerst nahm sie in der riesengroßen und blendend weißen Wanne ein Bad, woran, wie ich durch die geschlossene Tür hörte, auch die Lateindompteuse teilnehmen durfte. Ich begrüßte das innerlich, denn wie alle ihresgleichen aus der Sammlung meines Vaters roch sie etwas plastikmuffig. Nach einer Stunde erschienen die beiden im weißen Bademantel, der im Fall der Dompteuse aus einem oben aufgeschnittenen Waschlappen bestand. Zusammen verbrachten wir dann eine staunende Viertelstunde vor der Minibar, die ihren Namen zu Unrecht trug, da man mit ihrem Inhalt eine mittlere Geburtstagsfeier hätte ausrichten können. Die Dompteuse interessierte sich dabei lebhaft für die Sammlung winziger Flaschen mit hochprozentigen Schnäpsen, aber Paula verbot ihr jeden Konsum. »Das schadet ihrer Figur«, sagte sie zur Erklärung.
    Dann beschloss sie, auch Piet Montag einer gründlichen Reinigung zu unterziehen. Ich fürchtete schon, es würde wieder so eine unerfreuliche Szene geben wie im Badezimmer meiner Eltern. Aber wie seit den Hochschmidt’schen Einflüsterungen nicht anders zu erwarten, ließ sich der Hund geduldig einseifen und abspülen. Schließlich trug auch er einen weißen Bademantel, in dem er sich erkennbar wohl fühlte und ruhig vor sich hin trocknete. Nur als Paula ihn mit einem Duftwasser besprengen wollte, lehnte er das sehr entschieden ab.
    Eigentlich waren wir alle todmüde. Aber Paula wollte nicht schlafen, denn das hätte geheißen, sich von all dieser Pracht zu trennen. Und ich durfte nicht schlafen, denn ich musste doch unsere nächsten Schritte planen. So lagen wir schließlich zu dritt bäuchlings nebeneinander auf dem Matratzendiscountlager, das mir als Bett dienen sollte. Vor uns kniete unsere strahlend saubere Begleiterin und hielt eine Karte des nördlichen Deutschland, auf der ich nach einigem Suchen Marseby an der Schlei fand.
    Ich zeigte es Paula. Die Schlei ist eigentlich kein Fluss, eher ein ziemlich schmaler See, vielleicht auch eine extrem langgestreckte Bucht an der Ostsee. An ihrem Ufer liegen kleine Örtchen mit ulkigen Namen. Wir starteten den Zimmer- PC und klickten uns in ein Internetlexikon. Marseby war eine winzige Stadt, eher ein großes Dorf, das sich mit dem Tourismus einigermaßen über Wasser hielt, wenn ich mir diesen mittelmäßigen Kalauer erlauben darf. Zum großen Teil bestand es aus Hafen, und wir sahen dann auch, als wir uns auf dem Satellitenbild näher heranzoomten, eine Menge weißer Boote mit weißen Segeln auf dem Wasser.
    Sofort konnte ich mir auch Paula in Gestalt unserer Pauline auf einem solchen Boot vorstellen, doch als ich noch näher heranzoomte, löste sich das Segelrevier von Marseby in lauter nichtssagende bunte Pixel auf.
    »Hübsch da«, sagte Paula und gähnte.
    »Unsere neue Heimat. Das heißt: vielleicht.«
    »Willst du denn wirklich nicht ins Filmgeschäft?«, sagte Paula zum einundzwanzigsten Mal, seit wir uns von Pototschnik verabschiedet hatten. Sie legte sich wieder auf mein Bett, und zum einundzwanzigsten Mal strich sie zuerst über Piet Montag und dann über den Umschlag mit dem Logo von Pototschniks Firma, aus dem die zehntausend Euro dauernd herausquellen wollten. Worauf ich ihr zum einundzwanzigsten Mal erklärte, dass solche Entscheidungen noch warten müssten.
    Paula darauf, zum einundzwanzigsten Mal: »Warum denn?«
    Und ich, wie gehabt: »Klar können wir jetzt ein bisschen Karriere machen. Als Herrchen und Frauchen vom Superhund. Klasse! Aber so was geht schneller vorbei als ein Schnupfen. Und dann stehen wir wieder auf der Straße.« Ich ließ mich rückwärts aufs Bett fallen. »Wir sind noch nicht mal vierzehn. Zwei verstoßene oder beinahe verkaufte Kinder. Was wir brauchen, ist ein richtige Familie. Leute, die uns zwingen, regelmäßig gesunde Sachen zu

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