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Mueller hoch Drei

Mueller hoch Drei

Titel: Mueller hoch Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Spinnen
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aufs Neue erklärt, was für eine Qual es war, mich als Bruder zu haben.
    Jetzt waren wir fast am Ziel. Aber zuerst musste ich uns anmelden, wozu ich Paula um ihr verschrammtes Handy bat.
    »Und was willst du damit?«
    Ich deutete an, dass es ums Telefonieren ging.
    »Ich hab’s ausgeschaltet«, sagte Paula. »Sonst orten sie uns über diese blöden Funkmasten.«
    Ich erwiderte, dass Polizei und Geheimdienst wahrscheinlich noch nicht in die Suche nach uns eingeschaltet seien. Anschließend führten wir eine kleine, aber scharfe Diskussion darüber, wie weltbewegend unser Fall eigentlich war. Aber die hätten wir gar nicht führen müssen, denn Paulas Handyakku erwies sich als leer. Wir suchten uns also eine Telefonzelle und fanden schließlich eine, die ganz verloren und vergessen in einer Ecke stand.
    Zum Glück kannte ich den Namen des Mannes, dem mein Vater die meisten seiner Seifenopern verkauft. Er heißt Rüdiger Pototschnik, lebt meistens in Berlin und ist ein erfolgreicher Produzent. Sein Name taucht regelmäßig im Abspann der Serien mit den höchsten Einschaltquoten auf. Es heißt von ihm, er mache alles, was er anfasse, zu Gold. Im Falle meines Vaters stimmte das wirklich.
    Natürlich besaß einer wie Pototschnik eine Geheimnummer, die er selbst kaum kannte, geschweige denn die Telefonauskunft. Aber von meinem Vater wusste ich, dass in seinem Büro Tag und Nacht gearbeitet wurde; und tatsächlich hatte ich nach einer Minute eine erstaunlich ausgeschlafen wirkende Frau am Telefon, die sich mit »Pototschnik Producing« meldete, wobei sie Pototschnik eher englisch, Producing aber eher schweizerisch aussprach. Paula hatte ihre linke Wange an meine rechte gedrückt, so konnte sie ganz gut mithören.
    »Müller«, sagte ich. »Paul Müller.« Und als die Frau eine stumme Frage durchs Telefon schickte, fügte ich hinzu: »Der Sohn von Ernst Wilhelm Müller aus Neustadt.«
    »Ach, das Paulchen«, sagte die Frau, und Paula musste sich eine Hand auf den Mund pressen, um nicht losprusten zu müssen. »Was gibt’s denn so spät noch?«
    »Was Wichtiges.« Ich versuchte, in meine Stimme den Klang großer Geldsummen zu legen. »Ich bin hier in Berlin, im Auftrag meines Vaters. Und zwar top secret. Ich soll Ihrem Chef die bislang genialste Kreation des Hauses Müller vorstellen. Ich erwarte ihn dazu in einer halben Stunde in der Bar vom Hotel Adlon. Sagen Sie ihm, er soll pünktlich kommen, viel Geld mitbringen und allein sein, denn sonst habe ich Anweisung, das Geschäft mit jemand anderem zu machen.« Noch bevor die Frau mir antworten konnte, hängte ich den altmodischen Hörer in die Gabel.
    »Alle Wetter«, sagte Paula. »Jetzt kommst du aber mächtig aus dem Quark.«
    Ich hatte die Telefonzelle, in der es nicht so gut roch, rasch verlassen, mein Nachtschatten Piet Montag an meiner Seite. Mit einem Sprung war Paula wieder bei mir. Sie boxte mich leicht in den Magen. »Du bluffst! Stimmt doch, oder?«
    »Stimmt nicht. Ich bluffe nicht. Ich habe ein gutes Blatt auf der Hand, beziehungsweise bei Fuß.« Ich zeigte auf den Hund. »Fällt dir an dem denn gar nichts auf?«
    »Ach du je«, sagte Paula. »Das schöne Halsband. Und die schöne Leine! Hast du die etwa verloren?«
    »Nein. Die brauchen wir nicht mehr. Das hier ist jetzt ein vollkommen anderer Hund.«
    Piet Montag schien genau zu verstehen, was ich sagte. Im Schein der Straßenlaternen setzte er sich hin, sah Paula an und zog ein ernstes Gesicht.
    Paula aber schien keine Veränderung an ihm zu bemerken. »Ist er gewachsen? Wäre ja kein Wunder bei seiner dauernden Fresserei.«
    »Nein. Hochschmidt hat ihn verwandelt. Er ist jetzt innerlich gereift. Aber wart’s ab.« Dass ich selbst nicht so genau wusste, was in dem Hund steckte, sagte ich lieber nicht.
    Kurz darauf passierten wir das Brandenburger Tor, und dann standen wir auf dem roten Teppich, der zum Eingang des Hotels Adlon führte. Als Berlinerin wusste Paula natürlich, wo wir hier waren: am teuersten Ort dieser nicht eben billigen Stadt. Und das flößte ihr offenbar einen gewissen Respekt ein. Wir nahmen einander bei der Hand wie Hänsel und Gretel und gingen los Richtung Eingang, wobei wir dem Portier, einem zwei Meter langen Großadmiral, so lässig wie möglich zunickten. Ebenso lässig nickten wir uns durch das Foyer, in dem Teppiche lagen, die so weich waren, dass Piet Montags Pfoten darin verschwanden.
    Es klappte alles ganz gut. Erst in der Bar, die von einem melancholischen Pianisten

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