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Mueller hoch Drei

Mueller hoch Drei

Titel: Mueller hoch Drei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Burkhard Spinnen
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unserer Flucht ein wenig gelitten hatte. Paula richtete ihr mit zwei Daumen das Haar und hielt sie sich vors Gesicht. »Was meinst du, meine Liebe. Sollen ausgerechnet wir drei –«
    »Wir vier«, verbesserte Pauline.
    »Sollen ausgerechnet wir vier jetzt einen auf uneigennützig machen? Sollen wir, die wir bis zum Hals in Schwierigkeiten stecken, für andere Leute die Kartoffeln aus dem Feuer holen? Na, wie denkst du darüber, meine kleine Fee?«
    Die Puppe schien zu überlegen. Ich hielt den Atem an. Was war von einer wie ihr zu erwarten? Doch zu meinem Erstaunen nickte sie lebhaft.
    »Oh!«, sagte Paula. »Du überraschst mich. Hast du denn auch die Knete, die wir brauchen, um von hier in die Berge zu kommen?« Darauf schüttelte das Plastikorakel den Kopf, wies aber so diskret mit ihrem überlangen Ärmchen auf das Fellpaket in Paulines Schoß, dass nur ich es mitbekam. »Ich verstehe«, sagte Paula. »Du rätst uns also, mal wieder auf unser Glück zu vertrauen.«
    Die Dompteuse nickte. Unversehens gewann ich sie schrecklich lieb. »Wie heißt sie eigentlich?«
    Paula steckte die Puppe wieder in den Rucksack. »Das ist unser liebes Urselchen.« Sie sprang auf, und ohne ein weiteres Wort verließ sie Bolles milchweißes Grab. Pauline, Pablo und ich folgten ihr auf dem Fuße.

Im Seuchen-Express
    D er kostenlose Internetzugang im Berliner Hauptbahnhof wurde, vermutlich weil er kostenlos war, von allerlei Leuten belagert. Die meisten davon waren Streuner wie wir. Als wir endlich an der Reihe waren, wollte uns der coole Junge, der immer da rumsteht, wo ich gerne hin möchte, gleich wieder wegschubsen. Es wäre ihm auch fast gelungen, doch plötzlich passierte etwas mit seinem rechten Bein, worauf er sich auf den Boden setzen und heulen musste wie ein junger Wolf. Es klang fast so, als hätte ihn jemand gebissen.
    Die Hochschmidt-Seite fanden wir auf Anhieb. Sie wirkte mittlerweile noch ein wenig verstaubter und verlassener. Und sie brachte Pauline, die für uns die Maschine bediente, zum Stöhnen. Das sei, sagte sie, praktisch am anderen Ende der Welt. Die Zugfahrt würde ewig dauern und uns, was noch viel schlimmer war, ein ziemliches Vermögen kosten. Dabei waren wir ja wieder pleite.
    Allerdings blieb uns wenig Zeit zum Nachdenken. Denn der einzige Zug, mit dem man heute noch früh genug an den Rand der Alpen käme, um von da den kleinen Ort hoch oben in den Bergen zu erreichen, fuhr in einer Viertelstunde ab.
    »Befragen wir noch einmal das Urselorakel?«, schlug ich vor, doch Paula schien wild entschlossen. Sie beugte sich zu Pablo herab. »Wir müssen wieder Zug fahren«, sagte sie in einem leicht beschwörenden Ton. »Kennst du ja. Und wir haben mal wieder kein Geld. Kennst du auch.« Sie richtete sich auf und bemerkte unsere fragenden Mienen. »Ich hab’s ihm nur gesagt.« Dabei tat sie wie die Unschuld selbst. »Damit er weiß, worauf er sich einlässt.«
    Pauline wollte etwas sagen, doch daraus wurde nichts, weil sie vor Schreck die Hände vor den Mund schlagen musste. Pablo war nämlich losgelaufen, als sei jemand hinter ihm her. Schon war er in der Menschenmenge verschwunden.
    »Tja«, sagte Paula. »ist ihm wohl allmählich zu riskant mit uns. Vielleicht hat er auch andere Pläne.« Dann packte sie Pauline, die wohl zu entsetzt war, um protestieren zu können, und zog sie hinter sich her zu dem Bahnsteig, wo der Zug schon wartete. »Einsteigen!«, kommandierte sie, und als wir drinnen waren, schubste sie uns in ein leeres Abteil. Dann verschwand sie wieder im Gang.
    Pauline hatte immer noch kein Wort gesagt. Ich wusste, ich hätte Mittel gehabt, sie zu trösten, aber ich durfte ja mich und den Hund nicht verraten. Und tatsächlich – der Zug fuhr gerade an, da trottete Pablo, ein wenig hechelnd, in das Abteil. »Alles in Ordnung«, sagte Paula. »Er musste nur noch rasch was besorgen.«
    Pauline fiel sehr wortreich ein Riesenstein vom Herzen, worauf sie und der Hund erneut ein kleines Wiedersehensfest feierten. Und dann warteten wir zu viert mal wieder darauf, was unser erfindungsreiches Schicksal für uns vorbereitet hatte.
    Wir warteten sehr lange. Dabei redeten wir über dies und das. Erst als wir schon dachten, die Bahn habe uns komplett vergessen oder sei ausnahmsweise einverstanden damit, dass wir umsonst nach München reisten, erschien ein ziemlich griesgrämiger Schaffner und sagte seinen schlichten Text: »Fahrkarten.« Ich sah, dass Paula ihm antworten wollte, offenbar hatte sie sich

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