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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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davon entfernt. Obwohl Luftlinie nur zweihundert bis dreihundert Meter. Das sind Welten. Nämlich: Hier tost es und torkeln die Junkies und rasen die Maseratis. Hier der Glanz und das Elend auf demselben Quadratmeter. Dort das kleine Leben und die kleine Freiheit. Dort quietscht nur das Tram ins Depot und lebt sich’s ruhig, eingeklemmt zwischen Bahneinschnitt, Feinstaub und Badenerstrasse.
    Und noch etwas: Du wirst in diesem Buch vergeblich auch die Wörter «Paradeplatz» und «Bahnhofstrasse» und «Bank» suchen. Weil die sind für die Bevölkerung, von der diese Geschichte wimmelt, so real wie das Raumschiff Enterprise. Vielleicht spazierst du da mal durch, wenn die Lindenbäume duften. Oder du hast ein Konto bei deiner Quartierbank. Aber das ganze «Gnomen von Zürich»-Zeug, die ganzen «Abzocker-Banker», die «Privatbank-Räuber», davon wissen Johnny Maurer und Jason-Lars und Kylie-Shawn und Spitfire und die Altstetten Basterds rein gar nichts. Der Müller und Bucher Manfred und die Polizei natürlich schon, aber rein beruflich. Es ist ein Paralleluniversum.

Dienstag, gegen Abend
    Etwas kühler, die Hitze entweicht ein bisschen, aber immer noch Dienstag. Der Müller macht weiter. Doch vorher muss ich noch den Traum erzählen, den er bekam bei der Siesta und den er nicht mehr hersagen kann, weil nicht in der Tiefschlafphase aufgewacht, sondern allmählich wieder in die Welt zurückgedöst, und das verwischt natürlich die Eindrücke.
    Der Traum geht so: Ein blauer Frosch hüpft im Quadrat, singt ein französisches Lied. Schnitt. Chromblitzende Kühlerhaube eines Jaguars, Motorengeräusche. Der Frosch quakt im Quadrat, und ein französisches Auto singt ein jaguarisches Lied auf blau und kühlt unter der Haube französisches Chrom, und eine Raubkatze frisst den Frosch. Es blitzt. Und weil sehr konfus, war der Müller Beni natürlich völlig fertig, obwohl keine Erinnerung mehr. Aber das schafft dich schon, vor allem weil dein U-Bewusstes, es merkt, da ist was, aber du weisst nicht, was. Und du merkst, dass dein U-Bewusstes merkt, dass da was ist, aber du selbst merkst es nicht, weil du dich ja nicht erinnerst. Und eigentlich wäre es von Vorteil, dass dem Müller eine Erinnerung heraufdämmert, nämlich vielleicht ein Hinweis auf die laufende Ermittlung. Alles schon dagewesen. Obwohl scheint wie Vollblödsinn.
    Wir wollen nicht so weit gehen und uns anmassen, diesen Traum jetzt zu deuten, geschweige denn eine Erkenntnis darüber abzuleiten. Weil, da haben andere vor über hundert Jahren schon sechshundert Seiten darüber geschrieben, die viel davon verstehen.
    Der «Todesfall Sandra Molinari» erfordert seine ganze Konzentration, und er ist nicht wirklich weiter. Aber unser Müller wird ihn schon verhaften, den Täter. Denn hurtigen Schrittes streift der Müller nach dem Herumtorkeln im Halbschlaf nach der Siesta die Antitrittschall-Filzpantoffeln ab, schlüpft in die Sandalen und verlässt die Wohnung schnell und für alle Eventualitäten einsatzbereit, denn das Verbrechen schläft nicht. Und wir sehen, wo er hingeht, und das muss ich jetzt erzählen, denn wie auf Bestellung überstürzen sich nun die Ereignisse.
    Der Müller, soeben aus der Wohnung, spaziert Strasse runter, will zuerst rechts, dann über den Einschnitt, wo Bahn in einen v-förmigen Graben versenkt ist und untendurch fährt, dann links hinein in die Elisabethenstrasse. Jemand zu Hause vielleicht jetzt? Bei Molinari, Huber, Krstic? Molinari sicher nicht, vielleicht Huber und Krstic? Und vielleicht sogar Besuch da? Hat er schon im Kopf, was da vielleicht sein könnte und wie es aussieht und was polizeiliche Schritte wären, und ist in Gedanken schon fast da, aber physisch noch nicht, sondern erst fast bei der Post 8036 Zürich-Wiedikon …
    Da! In Gedanken und sinnend.
    Der Müller biegt von Birmensdorferstrasse nach dem Kiosk und dem «McPaper»-Papeteriemarkt um die Ecke bei Post, er schneidet die Kurve eng, das darf der Fussgänger, will jeden Meter sparen, um schnell zum Bahneinschnitt und dann in der Elisabethenstrasse zu sein, also anzukommen.
    Zusammenprall!
    Wer wie was, hä? Zivilisiert bedeutet das: «Was bedeutet das?»
    Ein Kleiderschrank mit Kopf obendrauf. Alte Kopfform wie Neandertaler, rund wie Kugel, und grosse Fäuste ausgefahren, eine links und eine rechts und badabadabamm! Das tut dem Müller sofort weh, und der Müller natürlich überrascht und – ich betone: unbewaffnet – wehrlos, weil noch etwas schläfrig von der

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