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Mueller und die Tote in der Limmat

Mueller und die Tote in der Limmat

Titel: Mueller und die Tote in der Limmat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raphael Zehnder
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fängt das Grausen an? Obwohl du niemanden kennst, der jemanden kennt, der jemanden kennt, dem etwas Grausiges passiert ist. Das Verbrechen ist schlimm. Meist ist es weit weg. Denkt man. Aber die Polizei hat beide Hände voll zu tun, damit es hinter Schloss und Riegel kommt und nicht mehr geschieht. Aber, wirst du sagen, ich verkehre nicht im Rockmilieu, also kann mich der Kulturserienmörder kreuzweise, magst du einwenden. Da magst du recht haben, das kann schon sein. Aber ist es wirklich so, dass es so ist, dass das ein Mörder ist, der nur im Rockmilieu ist? Woher willst du das wissen? Vielleicht ist es ja auch etwas ganz anderes, nicht wahr? Zum Beispiel ein fanatischer Gaddafi-Treuer? Al-Kaida? Taliban, wo den jüdisch-amerikanisch-satanisch-bolschewistischen Rock ’n’ Roll hassen? Ein entflohenes Gürteltier mit Vampir-Komplex? Man kann nie wissen. Erst hinterher ist man manchmal klug.
    Aber man merkt an Johnnys Aussage, dass sich jetzt die Figuren in dieser Geschichte stark vermehren: Am Konzert dieser US -amerikanischen Kultexperimentalgruppe am Samstagabend kreisten um Johnny Maurer Plattenfirmenmann Holderegger, Musikjournalist Michael Hauser, die nunmehr tote Sandra Molinari und ferner Brigitte und Rosi, Sarah, Martina, Vanessa, Jasmina und Jessica, von denen wir bis dato weder wussten noch wissen, die an der Bar beim Bier auch mitwirkende Band, welche Johnny als Spitfire identifiziert hat, und siebenhundert andere im Halb- bis Dreivierteldunkel der Konzerthalle, was die Wahrscheinlichkeit brauchbarer Zeugenaussagen exponentiell hoffnungslos macht. Da malt sich der Müller keine Chancen auf ein sogenanntes «QE» aus, wie das in der Fachsprache heisst: «Quick end», deutsch wörtlich: «Schnelles Ende». Sagt das FBI in den Vereinigten Staaten von USA , wir von der Polizei Zürich sagen fürs selbe: «schneller Zugriff».
    Und wenn so viele Tramladungen voller Menschen zu dem Fall gehören, dann schwierig, die Übersicht zu behalten. Denn mit den Figuren vermehrt sich auch die Arbeit. Nichts gegen Arbeit, indes, o Schicksal, der Müller ist eine Einmanntruppe ohne zusätzliches Hilfspersonal, also wird es anstrengend. Das macht ihn plötzlich sterbensmüde, und die Küche von Johnny Maurers Wohnung ist unklimatisiert, also «hot, hot, hot», wie vor Jahren ein Sommerhit ging. Darüber hinaus ist Johnny unfreundlich und unergiebig. Unfreundlichkeit ist aber nicht per se – Achtung Fremdwort aus dem Polizeiwortschatz – «suspekt», das heisst «verdächtig».
    Letzte Frage Müller zu Johnny Maurer: «Welches Bier trankt ihr?»
    Kann man denken: Wozu das?
    Nun, lerne: Bei einer Ermittlung ist a priori alles wichtig in diesem Stadium. Sortiert wird hinterher. Ist wie Früchteschale: Du füllst sie. Dann wählst du aus.
    Letzte Antwort Johnny zu Müller: «Das aus Altstetten.»
    Gemerkt.
    Und der Müller: «Das wär’s für den Moment. Ich komme wieder.»
    Johnny nicht begeistert, aber was willst du gegen den Müller.
    Also beiderseitig «tschüss», und es zottelt der Müller wieder ab, Treppe hinunter.
    Und wer kommt da gerade im E wie Erdgeschoss zur Haustür herein?
    Der Boulevardzeitungsmusikchef Tobias F. Hubacher kommt zur Tür herein. Das beschenkt den Müller Beni gewissermassen mit einem Déjà-vu-Erlebnis. Das ist Französisch und bedeutet: «Schon-gesehen-Erlebnis». Also eine Situation, die man schon erlebt hat und sich wiederholt, also nochmals passiert, und wenn nochmals wiederereignet und nochmals und nochmals, dann ist es wie in diesem Film mit dem Murmeltier. Und das trifft, findet der Müller, schon gewissermassen zu auf das Leben, denn manche Dinge wiederholen sich, andere nicht, wie der Mord an Sandra, weil tot ist nun mal tot, und «man stirbt nie zweimal», aber « nie soll man auch nie sagen» (James Bond).
    Kurz: Der Müller kommt in ein Grübeln, das uns, die wir ihn nun ein bisschen näher kennen, fast philosophisch anmutet. Mich dünkt zwar, er ist der Lösung des Falls Sandra Molinari noch nicht viel näher gekommen, obwohl man sich heftig täuschen kann, aber hallo! Und plötzlich fällt es einem wie Schuppen von den Augen: Der hat den ganzen Hergang und Ablauf und die Identität der Täterschaft die ganze Zeit geahnt, aber noch Beweise sammeln müssen wie andere Leute im September Pilze, weil ohne = keine Verurteilung, und ich hatte unterdessen keinen blassen Schimmer und dachte, er irrt ziellos in der wunderschönen Stadt Zürich und in Gedanken herum, ohne dass ich

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