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Münsterland ist abgebrannt

Münsterland ist abgebrannt

Titel: Münsterland ist abgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Kehrer
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hatte, damit das Goldkettchen auf dem Brustpelz besser zur Geltung kam. Und: In dem Bauch, den Lisa stolz vor sich hertrug, wartete ein neues Wesen darauf, das Licht der Welt zu erblicken.
    Bastian war so geschockt von dem Anblick, dass er es nicht einmal schaffte, Lisas roboterhaftes Lächeln zu erwidern.
    «Hallo, Bastian. Wie geht’s dir?»
    Jedes Mal, wenn sie darüber geredet hatten, war Lisa gegen ein Kind gewesen.
Zumindest vorläufig. Zuerst kommen die Karriere und die finanzielle Absicherung. In ein paar Jahren sieht es vielleicht anders aus.
Und kaum lernte sie diesen behaarten Affen kennen, ließ sie sich von ihm schwängern.
    «Gut. Mir geht’s gut.» Dass er immer noch von Albträumen geplagt wurde und alle zwei Wochen zur Polizeipsychologin ging, wollte Lisa sicher nicht wissen.
    «Schön.» Lisa strich über ihren Bauch. «Wie du bemerkt hast, sind wir bald zu dritt.»
    «Das ist ja … phantastisch. Äh, herzlichen Glückwunsch!», stammelte Bastian. «Du, ich muss …» Er eilte davon. Noch eine Minute länger und er hätte der werdenden Mutter vor die Füße gekotzt. Oder, besser noch, dem mutmaßlichen Vater in die Eier getreten. Zum Glück hatte der Kerl nicht ein einziges Mal den Mund aufgemacht. Sonst hätte Bastian womöglich noch eine schweißfeuchte Hand schütteln und erfahren müssen, dass der Goldkettchenträger einen menschlichen Vornamen besaß.
    Den Einkauf verschob er auf eine andere Gelegenheit, was er jetzt brauchte, war eine Höhle, in der man den blauen Himmel und die Leichtigkeit des Lebens für ein bloßes Gerücht hielt. Nur ein paar Schritte vom Erbdrostenhof entfernt, betrat Bastian eine schummrige Kneipe. Ganz am Ende der Theke standen die Menschen mit den grauen Gesichtern und schütteren Haaren, deren Hände zitterten, bis der Thekenmann das nächste volle Glas vor ihnen abstellte. Bastian gesellte sich zu ihnen und trank mit, so lange, bis ihm Yasi und Lisa nicht mehr so wichtig waren.
    |||||
    Als die Prostituierte durch das Präsidium geführt wurde, hatten plötzlich alle irgendetwas auf dem Flur zu erledigen. Bastian versuchte gar nicht erst, seine Neugierde zu kaschieren. Er lehnte am Türrahmen von Susannes Büro und schaute der Frau entgegen. Sie sah aus wie Tausende andere Studentinnen in Münster: mittelgroß, weder schlank noch dick, mit mittellangen dunklen Haaren, Hornbrille, Jeans, Schlabbertop und Sneakers. Bastian schätzte sie auf Mitte zwanzig. Jeden Tag radelten Klone dieses Frauentyps an ihm vorbei. Und nie war er auf den Gedanken gekommen, dass sie sich in der Nacht in Gespielinnen für reiche Männer verwandeln könnten.
    So unscheinbar die Frau wirkte, so wenig schien es ihr auszumachen, von allen Seiten angestarrt zu werden. Beinahe hatte Bastian den Eindruck, dass sie die Aufmerksamkeit genoss. Um ihre Lippen spielte ein leicht spöttisches Lächeln, sie hielt sich gerade und blickte ihm direkt in die Augen, als sie vorbeiging.
    «Die ist nicht leicht zu knacken», sagte Susanne. «Weißt du, worin bei Vernehmungen der Unterschied zwischen Männern und Frauen besteht?»
    «Frauen lügen besser?», sagte Bastian.
    «Das auch. Frauen bleiben bei ihrer Version, egal welche Fakten man ihnen um die Ohren knallt. Männer versuchen, ständig neue Geschichten zu erfinden, die zur Beweislage passen, bis sie sich hoffnungslos in ihrem Lügengebilde verstricken.»
    «Ich schaue mir an, ob sie gut lügt oder nicht», erklärte Bastian. «Wie steht es mit dir?»
    «Kein Interesse.» Susanne setzte sich an ihren Schreibtisch. «Ich muss noch ein paar Akten aufarbeiten.»
    Als Bastian den Raum verließ, war sie schon in ein Schriftstück vertieft.
    |||||
    Dirk Fahlen hatte sich selbst für die Vernehmung eingeteilt, zusammen mit der platinblonden Oberkommissarin vom KK 11 , von der Bastian inzwischen wusste, dass sie Ruth Winkler hieß und mit einer Frau verheiratet war.
    Die Vernehmung wurde von einer Kamera an der Decke aufgezeichnet, die mit einem Monitor im Büro der Kommissariatssekretärin verbunden war. Logisch, dass sich in dem kleinen Raum bald etliche Mitglieder der Mordkommission einfanden, um die Übertragung zu verfolgen.
    «Was ist los?», protestierte die Sekretärin. «Habt ihr nichts zu tun?»
    Klaus Strothkamp, einer der Männer, die die Studentin geholt hatten, grunzte. «Das hängt vom Ausgang des Spiels ab. Geht sie sauber hier raus, ist die Sache gelaufen. Falls nicht, müssen wir in die Verlängerung.»
    Im Vernehmungsraum hatten Fahlen und

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