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Münsterland ist abgebrannt

Münsterland ist abgebrannt

Titel: Münsterland ist abgebrannt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Kehrer
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Winkler inzwischen die Angaben zu Name und Alter sowie die anderen Formalitäten abgehakt und begannen mit allgemeinen Fragen. Annika Busch, so hieß die Studentin, erzählte bereitwillig. Sie habe während des Studiums eine Kommilitonin kennengelernt, die für einen Escort-Service arbeitete und sie mit der Agentur in Kontakt gebracht habe. Ja, Bedenken seien ihr schon gekommen, sie habe vereinbart, jederzeit aussteigen zu können, und weder ihre Eltern noch ihre engsten Freunde wüssten etwas von ihrem Nebenverdienst. Und ja, es sei möglich gewesen, die Jobs zu verheimlichen, schließlich habe sie nur ein bis zwei Termine pro Monat angenommen, genug, um finanziell gut über die Runden zu kommen.
    Wie gut, wollte Fahlen wissen.
    Das gehe nur sie und das Finanzamt etwas an, antwortete Annika Busch.
    Allgemeines Gelächter hinter dem Schreibtisch der Sekretärin.
    Fahlen konterte mit einer Provokation. Wenn er sie so sehe, könne er sich kaum vorstellen, dass sie Männern wie Carl Benedikt Mergentheim den Kopf verdrehe.
    Jetzt lachte Busch. «Bei der Arbeit sehe ich etwas anders aus, Herr Kommissar. Glauben Sie mir, gewöhnliche Frauen wie ich können sich mit Hilfe von Schminke, Kontaktlinsen, einer Blondhaarperücke, Netzstrumpfhosen und hochhackigen Schuhen in ein Luder verwandeln, bei dessen Anblick den meisten Männern der Sabber aus dem Mund läuft.»
    «Tatsächlich?» Fahlen schaute kurz zu Ruth Winkler, ein Zeichen, dass sie übernehmen sollte.
    Das Schwarz-Weiß-Bild, das auf den Monitor übertragen wurde, war zu unscharf, um Winklers Gesichtsausdruck exakt deuten zu können, doch Bastian war sicher, dass die Oberkommissarin ein Grinsen unterdrückte. «Wie war Mergentheim denn so?»
    «Ein guter Kunde.»
    «Was heißt das?»
    «Er hielt sich an die Regeln …»
    «Welche Regeln?», unterbrach Winkler.
    «Na, dass nur die Sachen laufen, die wir vorher vereinbart haben. Ich stehe nicht darauf, gefesselt oder geschlagen zu werden. Wenn ein Kunde mittendrin auf die Idee kommt, Sauereien auszuprobieren, ist bei mir Feierabend. Ich habe keine Lust, mit blauen Flecken oder offenen Wunden nach Hause zu gehen, nicht mal für ein paar hundert Euro extra.»
    «Eine löbliche Einstellung», sagte Fahlen.
    «Danke, Herr Kommissar.» Annika Busch zog einen Schmollmund. «Ich mag Männer, die mich verstehen.»
    «Hauptkommissar, nur fürs Protokoll.»
    «Kommen wir auf Carl Benedikt Mergentheim zurück», sagte Ruth Winkler. «Er war also ein braver Kunde?»
    «Ja. Er war sauber, hat sich vorher immer ordentlich geduscht, keine ekligen Dinge gemacht und mehr als anständig gezahlt. Was will man mehr?»
    «Das war alles? Sie sind hingegangen, es kam zum Geschlechtsverkehr und dann haben Sie sich verabschiedet?»
    «Nein.» Busch tippte sich an den Kopf. «Den Unterleib hinhalten, damit der Typ seinen Schwanz reinsteckt, das kann jede Nutte, die hinter der Halle Münsterland rumsteht. Mein Tarif liegt etwas höher. Ich werde dafür bezahlt, dass ich mich mit den Herren unterhalte, bevor es zum Äußersten kommt.»
    «Und worüber reden Sie so?», fragte Fahlen.
    «Über alles Mögliche. Aktienkurse, Außenpolitik, Literatur, Kunst, Filme. Was gerade so interessiert. Ich bekomme ein Profil des Kunden und bereite mich darauf vor.»
    «Welche speziellen Interessen hatte Mergentheim?»
    «Er hatte ein Faible für moderne amerikanische Literatur. Da haben wir uns getroffen. Eines meiner Studienfächer ist nämlich Amerikanistik.»
    Die Tür zum Büro der Sekretärin öffnete sich und Staatsanwalt Neumann kam herein. «Mein Gott, was ist das hier für eine Luft. Kann mal jemand ein Fenster aufmachen?»
    Die Sekretärin tat ihm den Gefallen, vom Friesenring vor dem Polizeipräsidium drang Verkehrslärm herein.
    Neumann quetschte sich zwischen die Mordermittler. «Wie sieht’s aus?»
    «Sie sind noch beim Vorspiel», sagte Strothkamp.
    Annika Busch berichtete, dass sie insgesamt drei Mal bei Mergentheim gewesen sei, nach dem ersten Besuch habe der Bankier sie gezielt angefordert.
    «Er war also mit Ihnen zufrieden?», sagte Winkler.
    «So kann man das deuten.»
    «Wie lief denn Ihr letzter Besuch ab, der vor drei Tagen?», fragte Fahlen.
    «Schlecht.»
    «Können Sie das etwas erläutern?»
    «Sicher, Herr Kommissar. Entschuldigung, Herr
Haupt
kommissar.» Annika Busch zeigte keine Anzeichen von Verunsicherung. «Als ich ankam, merkte ich gleich, dass Charly schlecht drauf war.»
    «Charly?»
    «Er mochte es, wenn ich ihn so

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