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Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Reinharts Zimmer versammelt hatten. »Das kommt von Leverkuhn, darauf verwette ich meine Tugend!«
    »Immer langsam mit den jungen Pferden«, sagte Reinhart und hüllte sie in eine Rauchwolke. »Jetzt wollen wir mal nicht das Pferd von hinten aufzäumen, wie sie in Hollywood sagen.«
    »Deine Tugend?«, sagte Jung stirnrunzelnd. »Du auch?«
    »Bildlich gesprochen«, erklärte Moreno.
    Nach einigen erfolgreichen Telefongesprächen hatte man zusammen, was man über die beiden Zeitschriften wissen musste. Die Finanzpoost war eine ausgeprägte Businesszeitschrift
mit Wirtschaftsanalysen, Börsen-, Steuer- und Spekulationstipps. Auflage ungefähr hundertfünfundzwanzigtausend. Kam einmal die Woche heraus, wurde im Abonnement und im freien Verkauf gehandelt. Anzahl der Abonnenten in Maardam gut zehntausend.
    »Verdammt bürgerliche Blase«, sagte Reinhart.
    »Für die Spürhunde, die das Schicksal der Welt regieren«, sagte Rooth.
    Mit dem Breuwerblatt verhielt es sich ein wenig anders. Die Publikation kam nur vierteljährlich heraus, es war eine Art Fachzeitschrift für die Angestellten in der Brauereibranche im ganzen Land. Die Auflage im letzten Jahr betrug sechzehntausendfünfhundert. Kein freier Verkauf. Verbreitung in Maardam eintausendzweihundertsechzig. Einer der Abonnenten hieß Waldemar Leverkuhn.
    »Eintausendzweihundertsechzig!«, rief Rooth aus. »Wie, zum Teufel, kann es so viele Brauereiarbeiter geben?«
    »Wie viele Biere trinkst du in der Woche?«, wollte Jung wissen.
    »Nun ja, wenn man es so sieht ...«, gab Rooth zu.
    Es wurde einhellig beschlossen, die Finanzen beiseite zu legen, um sich stattdessen der bedeutend edleren Bierproduktion zu widmen, aber bevor man damit so recht in Gang gekommen war, klopfte es an der Tür, und ein korpulenter Linguist mit Namen Winckelhübe – mit Semiotik und Textanalyse als Spezialgebiet – stellte sich vor. Reinhart erinnerte sich daran, dass er am vergangenen Abend die Universität Maardam angerufen hatte und kümmerte sich etwas widerwillig um Winckelhübe. Erklärte ihm in groben Zügen die Lage, gab ihm eine Kopie der aktuellen Zeitschriftenexpertisen, ein eigenes Zimmer sowie den Auftrag, seinen Bericht sofort abzuliefern, wenn er meinte, etwas gefunden zu haben.
    Während Reinhart sich um diese Instruktionen kümmerte, nahm Moreno Kontakt zu der Redaktion des Breuwerblattes auf, die sich glücklicherweise in Reichweite draußen in Löhr befand, und nach dem wie üblich effektiven Ausrücken des
jungen Krause hatte man eine halbe Stunde später die Ausgaben der letzten drei Jahre auf dem Tisch. Zwei Exemplare jeder Nummer.
    »O Mann«, sagte Rooth. »Das geht ja wie bei der Eisenbahn. Man schafft es kaum noch, was zu futtern.«
     
    Und wieder war es Rooth, der die Stelle fand.
    »Hier haben wir’s«, rief er laut. »Hol’s der Teufel!«
    »Auch ein blindes Huhn ...«, stellte Reinhart fest. Ging zu Rooth, um sich zu vergewissern.
    Es gab keinen Zweifel. Der kleine Papierstreifen, der aus dem Hintern von Else Van Eck draußen im Weylers Wald herausgeragt hatte, stammte aus der Septembernummer letzten Jahres vom Breuwerblatt. Seite elf und zwölf. Ganz oben links – eine zweispaltige Notiz über eine Konferenz in Oostwerdingen zum Thema Betriebsklima. Das Foto auf der Rückseite stellte ein Stück von einem Tisch und einem Anzug dar, der zu einem Landeshäuptling gehörte, der eine Anlage in Aarlach einweihte.
    »Die Sache ist klar«, sagte Reinhart.
    »Glasklar«, sagte Moreno.
    »Kann man deutlich sehen, dass er ’ne Schrumpfleber hat«, erklärte Rooth und betrachtete den Landeshäuptling aus der Nähe.
    Dann herrschte einige Sekunden lang Schweigen.
    »Waren es zwölfhundertsechzig Abonnenten?«, fragte Jung. »Dann muss es ja nicht unbedingt ...«
    »Verdammter Schwarzmaler«, unterbrach ihn Rooth. »Es ist ja wohl klar, dass das von den Leverkuhns kommt. Sie hat auch die Van Eck auf dem Gewissen, darauf wette ich meine ... Ehre.«
    »Bildlich gesprochen?«, fragte Moreno.
    »Buchstäblich«, sagte Rooth.
    Reinhart räusperte sich.
    »Sicher, es verweist auf die Leverkuhns«, sagte er. »Wollen wir uns aber nicht erst mal Kaffee besorgen und das
Ganze anschließend in ein wenig geordneteren Formen diskutieren?«
    »Ich bin ganz deiner Meinung«, stimmte Rooth zu.
     
    Während des Kaffeetrinkens traf ein weiterer Rapport von der Gerichtsmedizin ein, und Reinhart hatte das ungetrübte Vergnügen, Kommissar Mulder mitzuteilen, dass man die Sache

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