Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
Vom Netzwerk:
schließlich offenbar die Lage verstanden hatte. Er versprach bereit zu sein, sobald der Kommissar Müssner sich wieder meldete.
    »Münster«, sagte Münster. »Nicht Müssner.«
    »Okay«, sagte Malinowski. »Habe ich mir notiert.«
    Danach machte er sich auf den Weg. Es war inzwischen fast sechs Uhr, und die Dunkelheit senkte sich langsam über die ausgestorbene Stadt. Der Wind war wieder stärker geworden, aber diesen ganzen langen Donnerstag war noch kein Tropfen Regen gefallen.
    Ein paar Minuten später stellte er seinen Wagen ab. Er blieb eine Weile sitzen und konzentrierte sich. Dann kontrollierte er, ob er Waffe und Handy dabei hatte, und stieg aus dem Auto.

39
    »Es gibt einen Film von Tarkowskij«, sagte Van Veeteren. »Seinen letzten. Das Opfer. Das ist es, worum es sich hier handelt.«
    Reinhart nickte. Dann schüttelte er den Kopf.
    »Klär mich auf«, sagte er. »Ich habe ihn gesehen, aber das ist einige Jahre her.«
    »Man sollte sich Tarkowskij mehrmals ansehen, wenn man die Möglichkeit dazu hat«, sagte Van Veeteren. »Es gibt bei ihm so viele Ebenen. Dir fällt es nicht mehr ein?«
    »Nicht so auf Anhieb.«
    »Er stellt eine grundlegende Frage in dem Film. Man könnte es folgendermaßen ausdrücken: Wenn dir Gott in einem Traum begegnet und du gibst ihm gegenüber ein Versprechen ab, was tust du, wenn du aufwachst?«
    Reinhart schob sich die Pfeife in den Mund.
    »Ich erinnere mich«, sagte er dann. »Er soll seinen Sohn opfern, damit die Wirklichkeit, die alle tötet, nur eine Illusion sein soll, nicht wahr? Ein Krieg, der in einen Albtraum verwandelt wird, wenn er die Tat ausführt?«
    »Ungefähr«, sagte Van Veeteren. »Die Frage ist natürlich, ob wir solche Zeichen wirklich erhalten. Und was passiert, wenn wir sie ignorieren. Die Abmachung brechen.«
    Reinhart schwieg eine Weile.
    »Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie auf einen Brunnendeckel getreten«, sagte er dann.
    »Vermutlich bist du deshalb immer noch am Leben«, sagte Van Veeteren. »Wie weit ist es noch?«
    »Eine Stunde«, sagte Reinhart. »Aber ich muss sagen, dass ich immer noch nicht so richtig verstehe, was dieser Tarkowsij mit unserem Ausflug zu tun hat. Aber ich vermute, das willst du nicht näher ausführen?«
    »Da vermutest du ganz richtig«, sagte Van Veeteren und zündete sich eine neu produzierte Zigarette an. »Das gehört auch zur Abmachung.«

     
    Der Taxifahrer hieß Paul Holt. Krause hatte ihn aufgespürt, und Moreno traf ihn in seinem gelben Auto vor dem Hotel Kraus. Ein schmächtiger Mann in den Dreißigern. Weißes Hemd, Schlips und gepflegter Pferdeschwanz. Moreno ließ sich auf dem Beifahrersitz nieder, und als er ihr die Hand zur Begrüßung reichte, konnte sie deutlich den Marihuanaduft in seinem Atem riechen.
    Nun ja, dachte sie. Er soll mich ja sowieso nirgends hinfahren.
    »Es geht um eine Fahrt vor ein paar Monaten«, sagte sie. »Frau Leverkuhn im Kolderweg ... wie weit können Sie sich noch dran erinnern?«
    »Ziemlich gut«, sagte Paul Holt.
    »Nun ja, es war ja nicht gerade gestern«, sagte Moreno.
    »Nein«, stimmte Holt zu.
    »Und Sie müssen in der Zwischenzeit Hunderte von Fahrgästen gehabt haben?«
    »Tausende«, erklärte Holt. »Aber an die speziellen erinnert man sich. Ich kann Ihnen von einem Typen in gepunkteter Hose erzählen, den ich vor acht Jahren gefahren habe, wenn Sie wollen. Und zwar im Detail.«
    »Ich verstehe«, sagte Moreno. »Und diese Fahrt mit Frau Leverkuhn, die war also speziell?«
    Holt nickte.
    »Inwiefern?«
    Holt zog sein Haargummi fester und faltete die Hände auf dem Lenkrad.
    »Das wissen Sie doch genauso gut wie ich«, erklärte er. »Schließlich stand es in allen Zeitungen ... aber ich würde mich auch so daran erinnern.«
    »Ja?«
    »Es war etwas außergewöhnlich, und an so was erinnert man sich.«
    »Ich verstehe«, sagte Moreno. »Können Sie mir erzählen, wo Sie hingefahren sind und was Frau Leverkuhn gemacht hat?«

    Holt kurbelte das Seitenfenster zehn Zentimeter hinunter und zündete sich eine normale Zigarette an.
    »Nun ja, das war ja eher ein Warentransport. Die Rückbank und der Kofferraum waren voll mit Taschen und Tüten. Ich glaube, ich habe ihr sogar gesagt, dass es dafür Kurierfirmen gibt, aber ich bin mir nicht mehr sicher. Wie dem auch sei, ich habe mit angefasst. Man ist ja hilfsbereit.«
    »Wohin sind Sie gefahren?«, fragte Moreno.
    »Zuerst zur Heilsarmee in Windermeer«, berichtete Holt. »Haben da einen Teil der Tüten

Weitere Kostenlose Bücher