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Muensters Fall - Roman

Muensters Fall - Roman

Titel: Muensters Fall - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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fragte Jung.
    Meusse schnaubte.
    »Wenn ihr wisst, wer das ist, dann wisst ihr ja wohl auch, wie alt sie ist«, brummte er und machte sich auf den Rückweg in sein Büro.
    »Double-checking«, erklärte Rooth. »Unsere Dame war an die siebzig. Könnte das stimmen?«
    »Nicht schlecht«, bestätigte Meusse. »Die hier müsste zwischen fünfundsechzig und fünfundsiebzig sein, meinen ersten vorläufigen Einschätzungen zur Folge ... aber ich habe sie erst gestern Nachmittag gekriegt, deshalb will ich mich da nicht näher festlegen.«
    Jung nickte. Er hatte es noch nie erlebt, dass Meusse sich genau festlegen wollte. Andererseits hatte er auch noch nie gehört, dass er falsch getippt hatte. Wenn Meusse sagte, dass der Kopf, den sie gerade angestarrt hatten, einer Frau um die siebzig gehörte, und dann dieser Frau mit einem schweren, stumpfen Gegenstand vor rund zwei Monaten auf den Schädel geschlagen wurde, ja, dann gab es zweifellos gute Gründe davon auszugehen, dass das auch so stimmte.
    Und dass die betreffende Frau Else Van Eck war und keine andere.
     
    »Jaha«, sagte Rooth, als sie aus der Rechtsmedizin kamen und ihre Mantelkragen gegen den böigen Nieselregen hochgeschlagen hatten. »Das geht ja wohl mit dem Teufel zu. Ich vermute, damit hat sich die Lage um einiges verändert.«
    »Vielleicht sollten wir Münster alarmieren?«, schlug Jung vor.

    »Das sollten wir sicher«, stimmte Rooth zu. »Aber ich schlage vor, dass wir uns vorher erst mal was zu futtern suchen, denn das wird bestimmt reichlich Lauferei geben, das habe ich so im Gefühl.«
    »Bestimmt«, nickte Jung. »Liegt geradezu in der Luft.«

IV

30
    Er wachte auf und wusste nicht, wer er war.
    Es dauerte eine Sekunde oder auch nur eine halbe, aber es hatte ihn gegeben. Diesen absolut blanken Augenblick, in dem keinerlei Vergangenheit existierte. Keine Erinnerung. Keine Niederlage.
    Keine Schräglagen und kein knickriges Zu-kurz-kommen.
    Nicht einmal ein Name.
    Eine halbe Sekunde lang. Nur ein Tropfen im großen Meer der Menschlichkeit. Dann kam alles zurück.
    »Hmmmm ...«, murmelte die Frau an seiner Seite. Drehte sich um und bohrte ihren Kopf noch tiefer in das Kissen. Schmiegte sich enger an ihn.
    Nun ja, dachte er. Es könnte schlimmer sein. Er schaute auf die Uhr. Halb acht. Erinnerte sich an das Datum. Der erste Januar! Mein Gott, sie waren nicht vor zwei ins Bett gekommen, und danach hatten sie zwar im Bett gelegen, aber nicht ...
    Er schmunzelte.
    Merkte, dass er schmunzelte. Das zog ungewohnt in den Wangenmuskeln, aber verdammt noch mal, es war ein Lächeln. Um halb acht Uhr nach zwei, drei Stunden Schlaf! Am ersten Tag des Jahres.
    Er schob die Kissen zurecht und betrachtete sie. Ulrike Fremdli. Mit kastanienbraunem Haar, die eine Brust lugte durch einen Spalt zwischen den Decken hervor. Eine große, reife Frauenbrust mit einer Brustwarze, die bei zwei Kindern bereitgestanden hatte und die jetzt hier an einem Neujahrsmorgen
zweifellos eine Botschaft von Frieden und Trost vermitteln konnte. Von Freundschaft und Verbrüderung und Liebe zwischen all den Menschen auf dieser Welt, zwischen all diesen Tropfen in diesem Meer ...
    Mein Gott, dachte Van Veeteren. Ich bin ja nicht recht gescheit. Das Leben ist eine Symphonie.
    Er blieb liegen und traute sich kaum zu atmen. Als würde die geringste Bewegung ausreichen, um diesen spröden Augenblick zu zerschlagen.
    In so einem Moment möchte man sterben, dachte er.
    Dann überfiel ihn wieder der Traum.
    Sonderbar. Als hätte er nur um die Ecke gelauert und darauf gewartet, dass der Morgen sein trügerisches Netz illusorischen Glücks auswerfen würde, darauf gewartet, ihn niederzuschlagen, sobald er seine Deckung nur um wenige Dezimeter geöffnet hatte. War das nicht typisch? Nur zu typisch!
    Es war ein eigenartiger Traum gewesen.
    Ein dunkles, finsteres altes Schloss. Mit Gewölben und Treppen und großen, nur schwach erleuchteten Sälen. Leer und kalt, aber mit unruhig flackernden Schatten, die über die rauen Steinwände huschen. Offenbar ist es Nacht ... und scharfe Geräusche von Metall gegen Metall oder als ob jemand Messer schleife, und er hastet durch all das hindurch, von Raum zu Raum, auf der Jagd nach irgendetwas, er weiß nicht, wonach.
    Er gelangt zu einer Zelle, einer ganz kleinen, an der einen Wand ein winziger Altar mit einem Madonnenrelief, direkt aus den dunklen Steinen der Wand herausgehauen, wie es scheint – vor der anderen ein schlafender Mann auf einer Pritsche. Eine

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