Muensters Fall - Roman
verhält.«
Münster holte seinen Notizblock heraus und schaute sich am Tisch um. Reinhart hatte zweifellos Recht. Plötzlich waren reichlich Leute am Fall dran. Er selbst. Rooth und Heinemann. Jung und Moreno. Und jetzt auch noch Reinhart. Hiller gar nicht eingerechnet natürlich.
»Ich schlage vor, dass wir die Entwicklung des Falls seit dem ersten Fund in Weylers Wald durchgehen«, begann Münster. »Ist auch nicht schlecht, wenn wir einen kleinen Überblick kriegen, und dann hat Reinhart auf jeden Fall alle Fakten parat.«
Hiller nickte aufmunternd und klickte mit seinem Weihnachtskugelschreiber.
»Es war also am 21. Dezember, da hat ein junges Mädchen, Vera Kretschke, den Kopf gefunden, versteckt in einer Plastiktüte. Es stellte sich sehr schnell heraus, dass es sich um Else Van Eck handelte, die seit Oktober verschwunden war. Ihr Mann, Arnold Van Eck, hat sie sofort identifiziert. Das Ganze war aber zu viel für ihn, und er hält sich seitdem in Majorna auf ...«
»Armer Teufel«, sagte Rooth.
»Er scheint seit einer Woche nicht mehr den Mund aufgemacht zu haben«, sagte Moreno.
»In den darauf folgenden elf Tagen haben wir weitere drei Tüten gefunden«, fuhr Münster fort, »aber bis jetzt ist sie immer noch nicht komplett, wenn man so will. Es fehlt immer noch das linke Bein und ein Teil vom Hintern ... die Beckenpartie, um genau zu sein. Zwei Tüten wahrscheinlich. Zwölf Mann suchen immer noch, aber das ist natürlich keine einfache Aufgabe, auch wenn wir davon ausgehen, dass alles in Weylers Wald zu finden sein müsste. Übrigens war nichts eingegraben, der Mörder hat sich damit begnügt, alles so gut er konnte mit Laub, Zweigen und so weiter zuzudecken.«
»Er hatte wohl keinen Spaten dabei«, sagte Rooth.
»Nachlässiger Typ.«
»Gut möglich«, sagte Münster. »Laut Meusse war sie jedenfalls seit ungefähr zwei Monaten tot, es gibt also nichts, was dagegen spricht, dass sie genau an dem Abend ermordet wurde, an dem sie verschwand ... am 29. Oktober oder jedenfalls kurz danach. Die Zerlegung ist eigentlich gar nicht so schlecht gemacht worden – ich zitiere Meusse –, sie könnte von einer Person vorgenommen worden sein, die eine gewisse Ahnung vom Fach hat, meint er, aber das Werkzeug ist von etwas schlechter Qualität. Ein ganz normales, ziemlich stumpfes Fleischermesser oder Ähnliches. Plus wahrscheinlich ein Fleischerbeil. Die Todesursache selbst war wahrscheinlich ein kräftiger Schlag mit einem schweren Gegenstand gegen den Kopf. Das Scheitelbein ist deutlich zerbrochen, es haben sich Knochensplitter ins Gehirn gebohrt, aber höchstwahrscheinlich hat der Täter
außerdem die Halsschlagader geöffnet, bevor er mit dem Zerteilen angefangen hat ... hmm. Was die Plastiktüten betrifft, die für die Verpackung benutzt wurden, so ist das ein sehr gängiges Fabrikat, das in sieben von zehn Geschäften und Großmärkten von der Rolle gekauft werden kann. Das Einzige, worauf hingewiesen werden kann, ist die Tatsache, dass sie gelb waren. Es gibt dunkelgrüne von der gleichen Art, und die wären ja zweifellos vorzuziehen gewesen, wenn man Wert darauf legte, dass sie nicht so schnell entdeckt werden.«
»Wahrscheinlich hatte er keine anderen zu Hause«, sagte Rooth.
»Es kann so einfach gewesen sein«, stimmte Münster zu. »Sämtliche bis jetzt gefundenen Körperteile waren nackt. Keine Kleidungsstücke, keine anderen Details, die als Leitfaden dienen können. Fingerabdrücke sind schon im Hinblick auf den langen Zeitraum, der inzwischen verstrichen ist, ausgeschlossen.«
Er machte eine Pause und schaute sich am Tisch um.
»Keine große Hilfe, selbst wenn wir noch die anderen Teile finden«, sagte Jung.
»Nein«, stimmte Rooth zu. »Anscheinend nicht. Aber trotzdem ist es nicht witzig, mit einem Puzzle dazusitzen, bei dem zwei Teile fehlen.«
»Es ist sowieso kein besonders witziges Puzzle«, bemerkte Moreno.
»Scheint nicht so«, nickte Reinhart. »Welchen Verdacht habt ihr?«
Es blieb einige Sekunden lang still, abgesehen vom Kugelschreiberklicken des Polizeichefs.
»Lasst mich noch kurz die übrigen Einsätze referieren«, fuhr Münster fort, »dann können wir vielleicht hinterher ein wenig spekulieren. Wir haben mit einer ganzen Reihe von Leuten geredet, in erster Linie mit den Nachbarn in dem betreffenden Haus – Verwandte und Freunde waren ziemlich dünn gesät –, aber wenn wir das Ganze zusammenfassen wollen, dann haben wir alles in allem nicht viel
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