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Mürrische Monster

Mürrische Monster

Titel: Mürrische Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Royce Buckingham
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sich vor Lillis bunt bemaltem Wohnwagen wieder und fragte sich, was er eigentlich hier wollte. Sein Herzklopfen verriet ihm, dass er nicht dort sein sollte, aber als er gerade kehrtmachen wollte, öffnete sich die zweiteilige Falttür.
    Der Duft von Räucherstäbchen wallte ihm entgegen, und dann kam Lilli herausgeschwebt wie eine Fata Morgana. Sie trug einen fleckigen Arbeitskittel und schien von seinem Erscheinen nicht im Geringsten überrascht zu sein.
    »Ah, du bist es«, sagte sie. »Endlich.«
    »Woher hast du gewusst, dass ich kommen würde?«
    »Du warst rot.«
    »Rot?«
    »Deine Aura. Als du mich gesehen hast, hat sie aufgeleuchtet wie eine Glühbirne.«
    »Du siehst Dinge ?«, fragte Nate.
    »Ich sehe die Schönheit der Dinge.«
    »Ich nicht. Ich sehe Chaos.« Nate wusste nicht, wie viel er ihr verraten sollte. Er kannte sie ja überhaupt nicht, aber er fühlte sich ihr nahe und wollte ihr erzählen, wer und was er war.
    Lilli lachte. »Ehrlich, manchmal macht mir die Art, wie ich auf die Welt blicke, richtig Angst, aber ich glaube, es kommt nur darauf an, was man dabei fühlt. Was fühlst du , Nate?«
    »Ich empfinde Verantwortung«, antwortete er.
    »Wofür?«
    »Manchmal für die ganze Welt.«
    Lilli wedelte mit einem Malpinsel hin und her, den Nate noch gar nicht in ihrer Hand bemerkt hatte. Farbe schoss aus den Borsten heraus und spritzte vibrierendes Leben an die nahe Betonwand. »Was siehst du dort?«
    »Graffiti?«
    Lilli lachte. »Oh, das ist traurig. Armer Junge. Du solltest reinkommen und dir die schönen Seiten des Lebens anschauen.« Sie drehte sich um und ging voraus. Nach wenigen Schritten hielt sie inne. »Kannst du Geheimnisse bewahren?«
    »Das tue ich andauernd«, erwiderte Nate.
    »Weißt du, was ich bin?«, fragte ihn Lilli.
    Nates Herz machte einen Satz. »Ich glaube schon«, sagte er eifrig. »Weißt du, was ich bin?«
    Lilli nickte. »Ja. Das ist offensichtlich. Man muss nur wissen, was deine Farben bedeuten.«
    »Tatsächlich? Und was bedeutet es, wenn ich aufleuchte wie eine rote Glühbirne?«
    Lilli beugte sich zu ihm herüber. »Das hier ...«
    Sie zog Nate an sich und küsste ihn. Ihre Lippen waren geöffnet, ihre Zunge tastete in seinem Mund herum, tat, was ihr gefiel. Es war ganz anders als Sandys vorsichtige Küsse ... viel besser.
    Als sich ihre Münder voneinander lösten, schwebte ein purpurfarbenes Wölkchen zwischen ihnen. Selbst Nate konnte es sehen.
    »Und, hat es sich gut angefühlt?« Lilli lächelte, während das Wölkchen langsam verblasste.
    »Mhm.«
    »Dann komm. Ich zeige dir noch mehr schöne Sachen.«

11. Kapitel
    Spielplätze
    Flappy purzelte in die Elliot Bay hinaus, von feuchten Luftwirbeln herumgeschleudert, ein Winddämon, den sein eigenes Element drangsalierte. Völlig benommen vom Angriff des Trolls, taumelte die kleine Inkarnation über den salzigen Wassern des Puget-Sund umher. Zum ersten Mal seit Jahren war Flappy außerhalb der engen Grenzen des Hauses und ohne seinen Hüter unterwegs, und er fühlte sich völlig verloren. Gleichzeitig aber kam ihm die Weite seltsam befreiend und vertraut vor. Während er zu den Inseln abtrieb, begann er nach Herzenslust herumzutoben und durch die Gegend zu sausen. Einige Dämonen verfügten über ein Erinnerungsvermögen. Andere, so wie Flappy, trieb es von einer Sache zur nächsten, und sie ließen die Vergangenheit augenblicklich hinter sich, sobald es irgendwo etwas Neues zu erkunden gab. Und der Schwinger des Betonriesen hatte Flappys Gedächtnis auch nicht gerade nachgeholfen.
    Unter ihm zogen die Inseln vorbei, die den Puget-Simd der Elliot Bay bis zur Juan-de-Fuca-Straße und darüber hinaus bis zum endlosen fernen Pazifik hin sprenkelten. Allen Beschränkungen enthoben, breiteten sich seine Flügel immer weiter aus, und allmählich genoss er die neu gewonnene Freiheit und vergaß seinen Hüter. Und wie ein Karpfen, der in einen viel, viel größeren Teich hineinschwimmt, begann Flappy zu wachsen.
     
    Der Dämonenfresser witterte sie, wenn sie in der Nähe waren oder sich in großer Zahl versammelten, so wie die kleinen Bierwürmer in der Hafentaverne; oder wenn sie zu den Elementardämonen gehörten, die unübersehbare Spuren hinterließen wie zum Beispiel den breiten Bodenspalt, durch den eine seiner angepeilten Mahlzeiten unter die Erde geflohen war. Der Dämonenfresser wusste, dass er sich noch nicht schnell genug durch den Boden wühlen konnte, um sie zu verfolgen. Er musste sich erst bessere

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