MUH!
einrieben, damit es so schön glänzte. Ich hielt dies alles immer noch für Spinnerei, aber Radieschen grinste nur: «Für solche Dienste hatte Naia doch einst die Menschen erfunden!»
Weshalb Naia die Menschen erschuf
Naia und Hurlo befanden sich mal wieder beim Liebesspiel, als die aufgebrachten Kühe vorstellig wurden. Hurlo seufzte: «Ist man denn hier nie ungestört?»
Naia unterbrach das Liebesspiel und bat Hurlo, doch alleine weiterzumachen. Hurlo blickte darauf recht verdrießlich drein, und die Kühe begannen, sich zu beklagen: über die Fliegen, die sie nicht vertreiben konnten, wenn diese auf der Nase landeten, über den Schmalz in den Ohren, den sie nicht mit den Hufen entfernen konnten, über die ganzen Fladen, die niemand für sie verbuddelte und die daher langsam, aber sicher müffelten, und über vieles, vieles mehr, gegen das sie nichts ausrichten konnten, weil ihre Hufe zu klobig waren. Sie verlangten von Naia, dass diese endlich Abhilfe schuf für all die Widrigkeiten. Naia überlegte die ganze Nacht hindurch, was sie tun könnte – sehr zum Missfallen von Hurlo, dessen Hufe fürs ‹alleine weitermachen› ebenfalls viel zu klobig waren. Bei Morgengrauen schließlich hatte Naia die Erleuchtung: Es wäre doch fein, wenn sie ein Wesen mit Händen erschuf, das den Kühen auf ewig zu Diensten sein könnte und all das für sie erledigte, wozu sie selber mit ihren Hufen nicht fähig waren. Dieses Wesen sollte den Namen Mensch tragen. Die Gotteskuh setzte den Menschen in die Welt und lief sogleich zu Hurlo, damit dieser nicht mehr unbeholfen alleine weitermachen musste. Dummerweise vergaß sie, dem Menschen zu sagen, zu welchem Zwecke sie ihn erschaffen hatte.
Mein Herz quoll über vor Freude: Wir waren dort gelandet, wo Menschen und Kühe so miteinander zusammenlebten, wie es einst von Naia beabsichtigt worden war. Unsere kleine Herde musste also gar nicht mehr nach Indien, denn wir waren wahrlich bereits im Paradies angelangt. Hier konnte mein Kalb geboren werden!
Kapitel 45
Das Leben war in den nächsten Vollmonden einfach wunderbar.
Die Tage waren warm. Die Nächte lau. Und die Menschen behandelten uns wie Götter.
Bei unseren menschlichen Dienern handelte es sich allesamt um Frauen, sie hießen Jill, Jane, Mary und Poppins, Letztere waren Zwillinge. Sie nannten sich selbst «Cowgirls», was immer dies auch genau bedeutete. Sie waren braun gebrannt, trugen blaue Hosen, weiße Hemden und große Strohhüte. Die vier lachten den ganzen Tag und kümmerten sich liebevoll um uns. Nicht nur, dass sie uns massierten, uns das Fell einrieben und uns mit Köstlichkeiten versorgten, nein, frühmorgens gaben sie uns auch einen Schluck von dem wunderbarsten Wasser zu trinken, das wir je gekostet hatten, es war rötlich, und die Cowgirls nannten es Chianti. Nahm man einen Schluck, war man für kurze Zeit angenehm beschwingt oder auf süßliche Art benommen. Unser Fell wurde immer schöner, wir wurden immer dicker und unser Fleisch auf schöne, geschmeidige Art weich und zart. Vor lauter Wohlempfinden vergaß ich in dieser Zeit alle meine Sorgen: Ich dachte nicht mehr an Old Dog – wie sollte er uns auch finden, wo wir doch nicht mal selber wussten, wo genau wir uns auf der Welt befanden –, und mir war es auch egal, dass Hilde mir die Führung unserer kleinen Truppe entrissen hatte, denn hier brauchten wir keine Anführerin mehr. Ich war sogar davon überzeugt, dass Giacomo sein Glück gefunden hatte und er mit seinem Frauchen fröhlich eine rauchen würde.
Mein Bauch wurde dicker und dicker, einerseits von der guten Ernährung, andererseits aber auch, weil das Kalb in mir heranwuchs. Manchmal lächelte ich Champion zu, dessen Bauchwunde mittlerweile ganz verheilt war und der immer mal wieder mit seinen Hufen beim Grasen meine berührte – natürlich gaaanz zufällig. Ich ließ dies gerne zu und konnte mir gut vorstellen, mit ihm hier ein neues, gemeinsames Leben zu beginnen. Dass er das auch wollte, hatte er mir auf dem Weg vom Hafen nach New York ja gesagt. In diesem wohligen Paradies vergaß ich endgültig alles, was er mir angetan hatte, und wünschte mir immer mehr, dass wir wieder ein Paar würden.
Doch nicht nur Champion und ich hegten solche Gedanken, auch Radieschen unternahm nach all den Vollmonden endlich einen Versuch, Hilde ihre Liebe zu gestehen. Obwohl sie so große Angst davor hatte, Hilde als Freundin zu verlieren. Entsprechend war es kein allzu direkter, geschweige denn geschickter
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