MUH!
und heruntergekommen. Aber unser Aussehen schien diesen selig wirkenden Kühen nichts auszumachen. Sie alle lächelten mich lieb, wenn auch etwas entrückt, an.
«Das sind unsere neuen Freunde», erklärte mir Radieschen, «die Wagjus.»
Wagju? Das war doch ein Name, den der Käpt’n erwähnt hatte.
Eine der glänzenden Kühe, sie war bestimmt einen Kopf größer als ich, stand auf und begrüßte mich freundlich: «Ich bin Maggie, die Älteste in unserer kleinen Herde. Herzlich willkommen bei uns auf der Ponderosa-Weide.»
Maggie wirkte unglaublich lieb. Nicht auf die Art, wie Radieschen lieb war, sondern eher völlig verträumt.
«Freut mich, Maggie», antwortete ich, ohne dass es mich wirklich freute, war ich doch viel zu durcheinander.
«Das Futter hier ist großartig», jubelte Champion, dessen Wunde schon ein bisschen verheilt war, ich war wohl wirklich lange ohnmächtig gewesen.
«Und das Wasser erst», freute sich Susi.
«Und dass einen hier niemand schlachten will, ist auch nicht gerade zu verachten», fand Hilde, die sich sichtlich wohl zwischen den schwarzen Kühen fühlte. Diese hatten zwar keine braunen Flecken wie sie, aber sie besaßen eben auch eine andere Farbe als wir.
Großartiges Futter. Großartiges Wasser. Großartiges Gras. Und keine Gefahr für Leib und Leben. Kein Wunder, dass die Kühe hier um so vieles besser aussahen als wir. Aber ich verstand immer noch nicht: Wie waren wir hierhergekommen, wo genau lag diese Ponderosa-Weide? All diese Fragen sammelten sich in meinem Mund zu einem einzigen frustrierten Aufstöhner: «Arghhh!»
«Wie bitte?», fragte Radieschen.
Hilde lachte: «Lolle möchte wohl wissen, wie wir hierhergelangt sind.»
«Nein, ich möchte wissen, wie ich einen guten Balztanz mache», erwiderte ich schnippisch.
«Wieso das denn?», fragte Radieschen, für die Ironie eine Fremdsprache darstellte.
Susi lachte: «Weil Lolles Balztanz ein bisschen so aussieht, als ob sie dabei unter Durchfall leidet.»
Der blöden Kuh ging es hier anscheinend schon wieder viel zu gut.
«Ach deswegen», meinte Radieschen nun zu verstehen. «Also, Lolle, ich finde, dein Balztanz sieht nicht nach Durchfall aus, vielleicht eher ein bisschen nach Blasenproblemen und …»
«NATÜRLICH WILL ICH ENDLICH WISSEN, WAS LOS IST!», unterbrach ich sie.
Radieschen war jetzt wirklich verwirrt. Bevor sie aber etwas neues Dummes antworten konnte, ergriff Hilde das Wort und berichtete mir, was sich zugetragen hatte: Nachdem wir alle von den Knallstäben getroffen wurden, schliefen wir lange. Vermutlich tagelang. Und ich noch mal ein paar Stunden länger als die anderen, weil mich mehr Pfeile getroffen hatten. Der Käpt’n hatte indessen anscheinend dafür gesorgt, dass die Männer mit den Knallstäben uns verschonten und wir weit, weit weg von New York gebracht wurden, eben auf diese Ponderosa-Weide. Maggie und die anderen hatten uns bereits herzlich in ihre Herde aufgenommen und schier Unglaubliches berichtet, wie gut es einem in diesem Paradies ergeht, wie lieb die Menschen zu einem sind und was sie alles für einen tun.
«Die massieren uns», ergänzte Maggie Hildes Erzählungen.
Diese Kuh, so dachte ich, hatte wohl zu viel gegärte Weintrauben gefuttert. Menschen, die Kühe massierten, das war verrückt. Ab und zu massierten wir Kühe uns gegenseitig mit der Schnauze, und Champion hatte es mal bei mir mit den Hufen versucht, was ähnlich schön war wie eine Zitzenentzündung. Aber weil er sich so viel Mühe dabei gegeben hatte, hatte ich es nicht übers Herz gebracht, ihm dies zu sagen. Doch Menschen? Die würden doch so etwas nie tun!
«Du bist dir sicher», fragte ich die freundlich entrückte Maggie, «dass dir im Wort massieren nicht ein ‹akr› fehlt?»
«Wie?», lächelte sie verständnislos.
«Du meinst doch bestimmt massakrieren?»
«Warum sollten die Menschen uns massakrieren?», fragte Maggie verwirrt, aber immer noch lächelnd.
«Weil sie uns vielleicht essen wollen?», bot ich etwas ungeduldig eine mögliche Erklärung an.
«Du redest wirres Zeug», lachte Maggie laut auf.
«Ich rede wirr? Ich bin nicht diejenige von uns beiden, die gesagt hat, dass die Menschen uns massieren», hielt ich ihr entgegen.
«Es stimmt, was sie sagt», sprang Hilde der großen schwarzen Kuh bei, «wir wurden auch schon von den Menschen so verwöhnt.»
Dann erzählte sie mir, dass die Menschen einen auch bürsteten und einem sogar das Fell mit einer nach Rosen riechenden Flüssigkeit
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