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MUH!

MUH!

Titel: MUH! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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Versuch.
    «Hilde?», fragte Radieschen, als die beiden eines schönen Tages nebeneinander in der Sonne vor sich hin dösten.
    «Ja?», fragte Hilde zurück und öffnete dabei lediglich halb die Lider.
    «Wenn eine Kuh und eine andere Kuh immer gerne zusammen ‹Fang den Fladen› spielen und plötzlich die eine Kuh ein ganz anderes Spiel vorschlägt, das die andere aber ganz und gar nicht spielen will, glaubst du, dass die beiden danach immer noch Freundinnen sein können?»
    Auf Hildes Gesicht konnte man ein einziges Wort lesen, und das lautete: Häh?
    «Glaubst du, dass eine Freundschaft so etwas aushält?», hakte Radieschen nach.
    «Warum denn nicht?»
    «Weil», sagte Radieschen leise, «das andere Spiel ‹Kuschel den Euter› heißt.»
    «Kuschel den Euter?»
    «So nannte Oma Hamm-Hamm es, wenn man den Euter kuscheln will …»
    «Aha …», antwortete Hilde mild verstört.
    «Wenn man hingegen etwas bei einem Stier kuscheln wollte, nannte Oma Hamm-Hamm das ‹Kuschel den …›»
    «Ich will es gar nicht hören!», rief Hilde und sprach mir damit aus der Seele.
    Radieschen schluckte, schwieg kurz und sagte dann vorsichtig: «Du hast mir meine Frage nicht beantwortet.»
    Hilde sah Radieschen an und begriff langsam, worum es bei «Kuschel den Euter» genau ging: «Bist du in eine Kuh aus der Herde verliebt?»
    «Wie … wie kommst du denn auf so etwas …?», stotterte Radieschen.
    Hilde betrachtete sich unser Radieschen und hätte antworten können: «Weil du gerade im Gesicht hektische Flecken bekommst», doch sie schwieg. Sie ahnte wohl, wessen Euter gekuschelt werden sollte. Hilde liebte sie zwar, aber eben nicht so, wie Radieschen sich das gewünscht hätte. Andererseits liebte sie Radieschen als Freundin so sehr, dass sie es nicht ertragen konnte, ihr weh zu tun. So brachte Hilde die Kuh vom Liebeseis, indem sie sich aufrappelte und fröhlich vorschlug: «Lass uns nicht so viel quatschen, sondern lieber ‹Fang den Fladen› spielen!»
    Radieschen nickte, und statt weiter nachzubohren, kickte sie mit Hilde fröhlich die Fladen umher, sehr zum Missfallen von Susi, die einen voll ins Gesicht bekam und motzte: «Manchmal stinkt es mir mit euch!»
    Radieschen wirkte erleichtert, dass sie sich keine direkte Abfuhr hatte einhandeln müssen, denn ohne diese konnte sie in ihrem Herzen die Illusion bewahren, dass Hilde sie vielleicht doch lieben könnte. Illusionen bereiteten einem eben manchmal mehr Freude als die Realität.

Kapitel 46
    In diesen Vollmonden war unser kleines Paradies für mich perfekt. Auch die anderen dachten keine Sekunde mehr an Indien. Die Einzige, die hier ganz und gar nicht glücklich war, war eine kleine merkwürdige Wagju-Kuh namens Cassie, die immer abseits lag und viel schlechter genährt war als wir alle, weil sie das großartige Futter aus irgendwelchen Gründen verabscheute. Eines Morgens, ich schlabberte gerade mal wieder dieses wundervolle Chianti-Wasser und dachte bei mir, dass heute ein guter Tag sein würde, um mich mit Champion zu versöhnen, trat die kleine Kuh zu mir und sagte: «Als Hochschwangere würde ich das nicht trinken.»
    «Warum denn nicht?», wollte ich wissen.
    «Um zu vermeiden, dass mein Kind mit zwei Köpfen auf die Welt kommt.»
    Ich schluckte.
    «Zwei Köpfe, die beide nicht vernünftig sprechen können.»
    Ich schüttelte mich, was besaß diese Cassie doch für eine beklemmende Phantasie.
    «Cassie, du hast was Unangenehmes an dir», ranzte ich sie an, ohne mir Gedanken darüber zu machen, ob ich vielleicht unhöflich war. Ihr war es ja schließlich auch völlig egal, dass ihr Gerede einem auf den Pansen schlug.
    «Ich bin hier nicht das Unangenehme. Du glaubst doch nicht wirklich, dass die Menschen das hier alles aus Nettigkeit tun?» Auf ihrem Gesicht zeichnete sich das erste Mal ein Lächeln ab, doch es wirkte schief und verbittert.
    «Warum sollten sie es denn sonst tun?», fragte ich.
    «Weil unser Fleisch dann weicher ist und den Menschen besser schmeckt», antwortete die kleine Wagju und trottete davon.
    Mir wurde ganz flau, konnte es etwa sein, dass die lieben Cowgirls genauso mies waren wie unser Bauer? Nein, diese Frauen waren anders! Sie besaßen sonnige Gemüter, waren freundlich und wohl riechend. Der Bauer aber war stets missgelaunt gewesen, rüde, und sein Gestank hätte an schlechten Tagen einen Eber einschläfern können.
    Maggie trat zu mir und erklärte lachend: «Nimm Cassie nicht ernst, sie ist als kleines Kind aus Versehen in einen

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