Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
MUH!

MUH!

Titel: MUH! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
Vom Netzwerk:
unfassbar hoch, mindestens fünfzig Kuhlängen.
    «Da spring ich nicht herunter!», rief Susi.
    «Denk an die Alternative!», antwortete Hilde.
    «Ich würde lieber an eine saftige Wiese denken!»
    «Kann ich verstehen», fand Hilde.
    «Alles besser, als in diesem Wagen zu bleiben», erklärte Champion, der jetzt am ganzen Leib schwitzte und zitterte und vermutlich selbst in den größten brennenden Fladen gesprungen wäre, nur um der beklemmenden Enge des Wagens zu entkommen.
    Die Brücke kam immer näher, Hilde wandte ihre Schnauze zu meiner und fragte mich: «Wer von uns beiden soll denn jetzt anführen und als Erste springen?»
    «Mach du das», rief ich über den Fahrtwind, «ich geh als Letzte und sorg dafür, dass möglichst viele mitkommen.»
    Hilde sah mich an wie noch nie zuvor und antwortete mit einem starken Hauch von Ehrfurcht in der Stimme: «Du denkst bis zuletzt an die anderen, ich nur daran, voranzugehen. Du bist die einzige, wahre Anführerin!»
    Ich schluckte, es war klar, dass sie mir damit wieder die Verantwortung für die Herde übertragen hatte. Weil sie mich für die Bessere hielt. Hoffentlich würde ich sie, und uns alle, nicht enttäuschen.
    Der Zug erreichte die Brücke, Hilde atmete durch und sprang mit einem riesigen Kuhsatz aus dem Wagen. Sie fiel … und fiel … und schrie «AHHH!» und fiel und schrie noch mehr und machte platsch … und tauchte nicht mehr auf.
    «Plötzlich», schluckte Radieschen, «bin ich mir nicht so sicher, ob das mit dem Springen eine so gute Idee ist.»
    «Ich fand die schon immer kacke», bestätigte Susi.
    Doch da tauchte Hilde mit einem Male aus dem Wasser wieder auf und schnappte nach Luft.
    «Na gut», sagte jetzt Champion tapfer und hüpfte, ohne lange zu zögern, als Nächster ins Wasser. Dabei schrie er, typisch Kerl: «ARSCHBOMBE!»
    Wir hatten inzwischen die Mitte der Brücke erreicht. Radieschen war nun an der Reihe, sie murmelte zu sich, für uns kaum hörbar: «Jetzt bin ich mal gespannt, ob ich auch diesen Augenblick genießen kann.»
    Sie rang sich ein Lächeln ab, dann sprang auch sie.
    Während Radieschen ins Wasser platschte, sah ich zu Susi, die neben mir an der Türkante stand. Die Angst quoll aus ihren weit aufgerissenen Pupillen. Doch für gutes Zureden war keine Zeit mehr, also ging ich ein paar Schritte zurück in den Wagen und rammte Susi meine Hörner in den – dank des guten Futters der letzten Vollmonde – wahrlich sehr fett gewordenen Hintern. Sie schrie auf, stolperte aus dem rasenden Zug, fiel und rief dabei: «Ich kann dich echt nicht ausstehen, Lolle!»
    Ihren Aufprall wartete ich erst gar nicht ab, sah mich nur hektisch zu den mittlerweile völlig erstarrten Wagjus um und bat sie flehentlich: «Ihr müsst auch springen!»
    «Ihr seid wahnsinnig», erwiderte Maggie, die Wagju-Älteste.
    Ihre ganze Herde nickte zustimmend.
    «Aber nicht so wahnsinnig wie ihr, wenn ihr bleibt!»
    «Ich vertrau den Cowgirls», erwiderte Maggie mit zitternder Stimme. Ob sie dies wirklich tat, war schwer zu beurteilen, zumindest hatte sie ihr Vertrauen noch nicht so restlos verloren, dass sie ihrer Herde den Sprung ins Wasser befehlen würde.
    Ich sah zu Cassie, der kleinen Wagju. Gewiss würde ich sie überzeugen können: «Was ist mit dir? Du hast den Menschen doch schon immer misstraut?»
    Cassie zögerte mit der Antwort. Ich sah indessen wieder aus dem Wagen heraus. Im Fluss schwammen Hilde, Radieschen, Champion und Susi und reckten ihre Hälse nach oben, um zu sehen, wo ich denn bleibe. Und das Ende dieser blöden Brücke kam immer näher. In nicht einmal dreißig Sekunden würden wir es erreicht haben, dann würde ich mit den Wagjus in den Tod fahren.
    «Wir haben nicht mehr viel Zeit!», rief ich nun Cassie zu, wenigstens sie wollte ich unbedingt retten.
    «Ich gehöre zu meiner Herde», antwortete sie kaum hörbar.
    Das war ehrenhaft. Und blöd. Und beides zugleich. Was die Frage aufwarf, ob ehrenhaft und blöd nicht meistens ganz eng beieinanderlagen.
    Vielleicht hätte ich die Kleine noch überzeugen können, wenn ich noch Zeit gehabt hätte, womöglich aber auch nicht. Es war auch völlig müßig, darüber nachzudenken, denn ich hatte ja überhaupt gar keine Zeit mehr. Ich nickte ihr noch kurz zu und trat dann an die Tür: Die Brücke war fast zu Ende, nur noch fünf Sekunden, und ich würde den Absprung verpassen und zum Edelfutter werden. Fünf …
    Whao, da ging es wirklich tief runter …
    Vier …
    Und das Wasser sah auch verdammt

Weitere Kostenlose Bücher