MUH!
kalt aus …
Drei …
Und wenn ich mit dem Bauch aufpralle, dann könnte das Kalb Schaden nehmen …
Zwei …
Also gab es nur eine Möglichkeit …
Eins …
«ARSCHBOMBE!!!!!!!!!»
Kapitel 50
Wer auch immer meine Geschichte gerade vernimmt: Kuh, Schwein, Mensch, Hamster oder Wanderlaus, ich gebe ihm einen Rat fürs Leben: Wenn es sich irgendwie vermeiden lässt, mache nie, aber auch wirklich nie, aus fünfzig Kuhlängen Höhe eine Arschbombe!
Beim Aufprall spürte ich am Po nur einen harten Schmerz, der aber erst mal von einem viel dringlicheren Problem überlagert wurde: dem außerordentlichen Mangel an Luft. Ich tauchte immer weiter in den unendlich tiefen Mississippi ein, und dass das kalte Wasser meinen schmerzenden Hintern für den Moment kühlte, war kein wirklicher Trost. Meine Luftblasen trieben nach oben, zu den Hintern der anderen, die an der von Sonnenlicht beschienenen, funkelnden Oberfläche schwammen. Wie verrückt versuchte ich, diese mit hektischem Paddeln zu erreichen, aber die Wucht des Falles ließ mich immer tiefer sinken, egal, wie sehr meine vier Beine auch dagegen anstrampelten. Meine Lungen brannten, aus meinem Mund traten schon keine Luftblasen mehr aus, da erst hatte ich mit meinem Mühen Erfolg: Ich sank nicht mehr herab und bekam sogar Auftrieb. In einer Mischung aus Hoffnung und Panik strampelte ich nun umso stärker. Meine Lungen schienen jetzt schier zu zerplatzen, aber ich näherte mich der Wasseroberfläche. Mit jedem Beinschlag schmerzten meine Muskeln mehr, ich war kurz davor, das Bewusstsein zu verlieren, aber ich war schon zu nah an der rettenden Luft, nicht mal eine Kuhlänge entfernt von ihr, um aufzugeben. Ich musste einfach durchhalten. Ich musste! Für mein Kalb!
Meine Beine bewegten sich nur noch schwach und unkoordiniert, doch ich trieb weiter nach oben, bis ich mit meinem Kopf gegen etwas stieß. Von jenseits der Oberfläche hörte ich durchs Wasser gedämpft Susi meckern: «Du doofe Kuh. Das ist mein Hintern!»
Es wäre echt blöd, so dachte ich, wenn ausgerechnet dieser Po das Letzte sein sollte, was ich auf Erden sehen würde.
Diese Horrorvorstellung verlieh mir die Kraft, um Susis Hinterteil herumzuschwimmen, was allerdings etwas dauerte, war es ja in den letzten Vollmonden gigantisch gewachsen. Ich streckte meinen Kopf durch die Wasseroberfläche, spuckte Wasser, nahm dabei gerne in Kauf, dass das Susi traf, und saugte japsend die Luft in meine brennenden Lungen ein. Als ich wieder halbwegs bei Atem war, blickte ich erst zu den nassen Kühen, die neben mir paddelten, und dann hinauf zu der Brücke. Auf der war nichts mehr zu sehen, der Zug – und damit all die Wagjus – war weg. Nur das Rattern der Wagenräder war noch zu hören, aber selbst dieser Lärm entfernte sich schnell, wurde leiser und war schließlich gar nicht mehr zu vernehmen. Es war unerträglich: Wieder einmal hatten wir uns gerettet, und wieder mal fuhren andere Kühe in den Tod.
«Was machen wir jetzt?», fragte Hilde mich. Alle anderen sahen mich ebenfalls an, dank Hildes Verhalten begriffen sie, dass ich wieder die Anführerin war. Also musste ich mich auch als solche verhalten, egal, wie schwer es mir gerade fiel, und so antwortete ich: «Wir schwimmen ans Ufer.»
«Da wäre ich noch gerade selbst draufgekommen», kommentierte Susi, mehr müde als bissig. Wir schwammen alle zu dem steinigen Ufer herüber, krabbelten an Land, sanken zu Boden und trockneten unser Fell in der hochstehenden Mittagssonne.
«Au, mein Hintern!», stöhnte Champion dabei, der verfluchte, dass er eine Arschbombe gemacht hatte. Dies erinnerte mich sofort an meinen Hintern, der ebenfalls unglaublich brannte.
«Eure Pos sehen ganz schön rot aus», fand Radieschen. «Meine Oma Hamm-Hamm hat für so etwas ein Geheimrezept, wollt ihr das mal hören?»
«Nein!!!», riefen Champion und ich im Chor.
Wer hätte gedacht, dass wir uns noch mal so im Gleichklang befinden würden?
Hilde sah zu mir und fragte mich: «Was willst du jetzt machen?»
Am liebsten hätte ich «Mir einen neuen Hintern besorgen» geantwortet. Ansonsten fiel mir nur mein ursprünglicher Plan ein: «Wir müssen nach Indien.»
Susi schnaubte verächtlich: «Und wie willst du dahin kommen? Du weißt ja nicht mal, wo wir jetzt sind!»
Da hatte ich wahrlich keine Ahnung. Doch dies wollte ich nicht zugeben, da meine ganze Truppe von dem Erlebten völlig erschöpft und niedergeschlagen war. In diesem Moment hörten wir den Kater spotten:
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