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MUH!

MUH!

Titel: MUH! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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einer unbekannten Wildnis befanden, hatte sie wieder mit all ihren Unsicherheiten zu kämpfen.
    Ich verstand also, warum sie so übel gelaunt war. Aber es gibt Tage, da kann man die Schwächen des anderen verstehen und möchte ihm dennoch das Maul mit einem Fladen stopfen.
    Nach einem zweistündigen, schleppenden Marsch endeten mit einem Mal die Bäume, wir gingen eine Böschung hoch und trafen dort auf weite Wiesen. Ich machte den Vorschlag, ein bisschen zu grasen, schließlich knurrte Champions Magen so laut, dass Eichhörnchen bei dem Geräusch vor Schreck die Flucht ergriffen. Das Gras hier war bei weitem nicht so saftig wie das auf der Weide unserer letzten Farm. Aber es war in Ordnung, und vor allen Dingen: Wir aßen es in Freiheit. Vielleicht, so dachte ich müde, sollten wir einfach hierbleiben. An einem Ort, der zwar nicht paradiesisch war, der uns aber mit Wasser und passablem Futter versorgte.
    «Da!», schrie Susi und riss mich damit aus meinen Gedanken. Aufgeregt deutete sie mit der Schnauze auf einen Stier, der sich uns näherte. Er war viel imposanter als Champion oder jeder andere Stier, den wir in unserem Leben gesehen hatten. Ein großes, mächtiges, schönes Tier. Sein blendendes, imponierendes Aussehen war jedoch nicht das Beeindruckendste an ihm. Nein, das Beeindruckendste war die Farbe seiner Flecken.
    «Braun!», rief Hilde.
    Das erste Mal in ihrem Leben sah sie jemanden, der ebenfalls braune Flecken hatte. Und dann war es auch gleich noch ein Stier!
    «Braun … braun … braun …», stammelte sie. Noch nie hatte ich sie so durcheinander, so aufgewühlt erlebt.
    Der Stier trat eleganten, geradezu erhabenen Schrittes zu uns. Neugierig starrte er uns Schwarzgefleckte an. Ein bisschen, so hatte ich den Eindruck, von oben herab. Er wandte sich direkt an Hilde und stellte fest: «Baby, ihr kommt nicht von hier.»
    Sie war ganz und gar nicht in der Lage, ihm zu antworten. Er war ihr geheimer Traum. Ein Stier, der so gefleckt war wie sie. Ein Stier, in den sie sich verlieben konnte!
    «Ich heiße Boss und du, Baby?», fragte er sie.
    «Braun», stammelte Hilde.
    «Schön, dich kennenzulernen, Braun.»
    «Braun.»
    «Kannst du auch was anderes sagen als braun, Braun?»
    «Haben wollen.»
    «Haben wollen?» Boss wirkte amüsiert. «Meinst du etwa mich?»
    «Braun!»
    Oje, wir mussten Hilde helfen, bevor sie sich um Kopf und Kragen redete. Ich trat hinzu und erklärte: «Meine Freundin ist gerade etwas durcheinander …»
    «Ach, Baby», grinste der braune Boss, «das ist eine ganz normale, kuhliche Reaktion auf meinen Anblick.»
    «Er leide nicht gerade unter Minderwertigkeitskomplexe», stellte Giacomo fest.
    «Warum auch?», bemerkte Susi, sichtlich begeistert von seinem imposanten Körper.
    «Warum auch?», grinste der Stier ebenfalls.
    «Braun», nickte Hilde zustimmend.
    «Warum redet sie so?», fragte Boss uns jetzt. «Waren ihre Eltern Geschwister?»
    «Nein», antwortete ich, «aber sie sieht das erste Mal einen braun gefleckten Stier.»
    «Na, dann wird es Zeit, dass sie einen mal so richtig kennenlernt», grinste Boss eindeutig zweideutig und sehr selbstsicher. Dieser Stier war gar nicht zum Selbstzweifel fähig.
    Hilde sah zu Boden, sie brachte es nicht mal fertig, ihm in die Augen zu schauen, so verlegen war sie. Der Kerl hatte ihr Herz in Windeseile erobert. Unglaublich! Dass ich Hilde mal so verwandelt erleben würde, hätte ich im Leben nicht erwartet.
    «Also so toll», murmelte Radieschen eifersüchtig vor sich hin, «sieht der gar nicht aus.»
    «Finde ich auch», schnaubte Champion, der es nicht mehr gewohnt war, einen anderen Stier um sich zu haben. Und dann auch noch einen, der so viel größer war als er. «Der ist viel zu eitel.»
    «Hört, wer da spricht», rutschte es glatt aus mir heraus.
    Champion sah mich wütend an. Es war nicht nur die Bemerkung, über die er sich ärgerte. Nein, sein Zorn auf mich saß noch viel tiefer. Aber das war mir egal, ich war ja endgültig fertig mit ihm.
    «Was macht ihr hier?», wollte Boss wissen und schob mit einem Seitenblick auf Champion nach: «Außer neidisch auf mein Geschlecht zu gucken.»
    «Ich guck nicht neidisch!!!», protestierte Champion.
    «Wäre aber verständlich», meinte Susi, beeindruckt von dem durchaus imposanten Anblick, «mit dem Ding kann man ja Bäume fällen!»
    «Braun», stimmte Hilde zu, die sich bisher doch noch nie für solche Fragen interessiert hatte. Wenigstens hatte sie nicht wieder «haben wollen»

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