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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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Miniwörtchen, die viele Kategorien bedienen, z.B. po, të, se, i, e, me, më, ka, ia – oft auch in Kombination. So kann z.B. allein das Wörtchen të ein halbes Dutzend verschiedene Funktionen übernehmen. Wenn man mit Begriffen vorsichtig ist, dann kann man durchaus sagen, dass Albanisch eine Partikelsprache ist: eine Sprache, in deren Bau grammatische Partikeln dominieren. Albanische Deutschlerner werden also immer dazu tendieren, eine komplexe Form möglichst zu meiden und stattdessen eine einfachere zu verwenden, also z.B. eher ‹ von mein Bruder › sagen als meines Bruders . Albaner sind, wenn sie Deutsch lernen und sprechen, von vornherein eingestellt auf die Zergliederung eines Wortes und der ganzen Mitteilung.
Der albanische Wortschatz: ein Museum
    Der Kern des albanischen Wortschatzes ist illyrisch, sehr exotisch, sehr alt. Wörter wie det ‹Meer›, gjuha ‹Sprache›, delme ‹Schaf›, yll ‹Stern›, bardhë ‹weiß›, zi ‹schwarz› u. v.a. gibt es nur im Albanischen. Sie sind für viele Albaner so etwas wie ein ‹Ausweis› für Herkunft und Alter von Sprache und Volk. Das Albanische ist aber auch eine sogenannte Mischsprache, wie auch Englisch oder Rumänisch. Sein Wortschatz ist wie ein archäologisches Museum, in dem man die einzelnen Schichten der Sprachen, die es in der Geschichte beeinflusst haben, wie an einem Sedimentgestein ablesen kann: Über der illyrischen Grundierung liegt eine breite Schicht lateinischer Wörter, etwa dreißig Prozent des Wortschatzes, obwohl das Albanische niemals wirklich romanisiert worden ist. Die lateinische Wurzel kann man aber ohne weiteres noch erkennen: mic ‹Freund› (lateinisch amicus ), dita ‹Tag› (dies), është ‹ist›, fat ‹Schicksal›, liber ‹Buch›, mend ‹Verstand›; auch Städtenamen haben oft lateinische Wurzeln, so z.B. Durrës (Dyrrhachium) oder Vlora . Lateinische Wörter werden oft zusammengepresst und abgeschliffen – ein starkes Indiz für den langen mündlichen Vorlauf: Aus lateinisch imperator ‹Kaiser› wird z.B. albanisch mbret .
    Ãœber dem Lateinischen liegt direkt die türkische Schicht, ein Sediment der starken Türkisierung über viele Jahrhunderte: Eine Auswahl erbringt – wie in den anderen Balkansprachen auch – Ausdrücke wie: hajde ! ‹los!›, sheqer ‹Zucker›, majmun ‹Affe›, shishë ‹Flasche›, çantë ‹Tasche›, jastëk ‹Kissen› – dazu vieles aus Küche, Kleiderkammer und Hauswirtschaft. Die slavische Schicht darüber zeugt vom ‹Einbruch› der Slaven in das albanische Siedlungsgebiet (7. Jahrhundert), was einen langen Sprachkontakt mit slavischen Dialekten nach sich zog. Hunderte Ausdrücke aus der kleinen Haus- und Gartenwirtschaft, aus Flora und Fauna sind slavisch: brazdë ‹Furche›, vatër ‹Herd›, oborr ‹Hof›, zheg ‹Hitze›, bisedë ‹Gespräch›, trup ‹Körper›, sokol ‹Falke›, kokosh ‹Hahn›, pestrovë ‹Forelle›, mrezhë ‹Fischnetz›, sodit ‹beobachten›, nevojëm ‹notwendig›; viele kleinere Ortschaften haben alte slavische Namen.
    Wie in allen Sprachen des Balkans vollzieht sich seit 1989 eine schnell fortschreitende Internationalisierung durch die englische Lexik der Wirtschaft, Technik und Informatik. Es gibt auch schon so etwas wie ein ‹Albano-Englisch›. Dabei wird das überragende Prestige alles Amerikanischen durch die Politik in den 1990er Jahren und die damalige enge Kooperation mit der Bush-Administration stabil gehalten und steht bei fast allen Albanern hoch im Kurs.
Shining a light on: Migrantensprache Albanisch
    Aufgrund einer komplizierten, weit verbreiteten Correctness treten das Albanische und die Albaner in der Migrations- und Integrationsdebatte weniger deutlich hervor. Trotzdem ist die Sprache im Biotop der Großstädte stark präsent. Sie stärkt den balkansprachlichen Anteil an Interferenzen im ‹Albano-Deutsch› und im Kiezdeutsch sowie gewisse Tendenzen, die bis in die deutsche Standard-Umgangssprache reichen, z.B. die Steigerung mit MEHR. Migranten-Albanisch ist das Gegische, der Dialekt im Norden, was man akustisch an den Nasalvokalen erkennen kann. Albanische Migranten sind

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