Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert
wortwörtlich klingt der Satz â¹balkanisch⺠so: â¹Heute Hans muss dass (er) geht nach hause mit (dem) Zugâº. Schon ein erster Eindruck erinnert an Muster, die zumindest eine Rolle in Jugendslangs (â¹Kiezdeutschâº) spielen.
Die Liste der â¹Balkanismen⺠ist mittlerweile auf fast zwei Dutzend angewachsen und lässt sich kaum noch vernünftig begrenzen (Hetzer 2010). Auch müssen wir sie hier nicht durchdeklinieren.[ 30 ]Wir sprechen deshalb nur die groÃen Veränderungen kurz und im Ãberblick an, notwendig vereinfachend und immer vor dem Hintergrund der Vorgänge im Vielsprachenland Deutschland.
Alle Balkansprachen (kurz BS) haben sich aus groÃen, â¹klassischen⺠Vorgängersprachen heraus entwickelt: das Rumänische aus dem Lateinischen, das Griechische aus dem Altgriechischen, das Bulgarische aus dem Altslavischen, das Albanische aus dem Illyrischen (hier ist nichts Genaueres bekannt). Alle haben im Zuge langer mündlicher Kontakte und eines ununterbrochenen Sprachen- Clash ihre Grammatik vereinfacht .
Alle Balkansprachen haben ihre Grammatik vereinfacht
Alle Balkansprachen haben ihre Phonetik vereinfacht . Schon die Lautsysteme sind überall auf einen Bruchteil geschrumpft, am deutlichsten zu sehen im Griechischen und Bulgarischen. Fast alle BS haben dafür den einfachsten Laut, der sich denken lässt, in ihr System eingebaut. Es ist ein gemurmelter Vokal, mit einem Minimum an Artikulationsaufwand. In der Schrift erscheint er im Rumänischen als <Ä> wie in sÄptÄmînÄ â¹Wocheâº, im Bulgarischen als <Ъ> wie in n Ъ m â¹Wegâº, im Albanischen als <ë> wie in hënë â¹Mondâº, vgl. deutsch etwa in Tasch e . Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass der gesamte Höreindruck der gesprochenen Balkansprachen von diesem Laut (mit)geprägt wird. Deshalb wären die BS im Lautspektrum der Migrantensprachen akustisch eigentlich relativ leicht zu identifizieren.
Alle Balkansprachen haben ihre Kasussysteme abgebaut : das Bulgarische auf Null, das Rumänische auf zwei, das Griechische auf drei Fälle: ein Faktum von ganz groÃer Bedeutung.[ 31 ] So hat z.B. das Bulgarische den Super- Clash mit dem türkischen Proto-Bulgarischen offenbar nur überlebt, indem es seine klassischen Fälle ganz aufgegeben hat! Hier bestätigt sich eine goldene Regel des Sprachwandels: intensiver Sprachkontakt reduziert die Kasussysteme .
Alle BS haben die alten komplizierten Steigerungen vereinfacht und steigern nur noch nach dem einfachen Muster MEHR GUT statt besser/schöner : rumänisch mai bine , bulgarisch po-dobre , albanisch më mirë , griechisch pio kaló .
Alle Balkansprachen haben den kompakten Infinitiv weitgehend abgeschafft und lösen das Problem auf eine neue Weise,nämlich mit einer Umschreibung: einer Partikel und der persönlichen Verbform. ER MUSS DASS ER SCHLÃFT : Rumänisch trebuie sÄ doarme , bulgarisch trjabva da spi , albanisch duhet të fle , griechisch prépei na koimátai . Es ist nicht zu weit gegriffen, wenn wir pauschal summieren, dass alle Balkansprachen Partikelsprachen sind â wenn man darunter versteht, dass viele grammatische Kategorien über kleine starre Wörtchen ausgedrückt werden. Immerhin bedeutet das, dass zwischen Partikel und der Hauptform keine formale Ãbereinstimmung mehr besteht, vgl. griechisch tha páei â¹er wird gehenâº.
Merken wir noch an, dass BS eine Menge von unveränderlichen Ausdrücken verwenden, die oft emotional und mündlich bedingt sind und aus Ausrufen stammen. Alle kennen solche Ausdrücke wie Rumänisch hajde ! â¹Los!⺠Bulgarisch ela ! â¹komm her!âº, Albanisch hajde, eja !, Griechisch moré â¹he Alter⺠â pragmatische, situative marker des Sprechens und Anredens in Reinkultur.
Spuren im Neudeutschen?
Sind im Sprachwandel des Neudeutschen von solchen Dingen Spuren oder Parallelen zu entdecken? Ich meine ja, nur muss man hier die Kirche im Dorf lassen (und noch abwarten). Zählen wir einige Spielfelder kurz auf:
Die Stärkung analytischer Züge (z.B. von Präpositionen) in der Sprachtechnik (wie derzeit im Deutschen) ist genau das, was sich über Jahrhunderte auf dem Balkan abgespielt hat.
Ohne Zweifel ist das deutsche Kasussystem in ziemlicher Bewegung; abzuwarten bleibt, was in einigen Jahrzehnten von ihm übrigbleibt. Pauschal kann
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