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Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert

Titel: Multi Kulti Deutsch - wie Migration die deutsche Sprache verändert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Hinrichs
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sentencya, herbata ‹Tee›. Auch die deutsche Schicht ist erheblich und deutlich erkennbar, sodass man kaum die Übersetzungen angeben muss: budować ‹bauen›, cukier ‹Zucker›, farba, fracht, gwałt, handel, klasztor ‹Kloster›, kosztować, ładować, kuchnia, meldować, musieć ‹müssen›, ratować ‹retten›, ratusz ‹Rathaus›, rachunek ‹Rechnung›, szlafrok, sznur, urlop, warsztat ‹Werkstatt›, wędrować ‹wandern›. Verdeckte Germanismen sind dworzec kolejowy ‹Bahnhof›, światopogląd ‹Weltanschauung› oder listonosz ‹Briefträger›, nie być w stanie ‹nicht im Stande sein›. Vereinzelt haben auch polnische Wörter ins Deutsche gefunden: Grenze ( granica ), Gurke ( ogórek ), dalli-dalli ( dalej ‹weiter›). In der letzten Zeit gibt es eine Welle von über 1000 Anglismen, die zwar bekämpft werden, sich aber natürlich nicht ausmerzen lassen. Sie sind von der bekannten Sorte, bloß im polnischen Gewande: serwer ‹Server›, skaner ‹Scanner›, host ‹Host›, bajt ‹Byte›, windsurfing, kick boxing, didżej, biznes, diler ‹Händler›, menedżer, sex-shop, fast food, hamburger .
Shining a light on: Migrantensprache Polnisch
    Als Migrantensprache hat Polnisch eine Tradition seit 1870. Obwohl Hunderttausende Polen in Deutschland leben, ist Polnisch als player im language melting pot eher unauffällig, weil auch die Sprecher sozial unauffällig, integriert und aufwärtsmobil sind. Polen (Wrocław; Kraków) sprechen oft gut deutsch und sind eher an ihrem ‹schlesischen› Akzent erkennbar. Bilingual intensiv ist besonders der Grenzbereich und der Grenzverkehr (Görlitz). Das Polnische verstärkt die slavische Komponente im deutschen Sprachenkonzert, den ‹slavischen Akzent› und die typisch slavischen ‹Fehler› (z.B. Ausfall des Artikels).

11. KURZPORTRAIT BALKANSPRACHEN
    In einem kurzen Ausflug in die Balkanlinguistik wollen wir überprüfen, welche Bedeutung die Balkansprachen für das Migrantendeutsch und den aktuellen Sprachwandel des Deutschen möglicherweise haben. Es gibt drei Gründe, weshalb man den ‹Balkan-Faktor› nicht einfach ignorieren darf:
    Extreme Formen des Migrantendeutsch, wie etwa das ‹Kiezdeutsch›, werden immer noch oft, z.B. im Internet, als ‹Balkanslang› bezeichnet, obwohl hier vor allem Türkisch und Arabisch eine Rolle spielen und die ‹echten› Balkansprachen nur am Rande beteiligt sind. Ein diffuser Mythos spielt hier mit der ‹Balkanisierung›; er ist nicht linguistisch, sondernstammt aus der Vulgärpolitik und bedient alte Ressentiments.
    Die ‹echten› Balkansprachen Rumänisch, Bulgarisch, Albanisch und Griechisch standen selbst (im frühen Mittelalter) in jahrhundertelangem Kontakt und haben ihre Kernstrukturen einander weitgehend angeglichen. Dies ist ein hochbrisanter Befund und kann von immenser Bedeutung für den Sprachwandel in Europa und Deutschland sein. Wir haben hier einen Vorzeigefall eines Clash of Languages : Sein Raum reicht von Tirana bis ins moldawische Chişinău und vom serbischen NiÅ¡ bis nach Heraklion auf Kreta.
    Mit der Öffnung der EU seit 2007 kommen vermehrt Bürger aus den Balkanländern Bulgarien und Rumänien, bald auch aus Makedonien und Kernalbanien nach Deutschland. Ein ganzes rumänisches Dorf (Fântânele bei Bukarest) von etwa 700 Seelen emigrierte im April 2012 mit Mann und Maus nach Berlin-Neukölln, wie Der Spiegel 14/2012 berichtete. Diese neuen Sprachkontakte können nicht ohne Bedeutung für die Sprachsituation in Deutschland sein.
    Sehen wir uns dies genauer an:
Die ‹Balkanismen›
    Ein ganz normaler Satz hat in den Balkansprachen oft eine identische Form. Dies kann man an einem sehr einfachen Beispiel zeigen:
    Deutsch: Hans muss heute mit dem Zug nach hause fahren.
    Bulgarisch: Dnes Ivan trjabva da ide vkăšti săs vlaka.
    Rumänisch: Astăzi Gheorghe trebuie să mearge acasă cu trenul.
    Albanisch: Sot Besniku duhet të shkojë në shtëpi me tren.
    Griechisch: Smera o Ioánnis prépei na páei sto spíti me tréno.
    Die Reihenfolge der Satzteile ist immer gleich: Rahmensetzer, Subjekt, Modalausdruck, Infinitiversatz, Ort, Adverbial. Und

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