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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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erwachte zu erschrockenem Leben. Die Chorsänger starrten erstaunt.
    Christine fühlte eine Berührung an der Schulter, drehte sich um und sah Agnes. »Perdita!!« zischte sie. »Wo bist du gewesen?! Gleich beginnt mein Duett mit Enrico!!«
    »Ich brauche deine Hilfe!« flüsterte Agnes. Tief in ihr dachte Perdita: Enrico, wie? Für alle anderen ist er Señor Basilica…
    »Meine Hilfe?! Wobei?!«
    »Wir müssen allen die Masken abnehmen!«
    Hübsche Falten bildeten sich auf Christines hübscher Stirn. »Das soll doch erst am Ende der Oper geschehen, oder?!«
    »Es… ist geändert worden«, behauptete Agnes. Sie wandte sich einem Adligen zu, der eine Zebra-Maske trug. Energisch zerrte sie daran, und der Sänger darunter bedachte sie mit einem finsteren Blick.
    »Tut mir leid«, hauchte Agnes. »Ich habe dich für jemand anderen gehalten.«
    »Wir sollen die Masken erst am Ende der Oper abnehmen!«
    »Es ist geändert worden!«
    »Tatsächlich? Mir hat niemand was gesagt!«
    Eine Giraffe mit bemerkenswert kurzem Hals beugte sich vor. »Wie bitte?«
    »Die große Demaskierungsszene findet offenbar schon jetzt statt.«
    » Mir hat niemand was gesagt!«
    »Ja, aber wann sagt man uns schon etwas? Wir sind ja nur der Chor… He, warum trägt der alte Trubelmacher ein Affenkostüm…?«
    Nanny Ogg pirouettierte vorbei, stieß gegen einen Elefanten und enthauptete ihn. »Wir suchen den Geist, weißt du«, flüsterte sie.
    »Aber… der Geist ist doch tot, oder?«
    »Geister sind schwer zu töten«, erwiderte Nanny.
    Ab jetzt breitete sich das Flüstern von allein aus. Gerüchte sind eine seltsame Sache. Manche Leute begegnen einem Hohepriester mit argwöhnischer Skepsis, wenn er behauptet, der Himmel sei blau. Sie halten sogar an ihrem Zweifel fest, wenn er eidesstattliche Versicherungen seiner weißhaarigen Mutter und von drei Vestalinnen vorlegen kann. Doch die gleichen Leute glauben praktisch alles, was ihnen ein völlig Fremder in einer Taverne hinter vorgehaltener Hand erzählt.
    Ein Kakadu drehte sich und nahm einem Papagei die Maske ab…
     
    Eimer schluchzte. Dies war noch schlimmer als der Tag, an dem die Buttermilch explodiert war. Es war sogar noch schlimmer als die plötzliche Hitzewelle, die ein ganzes Lagerhaus mit erlesenem Lancre-Gorgonzola in etwas Verheerendes verwandelt hatte.
    Aus der Oper wurde wildes Theater.
    Das Publikum lachte.
    Die einzige noch immer maskierte Person war Señor Basilica, der das Durcheinander mit soviel erhabener Verwirrung beobachtete, wie seine Maske zum Ausdruck bringen konnte – und sie erwies sich als erstaunlich ausdrucksstark.
    »O nein…«, stöhnte Eimer. »Das bringt für immer Schande über uns! Wir sehen Basilica nie wieder! Wir werden zum Gespött der ganzen Opernwelt!«
    »Nie wieder was?« murmelte eine Stimme hinter ihm.
    Eimer drehte sich um. »Oh, Señor Basilica. Hab dich gar nicht bemerkt… Ich dachte gerade… Ich hoffe, du denkst nicht, daß dies hier typisch für uns ist.«
    Señor Basilica starrte durch ihn hindurch und schwankte von einer Seite zur anderen. Er trug ein zerrissenes Hemd.
    »Jeman’…«, brachte er hervor.
    »Wie bitte?«
    »Jeman’… äh… hat mich auf’n Kopf gehau’n«, sagte der Tenor undeutlich. »Möchte bitte ‘n Glas Wasser…«
    »Aber du… wolltest… doch gerade… singen, nicht wahr?« fragte Eimer. Er packte den benommenen Mann am Kragen und versuchte, ihn näher zu sich heranzuziehen, was bedeutete, daß er sich selbst nach oben zog und seine Schuhe auf eine Höhe mit Basilicas Knien brachte. »Sag mir bitte… daß du da draußen… auf der Bühne… stehst!!!«
    Sogar in seinem gegenwärtigen Zustand begriff Enrico Basilica alias Henry Faul, daß es dieser Bemerkung an Logik mangelte. Er blieb bei dem, was er wußte.
    »Jeman’ hat mich gehau’n, im Flur…«, verkündete er.
    »Das dort auf der Bühne bist nicht du?«
    Basilica blinzelte. »Bin nich’ ich?«
    »Gleich singst du ein berühmtes Duett!!!«
    Ein anderer Gedanke formte sich im mißhandelten Kopf des Tenors. »Singe gleich? Ich? Gut. Hatte nie Gele’nheit, mir selbst zuzuhören.«
    Er seufzte glücklich und kippte nach hinten.
    Eimer lehnte sich gegen eine Säule. Einige Sekunden später runzelte er die Stirn, blickte in der besten Tradition einer gut in Szene gesetzten mentalen Spätzündung zum bewußtlosen Basilica und zählte mit Hilfe der Finger bis eins. Dann drehte er den Kopf, sah zur Bühne und zählte bis zwei.
    Er spürte, daß bald ein

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