Mummenschanz
etwas hier nicht jeden Abend passiert, ahahah…«
»Sí?«
»Ich glaube, mit einigen Leuten ist das Temperament durchgegangen, ahaha…«
Der Schnabel wandte sich ihm zu. Emil Eimer wich zurück.
»Sí!«
»Ja… äh… nun… dein Verständnis freut mich sehr…«
Temperamentvoll und launenhaft, dachte Eimer, als der Tenor zur Bühne schritt und die Ouvertüre des dritten Akts zu Ende ging. So sind sie, die wahren Künstler. Die Nerven immer zum Zerreißen gespannt. Es ist, wie auf Käse zu warten. Man kann richtig nervös werden, wenn man sich immer wieder fragt, was herauskommt: eine halbe Tonne erlesener Gourmet-Käse oder ein Bottich voller Schweinefutter. Vielleicht empfindet man ähnlich, wenn man eine Arie singen muß…
»Wo ist er hin? Wo ist er hin?«
»Was? Oh… Frau Ogg…«
Die alte Frau winkte mit einer Säge vor seinem Gesicht. Es war keine sehr hilfreiche Geste, wenn man Eimers gegenwärtige geistige Verfassung berücksichtigte.
Plötzlich umringten ihn weitere Gestalten, und jede von ihnen verdiente mehrere Ausrufezeichen.
»Perdita? Warum bist du nicht auf der Bühne… Oh, Lady Esmeralda, habe dich gar nicht gesehen, entschuldige, nun, wenn du dich in den Kulissen umschauen möchtest, so brauchst du nur…«
»Wo ist Salzella?« fragte André.
Eimer sah sich verwundert um. »Eben war er noch hier… das heißt…« Er straffte die Schultern. » Herr Salzella geht wahrscheinlich irgendwo seiner Pflicht nach, was man von dir nicht behaupten kann, junger Mann…«
»Ich verlange, daß die Show jetzt sofort aufhört«, sagte André.
»Ach, das verlangst du? Und mit welcher Befugnis, hm?«
»Er wollte das Seil durchtrennen!« warf Nanny ein.
André holte seine Dienstmarke hervor. »Das hier gibt mir Befugnis genug!«
Eimer sah genau hin. »Musikergilde von Ankh-Morpork, Mitgliedsnummer 1244?«
André starrte ihn groß an, blickte dann auf das Abzeichen und begann damit, auf seine Taschen zu klopfen. »Meine Güte, eben hatte ich das Ding noch… Hör mal, du mußt den Zuschauersaal räumen lassen, damit eine gründliche Untersuchung stattfinden kann…«
»Unterbrich die Show nicht«, sagte Oma.
»Ich unterbreche sie nicht«, sagte Eimer.
»Ich glaube nämlich, daß es ihm gefallen würde, wenn die Show unterbrochen wird. Sie muß weitergehen, nicht wahr? Könnte er das Gebäude verlassen haben?«
»Ich habe Korporal Nobbs zum Bühneneingang geschickt, und Feldwebel Detritus ist im Foyer«, sagte André. »Wenn es nötig ist, in einer Tür zu stehen, gehören sie zu den besten Leuten.«
»Entschuldigt bitte, aber was ist hier eigentlich los?« fragte Eimer.
»Er könnte überall sein!« entfuhr es Agnes. »Hier gibt es Hunderte von Verstecken!«
»Wer?« fragte Eimer.
»Vielleicht steckt er in dem Keller, von dem alle reden«, spekulierte Oma.
»Wo?«
»Es gibt nur einen Zugang«, meinte André. »So dumm ist er nicht.«
»Nein, er kann unmöglich im Keller sein«, sagte Nanny. »Er ist weggelaufen, und inzwischen steckt er vermutlich in irgendeinem Schrank.«
»Nein, er bleibt dort, wo sich viele Leute aufhalten«, erwiderte Oma. »So würde ich mich an seiner Stelle verhalten.«
»An wessen Stelle?« fragte Eimer.
»Wäre es ihm möglich, von hier aus den Zuschauersaal zu erreichen?« fragte Nanny.
»Von wem sprichst du?« fragte Eimer.
Oma Wetterwachs deutete mit dem Daumen zur Bühne. »Er ist irgendwo auf der Bühne. Ich fühle es.«
»Dann warten wir, bis er die Bühne verläßt!«
»Achtzig Personen verlassen gleichzeitig die Bühne«, sagte Agnes. »Weißt du nicht, wie’s hier zugeht, wenn sich der Vorhang schließt?«
»Und wir wollen die Show nicht unterbrechen«, betonte Oma.
»Nein, wir wollen die Show nicht unterbrechen.« Eimer hielt sich am Strohhalm einer vertrauten Vorstellung fest, während er auf einer Welle der Verwirrung ritt. »Wir möchten es auch vermeiden, den Leuten das Geld für die Eintrittskarten zurückzugeben. Hat vielleicht jemand eine Ahnung, wovon wir hier reden?«
»Die Show muß weitergehen…«, murmelte Oma Wetterwachs und starrte zur Bühne. »Alles muß auf die richtige Art und Weise enden. Wir sind hier in einem Opernhaus. Der Schluß muß… opernhaft sein.«
Nanny Ogg sprang aufgeregt von einem Bein aufs andere. »Oh, ich weiß, was dir durch den Kopf geht, Esme!« quiekte sie. »Oh, ja! Können wir? Ich möchte so gern sagen dürfen, daß ich daran teilgenommen habe! Ja? Ja! Also los!«
Henry Gesetzlich sah
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