Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
Vom Netzwerk:
»Gelegentlich begibt er sich in den Keller, und mit ziemlicher Sicherheit stiehlt er Geld. Aber man hat den Geist gesehen, während Salzella ebenfalls zugegen war. Deshalb denke ich nun…«
    »Du denkst?« ließ sich Oma vernehmen. »Gibt es hier endlich jemanden, der denkt? Nun, woran willst du den Geist erkennen, Herr Polizist?«
    »Äh… er trägt eine Maske…«
    »Ach? Sag das noch einmal und hör dir selbst dabei zu. Meine Güte! Du kannst den Geist erkennen, weil er eine Maske trägt? Du erkennst ihn, weil du nicht weißt, wer er ist? Glaubst du etwa, im Leben wäre alles hübsch einfach und übersichtlich? Wer sagt denn, daß es nur einen Geist gibt?«
     
    Die Gestalt sprintete mit wehendem Mantel durch die Soffitten. Nanny Ogg zeichnete sich vor dem Licht der vielen Kerzen ab und blickte nach unten.
    Sie drehte sich nicht um, als sie sagte: »Hallo, Herr Geist. Bist wegen der Säge gekommen, nicht wahr?«
    Sie sprang am Seil vorbei dem Schemen entgegen. »Millionen von Leuten wissen, daß ich hier oben bin. Du würdest einer armen alten Frau doch nichts zuleide tun, oder? Du lieber Himmel… mein schwaches Herz!«
    Nanny kippte nach hinten und prallte mit solcher Wucht auf den Boden, daß das Seil vibrierte.
    Der Schemen zögerte, zog dann eine Schnur aus der Tasche und näherte sich der reglosen Hexe vorsichtig. Er kniete niederwickelte sich die Enden der Schnur um die Hände, beugte sich vor…
    Nannys Knie schossen nach oben.
    »Fühle mich schon wieder viel besser«, sagte sie, als der Schemen zurücktaumelte.
    Mit einem Satz war Nanny Ogg auf den Beinen und griff nach der Säge.
    »Wolltest das Seil wohl jetzt ganz durchtrennen?« Sie winkte mit dem Werkzeug. »Ich frage mich, wie du es Walter in die Schuhe geschoben hättest. Du würdest dich freuen, wenn hier alles niederbrennt, was?«
    Die Gestalt taumelte ein wenig, als sie noch weiter zurückwich. Dann drehte sie sich um, humpelte über den Laufsteg und verschwand in der Finsternis.
    Nanny folgte ihr und beobachtete, wie sie eine Leiter hinunterkletterte. Rasch sah sich die Hexe um und griff ein Seil, um sich daran herabzuhangeln. Doch das Ding gab nach, und irgendwo rasselte ein Flaschenzug.
    Mit hoher Geschwindigkeit und wehenden Röcken sauste Nanny nach unten. Etwa auf halbem Weg kamen ihr mehrere Sandsäcke entgegen und setzten den Weg nach oben fort.
    Zwischen ihren Stiefeln sah sie, wie jemand an der Falltür hantierte, die zum Keller führte.
    Sie landete knapp einen Meter entfernt und hielt das Seil fest.
    »Herr Salzella?«
    Nanny steckte zwei Finger in den Mund und ließ ein Pfeifen erklingen, das Ohrenschmalz verdampfen lassen konnte.
    Ihre Hände gaben das Seil frei.
    Salzella sah zu ihr auf, als er die Falltür öffnete. Und dann bemerkte er, daß etwas von den Soffitten herabfiel.
    Hundertachtzig Pfund schwere Sandsäcke knallten auf die Falltür und schlossen sie.
    »Paß besser auf!« rief Nanny fröhlich.
     
    Eimer wartete nervös in den Kulissen. Eigentlich gab es gar keinen Grund für seine Nervosität. Der Geist war tot. In dieser Hinsicht brauchte er nichts mehr zu befürchten. Die Leute hatten gesehen, wie er starb, obwohl sie bei der Schilderung von Einzelheiten erstaunliche Zurückhaltung übten.
    Alles war in bester Ordnung.
    Es gab nicht den geringsten Grund, nervös zu sein.
    Nicht den geringsten.
    Eimer strich mit dem Finger an der Innenseite seines Kragens entlang. Das Leben in der Käsebranche war eigentlich gar nicht so schlecht gewesen. Wenn man sich dort Sorgen machen mußte, dann höchstens darum, daß einer von Reginald Viels Hosenknöpfen in den Ankh-Morpork-Emmentaler geraten war oder sich der junge Jammervoll an der Rührmaschine den Daumen aufgeschnitten hatte – zum Glück war das während der Herstellung von Erdbeerjoghurt geschehen.
    Eine Gestalt ragte neben ihm auf. Eimers Hände schlossen sich krampfhaft um den nahen Vorhang, bevor er den Mut aufbrachte, sich langsam umzudrehen. Zu seiner großen Erleichterung sah er einen weit vorgewölbten Bauch, der nur Enrico Basilica gehören konnte. Der Tenor trug ein geradezu riesiges Hahnenkostüm, komplett mit Schnabel, Kamm und Kehllappen.
    »Ah, Señor«, brachte Eimer hervor. »Sehr eindrucksvoll, muß ich sagen.«
    »Sí«, erklang eine gedämpfte Stimme irgendwo hinter dem Schnabel.
    Einige Chorsänger eilten vorbei, auf dem Weg zur Bühne.
    »Ich möchte betonen, wie sehr ich die… äh… jüngsten Ereignisse bedaure. Ich versichere dir, daß so

Weitere Kostenlose Bücher