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Mummenschanz

Mummenschanz

Titel: Mummenschanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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Ort, und die Betten sind weich«, sagte Oma.
    »Außerdem auch warm, nehme ich an«, erwiderte Nanny Ogg und gab nach. »Und im Fenster brennt immer ein freundliches Licht.«
    »Meine Güte, Gytha Ogg. Ich habe dich für unerschütterlich gehalten.«
    »Oh, ich bin nicht leicht zu erschüttern«, sagte Nanny. »Nur leicht zu überraschen.«
     
    Der Chorleiter Dr. Unterschaft musterte Agnes über halbmondförmige Brillengläser hinweg.
    »Die… äh… Abschiedsarie, wie wir sie nennen, ist ein kleines Meisterwerk«, sagte er. »Sie stellt keinen absoluten Höhepunkt in der Opernwelt dar, aber ich halte sie trotzdem für denkwürdig.«
    Seine Augen trübten sich ein wenig. » Questa maledetta singt Jod, als sie Peccadillo mitteilt, wie schwer es ihr fällt, ihn zu verlassen… Questa maledetta porta si blocccccca, si blocca comunque diavolo io faccccccio… !«
    Er verstummte und putzte sich sorgfältig die Brille.
    »Als Gigli sang, blieb kein Auge im Zuschauersaal trocken«, murmelte er. »Ich hab’s erlebt. Damals traf ich die Entscheidung… Oh, das waren Zeiten.« Dr. Unterschaft setzte die Brille auf und putzte sich die Nase.
    »Ich singe es dir einmal vor«, sagte er. »Damit du eine Vorstellung von dem erhältst, worauf es ankommt. Also los, André.«
    Der junge Mann war rekrutiert worden, das Klavier im Probenzimmer zu spielen. Er zwinkerte Agnes heimlich zu.
    Sie gab vor, ihn gar nicht zu sehen, und verlieh ihrem Gesicht einen Ausdruck von großem Lerneifer, als sie Dr. Unterschaft zuhörte.
    »Hören wir nun, wie es bei dir klingt«, sagte er schließlich.
    Er reichte ihr die Notenblätter und nickte dem Klavierspieler zu.
    Agnes sang die Arie, zumindest einige Takte davon. Schon nach kurzer Zeit hörte André auf zu spielen, lehnte den Kopf gegen das Klavier und versuchte, nicht schallend zu lachen.
    »Ähem«, sagte Unterschaft.
    »Habe ich was falsch gemacht?«
    »Du hast Tenor gesungen«, meinte der Chorleiter und bedachte André mit einem strengen Blick.
    »Sie hat mit deiner Stimme gesungen«, fügte der junge Mann hinzu.
    »Was hältst du davon, die Arie so zu singen, wie Christine sie singen würde?«
    Sie begannen erneut…
    »Kwesta!? Maledetta!!…«
    Unterschaft hob beide Hände. Andrés Schultern bebten, als er sich verzweifelt bemühte, keinen Lachkrampf zu bekommen.
    »Ja, ja. Gut beobachtet und… äh… zugehört. Du hast sicher recht. Nun, ich schlage vor, du singst die Arie so, wie du glaubst, daß sie gesungen werden sollte.«
    Agnes nickte.
    Sie begannen noch einmal…
    … und beendeten die Probe.
    Unterschaft hatte Platz genommen und den Kopf zur Seite gedreht. Er brachte es einfach nicht fertig, die Sängerin anzusehen.
    Agnes richtete einen unsicheren Blick auf ihn. »Äh… war diesmal alles in Ordnung?« fragte sie.
    André stand auf und griff nach ihrer Hand. »Ich glaube, wir sollten ihn jetzt besser allein lassen«, sagte er leise und zog Agnes zur Tür.
    »Habe ich so schlecht gesungen?«
    »Nicht… unbedingt.«
    Unterschaft sah auf, wandte sich jedoch nicht um. »Ich empfehle dir, beim R noch etwas mehr zu üben«, brachte er heiser hervor. »Und du solltest in der Strophe noch sicherer werden.«
    »Ja, natürlich.«
    André führte Agnes in den Flur und schloß die Tür.
    »Das war bemerkenswert «, sagte er. »Hast du jemals den Gesang der großen Gigli gehört?«
    »Ich weiß nicht einmal, wer die große Gigli ist. Was habe ich überhaupt gesungen?«
    »Das weißt du ebenfalls nicht?«
    »Ich weiß nicht, was die Worte bedeuten.«
    André blickte auf die Notenblätter hinab. »Nun, ich kenne mich mit dieser Sprache nicht besonders gut aus, aber ich schätze, man könnte den Anfang so übersetzen:

Diese verdammte Tür klemmt.
Diese verdammte Tür klemmt.
Ganz gleich, was zum Teufel ich auch mache.
Es steht Ziehen drauf, und ich ziehe tatsächlich.
Vielleicht sollte sie besser mit ›Drücken‹ beschriftet sein?«
     
    Agnes blinzelte. »So lautet der Text?«
    »Ja.«
    »Aber ich dachte, es sei etwas sehr Rührendes und Romantisches!«
    »Das ist es auch«, erwiderte André. »Besser gesagt, das war es. Es geht nicht um das richtige Leben, sondern um die Oper. Es spielt keine Rolle, was die Worte bedeuten. Es kommt vor allem aufs Gefühl an. Hat dir das niemand erklärt? Nun, ich bin für den Rest des Nachmittags mit Proben beschäftigt, aber vielleicht könnten wir uns morgen treffen? Nach dem Frühstück?«
    O nein, dachte Agnes. Es geht wieder los. Hitze stieg in ihr

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