Mummenschanz
leben, hatte damit überhaupt nichts zu tun. Die Hexen würden sich einmischen. Sie versuchten immer, Einfluß zu nehmen.
Agnes eilte durch die Gasse zurück und lief, so schnell sie konnte, zum Hintereingang des Opernhauses.
Der Pförtner schenkte ihr überhaupt keine Beachtung.
Oma Wetterwachs und Nanny Ogg schlenderten durch die Stadt und näherten sich einem Bereich, den man »Götterinsel« nannte. Er gehörte nicht direkt zu Ankh und nicht direkt zu Morpork und lag an einer Stelle, wo der Flußverlauf so viele Kurven beschrieb, daß fast eine Insel entstand. Dort waren all jene Dinge untergebracht, die die Stadt zwar gelegentlich brauchte, die jedoch Unbehagen erzeugten, zum Beispiel das Wachhaus, die Theater, das Gefängnis und die Verlage. Es war ein Ort für Dinge, die unerwartet Bumm machen konnten.
Greebo folgte den beiden Hexen. Die Luft steckte voller neuer Gerüche; vielleicht konnte man einige der Urheber davon essen, beißen oder vergewaltigen.
Nanny Oggs Besorgnis wuchs. »So etwas sieht uns gar nicht ähnlich, Esme«, sagte sie.
»Wem dann?«
»Ich meine, das mit dem Buch war einfach nur Spaß. Es hat doch keinen Sinn, daß wir uns deshalb unbeliebt machen.«
»Wir dürfen nicht zulassen, daß man eine Hexe übers Ohr haut, Gytha.«
»Ich fühle mich gar nicht übers Ohr gehauen. Es ging mir prächtig, bis du darauf hingewiesen hast, daß man mich übers Ohr gehauen hat.« Damit erwähnte Nanny einen wichtigen soziologischen Punkt.
»Man hat dich ausgenutzt«, sagte Oma fest.
»Nein.«
»Doch. Man hat dich mit Füßen getreten.«
»Hab nie welche gespürt.«
»Du würdest um die Ersparnisse deines Lebens betrogen«, betonte Oma.
»Zwei Dollar?«
»Du bist nie dazu gekommen, mehr zu sparen«, sagte Oma.
»Weil ich immer alles ausgegeben habe«, erwiderte Nanny. Andere Leute legten Geld fürs Alter auf die hohe Kante; Nanny Ogg zog es vor, Erinnerungen zu sammeln.
»Na bitte.«
»Mit den zwei Dollar wollte ich neue Rohre für meine Brennerei auf dem Kupferkopfberg kaufen«, erklärte Nanny. { * } »Du weißt ja, wie sehr mein Knieweich das Metall angreift…«
»Du hast ein wenig Geld beiseite gelegt, um dir im Alter keine Sorgen machen zu müssen«, stellte Oma fest.
»Wer meinen Knieweich trinkt, hat keine Sorgen mehr«, entgegnete Nanny. »Das Zeug wird aus den besten Äpfeln hergestellt«, fügte sie hinzu. »Nun, größtenteils aus Äpfeln.«
Oma blieb vor einer verzierten Tür stehen und betrachtete das daran befestigte Messingschild.
»Hier sind wir richtig.«
Beide Hexen sahen zum Eingang.
»Von Vordertüren habe ich noch nie viel gehalten«, sagte Nanny und trat von einem Bein aufs andere.
Oma Wetterwachs nickte. Mit Vordertüren konnten Hexen tatsächlich nicht viel anfangen. Nach einer kurzen Suche fanden sie eine Gasse, die zum rückwärtigen Teil des Gebäudes führte, und dort entdeckten sie eine wesentlich größere, weit offenstehende Tür. Mehrere Zwerge beluden einen Karren mit Bücherbündeln. Irgendwo im Innern des Hauses ertönte ein rhythmisches Stampfen.
Oma und Nanny traten ein, ohne Aufmerksamkeit zu erregen.
Drucktypen waren in Ankh-Morpork zwar bekannt, aber die Zauberer ließen sie sofort verschwinden, wenn sie davon hörten. Normalerweise mischten sich die Fakultätsmitglieder der Unsichtbaren Universität nicht in die Angelegenheiten der Stadt ein, aber bei Drucktypen griffen sie energisch durch. Den Grund dafür hatten sie nie genannt, und niemand kam auf den Gedanken, eine Erklärung zu verlangen. Wer von Zauberern eine Erklärung verlangte, mußte befürchten, am nächsten Morgen in ungewohnter Gestalt zu erwachen. Man umging das Problem und gravierte. Das nahm natürlich weitaus mehr Zeit in Anspruch und führte dazu, daß Ankh-Morpork nicht in den Genuß von Zeitungen kam. Den Bürgern blieb also nichts anderes übrig, als sich selbst zu belügen.
Am einen Ende des Lagerhauses klapperte und stampfte eine Druckerpresse. Daneben, an langen Tischen, waren Zwerge und Menschen damit beschäftigt, Seiten zusammenzunähen und Buchdeckel zu kleben.
Nanny nahm ein Buch vom nächsten Stapel. Der Titel lautete: Froide für den Gaumen und niche nur dafür.
»Kann ich euch helfen, werte Damen?« fragte ein Mann. Sein Tonfall wies darauf hin, daß er Oma und Nanny höchstens dabei helfen wollte, möglichst schnell nach draußen zu verschwinden.
»Wir sind wegen dieses Buchs gekommen«, sagte Oma Wetterwachs.
»Ich bin Frau Ogg«, stellte sich
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