Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
umgebracht!«
»Ja, ihr macht es euch einfach. Dabei habt ihr sie doch in den Tod getrieben.«
»Mutter, es reicht!«
»Wie lange soll ich hier eigentlich noch herumstehen? Wenn du dich mit mir streiten möchtest, hätte ich gern solange einen Stuhl«, bemerkte Mhairie in süffisantem Ton.
»Wirst du es für dich behalten, Mutter? Ja oder nein?«
Ein Lächeln huschte über Mhairies Gesicht und verlieh ihr ein jugendliches Aussehen.
»Warum fragst du mich eigentlich überhaupt vorher? Ihr haltet mich doch ohnehin für verrückt. Also kann ich dir doch jetzt versprechen, was ich will, und später einfach das Gegenteil von dem tun.«
Caitronia stieß einen verzweifelten Seufzer aus. »Ja, du bist wirklich nicht mehr bei Sinnen. Wenn du es mir schon nicht versprechen willst, dann tu es doch wenigstens für deinen Enkel, für Niall.«
»Können wir jetzt gehen?«
Caitronia nickte.
»Aber ohne deine Hilfe!«
Caitronia ließ ihre Schwiegermutter los und reichte ihr den Krückstock, den Mhairie widerwillig entgegennahm. Dann eilte sie so hurtig davon, dass die Schwiegertochter ihr kaum folgen konnte.
Er wird sich also einfach eine andere zur Frau nehmen, dachte die alte Frau sichtlich bewegt, als sie das festlich geschmückte Esszimmer betrat. Sie blieb andächtig stehen. Das war eine der wenigen Eigenschaften, die sie an ihrer Schwiegertochter noch heute schätzte: dass sie es schaffte, auch an Weihnachten ein wenig Glanz ins Haus zu bringen. Mhairie war in einem Elternhaus aufgewachsen, in dem das Weihnachtsfest schmucklos und im Stillen gefeiert worden war. Auch Angus hatte es nicht anders gekannt, und so waren sie jedes Jahr nach Geschäftsschluss am fünfundzwanzigsten Dezember in die Kirche gegangen und hatten den weiteren Abend mit einer Lesung von Bibeltexten verbracht. Bis sie etwas viel, viel Schöneres kennengelernt hatte. Mhairie würde nie jenes zweite Weihnachtsfest ihrer jungen Ehe vergessen, das Angus und sie bei einem seiner englischen Geschäftsfreunde in London verbracht hatten. Welch ein Lichterglanz, welch ein Prunk! Und Mhairie musste augenblicklich daran denken, wie nahe sie Angus auf dieser Reise gekommen war. Neun Monate später war ihr zweites Kind zur Welt gekommen. Doch da war ihre junge Vernunftehe bereits zur Hölle auf Erden geworden. Mhairie erschauderte wie immer beim Gedanken an jenen Sommertag des Jahres achtzehnhundertvierundfünfzig.
Jedenfalls hatte sie sich damals nicht getraut, die englischen Weihnachtsbräuche zu übernehmen. Erst als Brian Caitronia geheiratet hatte, war sie bereitwillig von den alten Gewohnheiten abgewichen und hatte ihrer Schwiegertochter freie Hand bei der Gestaltung des Festes gelassen.
Vor allem liebte sie den Weihnachtsbaum, an dem bereits alle Kerzen brannten. Am Kamin hingen Strümpfe mit kleineren Geschenken. Wieder wanderten ihre Gedanken zu jener Reise nach England zurück, und sie erinnerte sich an die Begeisterung, mit der die Kinder der Familie am Morgen ihre gefüllten Strümpfe geplündert hatten. Ja, das war ganz nach Mhairies Herzen gewesen.
Nun riss sie ihren Blick von dem Tannenbaum los und schritt gemächlich zu ihrem Platz. Sie war froh, dass sie die Erste bei Tisch war und im Sitzen verfolgen konnte, wer als Nächster eintraf. Caitronia war in der Küche verschwunden, um nach dem Truthahn zu sehen.
Mhairie saß kaum an ihrem Platz, als Isobel ins Zimmer stürmte, aber unvermittelt stehen blieb, als sie ihre Urgroßmutter entdeckte. Schade, sie bekommt sofort diesen verschüchterten Blick, wenn sie mich sieht, dachte Mhairie. Sicher hat sie etwas von dem dummen Gerede der Erwachsenen aufgeschnappt, dass ich verrückt sei.
»Komm her, mein Kind, und begrüß mich!«, bat sie das für ihr Gefühl viel zu ernste Mädchen.
Zögernd trat Isobel auf sie zu und küsste sie auf beide Wangen. »Frohe Weihnachten, Großmutter Mhairie«, sagte sie artig.
»Fröhliche Weihnachten! Hast du denn schon in den Strümpfen nachgesehen, ob für dich etwas dabei ist?«
»Nein, ich warte, bis Vater da ist. Er war doch den ganzen Tag unterwegs, und jetzt sind sie noch in der Kirche. Großmutter Caitronia sagt immer, ich muss warten, bis wir gegessen haben.«
Mhairie runzelte die Stirn. »Was bist du nur für ein folgsames Mädchen, dass du dich so streng an die Verbote hältst. Aber warum bist du nicht mit in die Kirche gegangen?«
Isobel senkte schuldbewusst den Kopf. »Ich hatte Bauchschmerzen.«
»Ach so, aber jetzt ist es besser, nicht
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