Munroys & Makenzies Bd. 1 - Der Ruf der Highlands
erschien und seine Großmutter stürmisch umarmte. »Tu mir einen Gefallen und starr sie nicht so unverwandt an!«, raunte er ihr so leise ins Ohr, dass nur sie seine Worte verstehen konnte. Mhairie nickte unmerklich. Dusten war der einzige Mensch, auf den sie hörte. Doch sie konnte sich nicht helfen, die Ereignisse, die vor fast fünf Jahren beinahe dazu geführt hatten, dass diese Familie endgültig auseinandergebrochen wäre, standen vor ihrem inneren Auge, als sei es gestern gewesen. Ich werde mich von ihr fernhalten, nahm sich Mhairie fest vor, denn dergleichen darf nie wieder geschehen. Aber wie sollte es auch? Sie ist eine Fremde, die Caitlin nur ähnlich sieht, die aber niemals schutzlos dem unversöhnlichen Hass der Familie ausgesetzt sein wird. Wie auch? Sie ist schließlich eine Campbell und keine … Eine dunkle Ahnung, dass es trotzdem ein Unglück geben werde, stieg in ihr auf. Du siehst Gespenster, Mhairie!, ermahnte sie sich. Du bist alt und glaubst an Geister. Hör auf damit!
Da betrat Lady Caitronia das Speisezimmer, gefolgt von den Mädchen, die das Essen auftrugen. Mhairie setzte sich kerzengerade hin und versuchte, während des Essens an der jungen Frau vorbeizusehen, die ebenso schweigend wie sie selbst ihren Truthahn verzehrte. Dafür redeten die anderen umso lebhafter durcheinander. Über Nichtigkeiten, die Mhairie langweilten.
Erst als Craig mit hämischem Unterton erwähnte, dass Dusten Hochlandrinder züchte und sich mit diesem windigen Alec Dunbar aus Dingwall zusammengetan habe, horchte sie auf. Dieser Name hatte sich für immer in ihr Gedächtnis eingeprägt. Angus hatte seiner Familie einst untersagt, mit »diesem verdammten Lügner« noch ein einziges Wort zu wechseln. Dabei hatte der damals blutjunge Mann nichts als die Wahrheit ausgesprochen.
Mhairie seufzte. Sie hätte ihrem Enkel einiges entgegensetzen können. Dass Craig kein Recht habe, über Alec Dunbar herzuziehen, und dass er, Craig, seinem Cousin Dusten nicht das Wasser reichen könne. Aber Mhairie schwieg, während sie den Fortgang des Gesprächs aufmerksam verfolgte.
»Warum sprichst du eigentlich so hämisch darüber, Craig? Neidest du es mir, dass ich etwas wage?«, fragte Dusten seinen Cousin lauernd.
Der lachte laut und gekünstelt auf. »Neidisch? Auf dich? O nein, ich halte es mit Großvater. Der prophezeite schon damals, als du lieber mit den Mädchen gespielt hast, statt mit auf die Jagd zu kommen, dass du später einmal einen Harem haben würdest, aber kein Dach über dem Kopf.«
»Hat er das?«, entgegnete Dusten spöttisch. »Tja, dann hat er sich wohl geirrt.«
»Das würde ich nicht sagen. Schließlich gehört uns längst das Farmhaus deines Vaters. Du musstest es uns verkaufen und hast dir dafür die verfallene Bruchbude dort drüben angelacht. Ein Fass ohne Boden.«
Mhairie ballte die Fäuste, wenn sie nur daran dachte, wie liebevoll sich Dusten auf den Ruinen auf der anderen Seite des Flusses ein Haus erbaut hatte. Ein Haus, in das Mhairie erst kürzlich freiwillig eingezogen war, weil sie die Stimmung in Scatwell nicht mehr ausgehalten hatte. Natürlich hatte es noch zwei weitere Gründe für ihren Umzug gegeben: Sie wollte lieber von Dusten versorgt werden als von Caitronia, und sie wollte auf seinem Stückchen Erde sterben, das man ihrem Liebsten einst so brutal entrissen hatte.
»Bruchbude? Du weißt nicht, wovon du sprichst«, mischte sie sich mit glasklarer Stimme ein und wandte sich an ihren Enkel. »Lieber Craig, du solltest nicht von Dingen reden, von denen du nichts verstehst. Denn soviel ich weiß, hast du uns drüben in Little Scatwell noch kein einziges Mal besucht.«
»Bitte, ihr beiden, es ist Weihnachten, hört auf zu streiten!«, mischte sich Caitronia ein.
»Mutter hat recht. Wir wollen dieses Fest in Frieden begehen«, pflichtete ihr Niall bei. »Wer weiß, vielleicht überrascht uns Dusten doch noch und hat mit der Rinderzucht eine Aufgabe gefunden, die ihn erfüllt.«
»Ja, ja, und mein lieber Bruder scheint wieder zu alter Form aufzulaufen und den Schlichter zu spielen. Miss Campbell, Sie üben einen guten Einfluss auf ihn aus.« Craigs ironischer Unterton war schwer zu überhören, aber er fuhr trotz des warnenden Blickes, den ihm seine Mutter zuwarf, ungerührt fort. »Dabei vergisst du nur, mit wem der gute Dusten Geschäfte macht. Oder heißt du es etwa gut, dass er sich mit dem hinterhältigen Dunbar zusammengetan hat?«
Niall stieg eine gefährliche Röte ins
Weitere Kostenlose Bücher